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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Dämmerzustand zwischen Schlaf, Halbschlaf und Albträumen verbracht. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er langsam richtig wach wurde. Das nackte Glühbirnenlicht im Keller war immer gleich. Vielleicht dämmerte es, war Morgen, Tag. Vielleicht hatte die Schule schon begonnen. Es war ihm egal.
    Sein Mund schmeckte nach Klebstoff. Verschlafen schaute er sich um. Auf seiner Brust lagen zwei Geldscheine. Tausender. Er beugte den Arm, um nach ihnen zu greifen, spürte, dass die Haut spannte. Ein großes Pflaster klebte in seiner Armbeuge, in der Mitte war ein kleiner Blutfleck.
    Da war doch … noch mehr …
    Er drehte sich auf der Couch, suchte an den Innenkanten der Polster und fand die Rolle, die er während der Nacht verloren hatte. Noch einmal dreitausend. Er glättete die Geldscheine, legte sie zu den Scheinen, die auf seiner Brust gelegen hatten, raschelte mit ihnen. Fünftausend. Was er damit alles tun konnte.
    Er betrachtete das Pflaster und musste lachen. Verdammt gut bezahlt dafür, dass man nur herumliegt und die Augen zumacht.
    Verdammt gut bezahlt dafür, dass man nur herumliegt und die Augen zumacht.
    Woher hatte er das jetzt wieder? Das hatte jemand gesagt, jemand …
    Ja genau. Tobbes Schwester, wie hieß sie noch … Ingela? Tobbe hatte erzählt, dass sie herumhurte. Dass sie fünfhundert Mäuse dafür nahm, und Tobbes Kommentar war gewesen:
    »Verdammt gut bezahlt dafür …«
    Dass man nur herumliegt und die Augen zumacht.
    Tommy umklammerte die Geldscheine in seiner Hand, zerknüllte sie zu einem Ball. Sie hatte für sein Blut bezahlt und davon getrunken. Sie leide an einer Krankheit, hatte sie gesagt. Aber was war das für eine verdammte Krankheit? Von einer solchen Krankheit hatte er noch nie gehört. Und wenn man so etwas hatte, ging man doch ins Krankenhaus, dann bekam man doch … Man ging doch echt nicht mit fünftausend Mäusen in einen Keller und …
    Sssittt.
    Nein?
    Tommy setzte sich auf der Couch auf, zog die Decke von sich.
    So etwas gab es doch gar nicht. Nein, nein. Vampire. Das Mädchen in dem gelben Kleid musste irgendwie glauben, dass sie ein … aber Moment mal, Moment. Da war doch dieser Ritualmörder, der … nach dem sie fahndeten …
    Tommy legte den Kopf in die Hände; die Geldscheine raschelten an seinem Ohr. Er begriff nicht, wie das alles zusammenhing. Jedenfalls hatte er jetzt eine Heidenangst vor diesem Mädchen.
    Als er gerade überlegte, trotz allem in die Wohnung hinaufzugehen, obwohl es noch Nacht war, ob er das Ganze nehmen sollte, wie es kam, hörte er, dass in seinem Treppenaufgang die Haustür geöffnet wurde. Sein Herz flatterte wie ein erschrockener Vogel, und er schaute sich um.
    Waffen.
    Das Einzige, was es hier gab, war der Besen. Tommys Mund verzog sich für eine Sekunde zu einem Grinsen.
    Ein Besen, eine tolle Waffe gegen Vampire.
    Dann erinnerte er sich, stand auf und trat aus dem Kellerverschlag, während er das Geld in seine Hosentasche stopfte. Mit einem Satz überquerte er den Gang und glitt in den Schutzraum hinein, während sich gleichzeitig die Kellertür öffnete. Aus Angst, das Mädchen könnte das Geräusch hören, traute er sich nicht, die Tür abzuschließen.
    Er ging in der Dunkelheit in die Hocke, versuchte möglichst lautlos zu atmen.
    *
    Die Rasierklinge schimmerte auf dem Fußboden. Eine Ecke war braun befleckt wie von Rost. Eli riss ein Stück vom Umschlag einer Motorradillustrierten ab, wickelte die Rasierklinge in das Papier und steckte sie in die Gesäßtasche.
    Tommy war fort, was bedeutete, dass er lebte. Er war ohne fremde Hilfe aufgebrochen, nach Hause gegangen, um zu schlafen, und selbst wenn er sich etwas zusammenreimen sollte, wusste er doch nicht, wo Eli wohnte, also …
    Ist alles so, wie es sein soll. Alles ist … Spitze.
    An der Wand lehnte ein hölzerner Besen mit einem langen Stiel.
    Eli nahm ihn, zerbrach den Stiel an seinem Knie, gleich unten am Besenkörper. Die Bruchstelle war uneben, spitz. Ein armlanger, dünner Pflock. Er setzte sich die Spitze auf den Brustkorb, zwischen zwei Rippen. Exakt an den Punkt, auf den die Frau damals mit dem Finger gezeigt hatte.
    Er atmete tief durch, umklammerte den Stiel und kostete den Gedanken.
    Hinein! Hinein!
    Er atmete aus, lockerte den Griff. Packte wieder zu. Presste.
    Zwei Minuten stand er so da, die Spitze einen Zentimeter vom Herzen entfernt, den Stiel fest in der Hand, als die Klinke der Kellertür herabgedrückt wurde und die Tür aufglitt.
    Er nahm den

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