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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Monster, das schöne Jungfrauen zu Mittag fraß, und er musste mit ihr kämpfen. Oskar ließ das Messer in der Scheide, während sie kämpften, riefen, in den Gängen umhertollten. Mitten in ihrem Spiel scharrte ein Schlüssel im Schloss zur Kellertür.
    Rasch schoben sie sich in einen Vorratskeller, in dem sie kaum Platz hatten, Hüfte an Hüfte saßen, tief und möglichst lautlos atmeten. Eine Männerstimme ertönte.
    »Was macht ihr hier unten?«
    Oskar saß ganz dicht an Eli gedrängt. Es kochte in seiner Brust. Der Mann ging ein paar Schritte in den Keller hinein.
    »Wo seid ihr?«
    Oskar und Eli hielten den Atem an, als der Mann stillstand, lauschte. Dann sagte er: »Verdammte Blagen«, und ging. Sie blieben in dem Vorratskeller hocken, bis sie sicher sein konnten, dass der Mann verschwunden war. Anschließend krochen sie heraus, lehnten sich an die Bretterwand, kicherten. Nach einer Weile legte sich Eli ausgestreckt auf den Zementboden, blickte zur Decke. Oskar stieß ihren Fuß an.
    »Bist du müde?«
    »Ja. Müde.«
    Oskar zog das Messer aus der Scheide, betrachtete es. Es war schwer, schön. Vorsichtig presste er den Zeigefinger gegen die Messerspitze, zog ihn wieder fort. Ein kleiner roter Punkt. Er wiederholte es, diesmal fester. Als er das Messer fortzog, quoll eine Blutperle heraus. Aber so sollte es nicht gemacht werden.
    »Eli? Willst du mal was machen?«
    Sie schaute immer noch zur Decke.
    »Was denn?«
    »Willst du … einen Bund mit mir eingehen?«
    »Ja.«
    Hätte sie gefragt »Wie?«, hätte er ihr vielleicht erzählt, was er vorhatte, bevor er es tat. Aber sie sagte einfach »ja«. Sie machte mit, wobei auch immer. Oskar schluckte schwer, packte die Klinge so, dass die spitze Seite auf seinem Handteller ruhte, schloss die Augen und zog die Klinge aus der Hand. Ein stechender, brennender Schmerz. Er stöhnte auf.
    Habe ich es getan?
    Er öffnete die Augen, öffnete die Hand. Ja. Eine schmale Furche zeigte sich in seinem Handteller, aus der langsam Blut drang; nicht in einem schmalen Rinnsal, wie er sich vorgestellt hatte, sondern als eine Kette von Perlen, die vor seinen faszinierten Augen zu einer dickeren, ungleichmäßigen Linie zusammenflossen.
    Eli hob den Kopf.
    »Was tust du da?«
    Oskar hielt seine Hand immer noch vors Gesicht, starrte sie an und sagte: »Das ist ja ganz einfach. Eli, das war überhaupt nicht …«
    Er hielt ihr seine blutende Hand hin. Ihre Augen weiteten sich, und sie schüttelte heftig den Kopf, während sie rückwärts kroch, fort von seiner Hand.
    »Nein, Oskar …«
    »Was ist denn?«
    »Oskar, nein.«
    »Es tut fast gar nicht weh.«
    Eli kroch nicht länger rückwärts, sondern starrte seine Hand an, während sie weiter den Kopf schüttelte. Oskar hatte die Klinge des Messers in der anderen Hand, hielt es ihr mit dem Griff voraus hin.
    »Du brauchst dir nur in den Finger zu stechen oder so. Dann vermischen wir es. Dann sind wir einen Bund eingegangen.«
    Eli nahm das Messer nicht an. Oskar legte es zwischen ihnen auf den Fußboden, um mit der unverletzten Hand einen Tropfen Blut auffangen zu können, der aus seiner Wunde fiel.
    »Nun komm schon. Willst du nicht?«
    »Oskar … das geht nicht. Du steckst dich an, du …«
    »Man spürt es gar nicht, es …«
    Eine Spukgestalt flog in Elis Gesicht und verzerrte es zu etwas, das vollkommen anders war als das Mädchen, das er kannte, weshalb er vergaß, das Blut aufzufangen, das von seiner Hand herabtropfte. Sie sah jetzt aus wie das Monster, das sie eben im Spiel gewesen war, und Oskar schrak zurück, während der Schmerz in seiner Hand größer wurde.
    »Eli, was …«
    Sie setzte sich auf, zog die Beine unter sich, hockte auf allen vieren und hatte nur noch Augen für seine blutende Hand, schob sich einen Schritt auf sie zu. Hielt inne, biss die Zähne zusammen und zischte: »Geh fort!«
    Oskar stiegen Angsttränen in die Augen. »Eli, hör auf. Hör auf zu spielen. Hör auf damit.«
    Eli schob sich noch etwas näher, hielt erneut inne. Sie zwang den Körper, sich so zusammenzukauern, dass ihr Kopf sich zum Boden neigte, und schrie:
    »Geh! Sonst bist du tot!«
    Oskar richtete sich auf, wich zwei Schritte zurück. Seine Füße schlugen gegen die Tüte mit den Flaschen, die klirrend umfiel. Er presste sich an die Wand, während Eli zu dem kleinen Blutfleck krabbelte, der von seiner Hand auf den Boden getropft war.
    Noch eine Flasche fiel um, zersprang auf dem Zement, während Oskar an die Wand gepresst dastand und

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