So finster die Nacht
wirst mich begleiten.«
Håkan hatte gelallt, eine solche Schönheit könne er sich derzeit leider nicht leisten, aber sobald seine Finanzen es wieder zuließen …
Eli hatte seine Hand vom Oberschenkel entfernt, sich gebückt, seine Weinflasche genommen, sie ausgeschüttet und gesagt: »Du verstehst nicht. Hör zu. Du wirst jetzt aufhören zu trinken. Du wirst mich begleiten. Du wirst mir helfen. Ich brauche dich. Und ich werde dir helfen.« Anschließend hatte Eli die Hand ausgestreckt, und Håkan hatte sie genommen, und sie waren zusammen gegangen.
Er hatte aufgehört zu trinken und war in Elis Dienste getreten.
Eli hatte ihm Geld gegeben, um Kleider zu kaufen und eine andere Wohnung zu mieten. Er hatte alles ausgeführt, ohne abzuwägen, ob Eli »böse« oder »gut« oder etwas anderes war. Eli war schön, und Eli hatte Håkan seine Würde zurückgegeben. Und in seltenen Momenten … Zärtlichkeit geschenkt.
Es raschelte, als die Wächterin in ihrem Buch umblätterte. Vermutlich irgendein Schundroman. In Platons Wächterstaat sollten die gebildetsten Menschen die »Wächter« sein. Aber dies war Schweden im Jahre 1981, und hier lasen sie vermutlich Jan Guillou.
Der Mann im Wasser, der Mann, den er versenkt hatte. Ungeschickt, natürlich. Er hätte Elis Anweisungen befolgen und ihn vergraben sollen. Doch nichts an dem Mann konnte sie auf Elis Fährte führen. Die Bisswunde würde man sicherlich seltsam finden, aber wahrscheinlich davon ausgehen, dass sein Blut ins Wasser geflossen war. Die Kleider des Mannes waren …
Der Pullover!
Elis Pullover, den Håkan auf dem Körper des Mannes gefunden hatte, als er sich seiner Leiche annehmen wollte. Er hätte ihn mitnehmen, verbrennen sollen.
Stattdessen hatte er ihn unter die Jacke des Mannes gestopft.
Wie würden sie das deuten? Ein blutbefleckter Kinderpullover. Bestand das Risiko, dass irgendjemand Eli in dem Pullover gesehen hatte? Jemand, der ihn wiedererkennen konnte? Zum Beispiel, wenn in der Zeitung ein Bild von ihm veröffentlicht wurde? Jemand, dem Eli vorher begegnet war, jemand, der …
Oskar. Der Junge auf dem Hof.
Håkans Körper wälzte sich unruhig im Bett. Die Wächterin legte ihr Buch fort, betrachtete ihn.
»Machen Sie jetzt bloß keine Dummheiten.«
*
Eli überquerte die Björnsonsgatan, trat auf den Hof zwischen den neunstöckigen Häusern, zwei monolithischen Leuchttürmen über den geduckten dreistöckigen Häusern ringsumher. Auf dem Hof war kein Mensch zu sehen, aber die Fenster der Turnhalle verströmten Licht, und Eli glitt die Feuertreppe hinauf, schaute hinein.
Musik schmetterte aus einem kleinen Tonbandgerät. Im Rhythmus der Musik hüpften Frauen mittleren Alters umher, dass der Holzboden krachte. Eli kauerte sich auf dem Metallgitter der Treppe zusammen, legte das Kinn auf die Knie und betrachtete die Szene.
Einige der Frauen hatten Übergewicht, und ihre massiven Brüste hüpften wie fröhliche Bowlingkugeln unter den Trikots. Die Frauen hopsten und sprangen, hoben die Knie so hoch, dass ihr Fleisch in allzu engen Hosen schwabbelte. Sie bewegten sich im Kreis, klatschten in die Hände, sprangen wieder. Währenddessen spielte die Musik. Warmes, sauerstoffgesättigtes Blut strömte durch durstige Muskeln.
Aber es waren zu viele.
Eli sprang von der Feuertreppe hinab, landete sanft auf dem gefrorenen Erdboden darunter, ging um die Turnhalle herum und blieb vor der Schwimmhalle stehen.
Die großen Milchglasscheiben legten Rechtecke aus Licht auf die Schneedecke. Über jedem großen Fenster saß ein kleineres, längliches Fenster aus gewöhnlichem Glas. Eli sprang hinauf, hielt sich mit den Händen an der Dachkante fest und schaute hinein. Die Schwimmhalle war leer. Die Oberfläche des Beckens glitzerte im Schein der Neonröhren. Im Wasser trieben ein paar Bälle.
Baden. Plantschen. Spielen.
Eli schwang hin und her, ein dunkles Pendel. Betrachtete die Bälle, sah sie in die Luft fliegen, geworfen werden, Lachen und Johlen und Wasser, das spritzte. Eli ließ die Dachkante los, fiel und ließ sich ganz bewusst so hart aufkommen, dass es wehtat, ging über den Schulhof zum Parkweg, blieb unter einem hohen Baum am Wegrand stehen. Dunkelheit. Keine Menschen. Eli ließ den Blick zum Baumwipfel schweifen, den fünf, sechs Meter hohen glatten Stamm hinauf. Streifte die Schuhe ab. Dachte neue Hände, neue Füße herbei.
Es tat kaum noch weh, war nicht mehr als ein Kribbeln, ein elektrischer Strom durch Finger und Zehen, wenn
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