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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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gezogenen, spiegelverkehrten »Z«.
    Was ihn interessierte, befand sich an der gegenüberliegenden Wand des Gangs. Der Müllkeller. Dort hatte Oskar bereits einen funktionierenden Leuchtglobus gefunden, der nun in seinem Zimmer stand, sowie eine Reihe alter Ausgaben von Hulk. Unter anderem.
    Heute lag dort jedoch kaum etwas. Der Keller musste erst kürzlich geleert worden sein. Ein paar Zeitungen, ein paar Aktenordner, die »Englisch« und »Schwedisch« beschriftet waren. Ordner hatte Oskar genug. Vor einem Jahr hatte er einen ganzen Haufen aus dem Container vor der Druckerei gerettet.
    Er ging weiter durch den Keller, wieder hinaus und zum nächsten Hauseingang der Häuserzeile, Tommys Eingang. Dort ging er bis zur nächsten Kellertür, schloss auf und trat ein. Dieser Keller roch anders; ein schwacher Duft von Farbe oder Lösungsmitteln hing in der Luft.
    Hier befand sich auch der Schutzraum der Häuserzeile. Er war einmal in ihm gewesen, vor drei Jahren, als ein paar von den älteren Jungen dort einen Boxclub hatten. Eines Nachmittags hatte er Tommy begleiten und zuschauen dürfen. Die Jungen hatten mit Boxhandschuhen an den Händen aufeinander eingedroschen, und Oskar hatte sich ein bisschen gefürchtet. Das Stöhnen und der Schweiß, die angespannten, konzentrierten Körper, das Geräusch der Schläge, das von den dicken Betonwänden verschluckt wurde. Dann hatte sich jemand verletzt oder so, und die Drehräder, die man bewegen musste, um die Riegel von der Eisentür fortzuziehen, waren mit Ketten und Vorhängeschlössern gesichert worden. Schluss mit dem Boxen.
    Oskar schaltete das Licht an und ging zum Schutzraum. Wenn die Russen kamen, würden man ihn sicher wieder aufschließen.
    Wenn sie den Schlüssel nicht verloren hatten.
    Oskar stand vor der massiven Eisentür, und der Gedanke tauchte auf, dass hier jemand … dass hier etwas eingeschlossen war und die Ketten und Schlösser deshalb da waren. Ein Monster.
    Er lauschte. Entfernte Laute drangen von der Straße und von Menschen herein, die in den Wohnungen über seinem Kopf Dinge taten. Er mochte den Keller wirklich sehr. Man fühlte sich in ihm wie in einer anderen Welt, während man gleichzeitig wusste, dass es die Welt da draußen, über einem, noch gab, wenn man sie benötigte. Hier unten aber war es still, und niemand kam und sagte etwas oder machte etwas mit einem. Es gab nichts, was man tun musste.
    Gegenüber vom Schutzraum lag der Verschlag des Kellerclubs. Verbotenes Terrain.
    Sie hatten kein Schloss, was aber noch lange nicht hieß, dass jeder hineindurfte. Er atmete tief durch und öffnete die Tür.
    Es gab nicht viel in dem Kellerverschlag. Eine durchgesessene Couch und einen ebenso durchgesessenen Sessel. Einen Teppich auf dem Fußboden. Eine Kommode, deren Lack abblätterte. Von der Lampe im Kellergang verlief ein zusätzliches, heimlich angeschlossenes Stromkabel zu einer nackten Glühbirne, die an einem Haken an der Decke hing. Sie war aus.
    Zwei, drei Mal war er schon hier unten gewesen und wusste, dass man nur an der Glühbirne drehen musste, wenn man Licht machen wollte. Aber er traute sich nicht. Das Licht, das durch die Ritzen der Bretterwand hereinsickerte, reichte ihm völlig. Sein Herz schlug schneller. Wenn sie ihn hier erwischten, würden sie …
    Was? Ich weiß es nicht. Das ist ja gerade das Furchtbare. Nicht schlagen, aber …
    Er kniete sich auf den Teppich, hob ein Couchpolster an. Darunter befanden sich zwei Tuben Kleber, eine Rolle Plastiktüten und eine Röhre Feuerzeuggas. Unter dem Polster in der anderen Ecke der Couch lagen die Pornos. Ein paar zerlesene Exemplare Penthouse und Playboy.
    Er nahm sich einen Playboy und rückte näher an die Tür heran, wo es etwas heller war. Immer noch auf den Knien legte er die Illustrierte vor sich auf den Fußboden, blätterte darin. Sein Mund war ausgedörrt. Die Frau auf dem Foto lag in einem Liegestuhl und trug nur ein Paar hochhackige Schuhe. Sie presste ihre Brüste zusammen und spitzte den Mund. Ihre Beine waren gespreizt, und mitten in dem Haarbusch zwischen ihren Schenkeln verlief ein Striemen rosa Fleisch mit einer Ritze in der Mitte.
    Wie kommt man da rein?
    Er kannte die Worte aus Gesprächsfetzen, die er gehört, Graffitis, die er gelesen hatte. Die Fotze. Das Loch. Die Schamlippen. Aber da war doch gar kein Loch. Nur diese Ritze. Sie hatten in der Schule Sexualunterricht gehabt, und er wusste, dass es dort einen … Tunnel geben sollte, der bei der Möse begann. Aber in

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