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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Menschig
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Mädchen begegnet, das besessen gewesen sein soll, als auch, dass er selbst glaubt, besessen zu sein. Auf dieses Mädchen, mit dem er ein Kind zeugt, wird intensiv eingegangen. Warum Hans sich für besessen hält, ist daraus jedoch nicht zu entnehmen. Allerdings glaubt er, die Schuld am Tod einer alten Frau zu tragen.«
    »War er sehr gläubig?«
    Jakob nickte. »Das ist zu vermuten.«
    »Dann wäre das bereits eine erste Erklärung. Aufgrund seiner Schuldgefühle hat er das, was er mit dieser Frau und dem Mädchen erlebt hat, auf sich projiziert. Ich nehme daher an, dass er nicht besessen war. Abgesehen von der Tatsache, dass ein intensiver Glaube daran, besessen zu sein, als Besessenheit gedeutet werden kann. Aber ich bin Klosterverwalter und kein Fachmann in diesen Dingen.« Er hob entschuldigend die Hände und lächelte Jakob offen an. Da dieser keine Diskussion über den aktuellen Standpunkt der Kirche zum Thema Besessenheit vom Zaun brechen wollte, deutete er schnell auf eine andere Stelle des Textes und sah Bruder Pirmin fragend an. »Sie glauben also, dass jener Hans vom Wald diese Dinge tatsächlich erlebt hat?«
    »Nein, diesbezüglich kann ich keine Aussage machen. Dazu müsste ich mir dieses Dokument erst einmal in Ruhe durchlesen. Da es gefälscht oder der Inhalt erfunden ist, ist erst einmal alles möglich. Haben Sie keine Hinweise darauf, wer das Schriftstück angefertigt hat?«
    »Leider nicht. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass es ein hier lebender Mönch namens Bartholomäus gewesen ist. Jetzt muss ich meine Recherche anders angehen.«
    Jakob überlegte. Das war einfach zu blöd. Natürlich hatte er den Inhalt kritisch betrachtet. Doch eine Fälschung hatte er überhaupt nicht in Betracht gezogen. Wann und von wem hätte das Dokument auch gefälscht worden sein sollen? Dann fiel ihm noch eine Möglichkeit ein.
    »Am Ende des Dokumentes ist davon die Rede, dass Hans nach seiner Pilgerreise hier als Laienbruder gelebt hat und auch hier verstorben ist. Könnte darüber etwas in den Klosterchroniken vermerkt sein? Vielleicht wurde ihm das Schreiben beigebracht, und er hat das Dokument selbst angefertigt?«
    »Wann, sagten Sie, soll das gewesen sein?«
    »Er soll 1647 hergekommen und 1649 verstorben sein.«
    Bruder Pirmin dachte einen Moment über das Gehörte nach. »Es ist möglich, aber wenig wahrscheinlich. Das war gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges. Das Kloster wurde 1642 vollkommen zerstört. In den Folgejahren hat man sich vor allem mit dem Wiederaufbau beschäftigt. Soweit ich weiß, wurde zu der Zeit kaum gepilgert. Die Menschen hatten genug damit zu tun, um ihr Überleben zu kämpfen. Ganze Landesteile waren komplett entvölkert.« Bruder Pirmin rieb sich nachdenklich das Kinn. »Es ist vorstellbar, dass Hans herkam und die Mönche unterstützt hat. Das bezweifle ich in Anbetracht der politischen Lage jedoch sehr. Denn das hieße, er wäre freiwillig aus dem verhältnismäßig sicheren und gut versorgten Schwarzwald in einen Landstrich gekommen, in dem Hunger und Plünderung an der Tagesordnung waren.«
    »Da haben Sie natürlich recht. Dafür spricht einzig die Aussage meiner Auftraggeberin, dass die Familie dem Kloster sehr zugetan war und seit Jahrhunderten Spenden überbringt. Sie erklärte mir, dass ihre Großmutter als Kind noch einmal im Jahr hierher pilgern musste und dieser Brauch von der Familie erst im Zweiten Weltkrieg eingestellt wurde.«
    Der Mönch hörte ihm zwar höflich zu, doch Jakob konnte ihm ansehen, dass ihn die ganze Angelegenheit nicht besonders interessierte. Diese ganze Nachforschung führte ins Nichts. Jakob trank sein Wasser aus und wollte sich gerade erheben, doch Bruder Pirmin bedeutete ihm mit einer Handbewegung, sitzen zu bleiben.
    »Ich werde mal einen unserer Novizen darauf ansetzen und im Archiv suchen lassen. Wenn es diese Spenden gegeben hat, werden sie als Einnahmen für das Kloster verbucht sein. Des Weiteren können wir in den Pilgerbüchern nachsehen, ob sich die Familie eingetragen hat. Können Sie den ungefähren Zeitraum benennen, wann sie damit begonnen hat?«
    Jakob verneinte, das musste er Merle fragen. Das konnte er tun, sobald sie sich auf die Nachricht meldete, die er auf ihrer Mailbox hinterlassen hatte, um sie zu fragen, ob ihre Großmutter auch nach dieser Wilden Frau geforscht hatte. Er bedankte und verabschiedete sich. Das Angebot des Mönches, noch einen kurzen Gang durch die Kirche zu machen, lehnte er bedauernd ab. Es hätte

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