So frei wie der Himmel
mit den Augenbrauen, als wolle er andeuten, dass er ihr gerade eine geheime Botschaft übermittelte.
Allein bei der Vorstellung, wie Nigel mit einem Hammer hantierte oder Unkraut jätete, musste Cheyenne lachen. Und obwohl seine Bemerkung über das Treffen in L. A. sie ein wenig beunruhigte, ging sie nicht darauf ein.
Nigel nahm sie am Arm. "Kann ich dich mal kurz sprechen?"
Noch immer lächelnd ging Cheyenne mit ihm zum Auto.
"Das ist er?" Mit dem Kinn wies er auf Jesse, der sich nun wieder der Rampe widmete.
"Das ist er", bestätigte Cheyenne.
"Sicht aus, als hättest du ihn genau da, wo du ihn haben willst."
Völlig perplex sah sie ihn an. Wo wollte sie Jesse eigentlich haben? Zunächst einmal in ihrem Bett, wie sie mit Erschrecken feststellte. Aber das durfte niemals passieren.
"Wie kommst du darauf?", fragte sie, um Zeit zu gewinnen.
"Er will dich. Nur deshalb ist er hier und hat sein Hemd ausgezogen. Sag jetzt nicht, dass du das nicht weißt, Pocahontas. Ich dachte, deine Leute verfügen über eine besonders gute Intuition."
"Meine Leute?", wiederholte sie indigniert.
"Die Indianer." Wenn es seinen Wünschen diente, konnte Nigel durchaus politisch korrekt sein, was im Augenblick offenbar nicht der Fall war.
"Native Americans", korrigierte sie ihn.
"Was auch immer." Er sah sie unverwandt an. Du bist nicht vielleicht zufällig an einem dieser Indianer-Kasinos beteiligt? Durch so eine Art Stammesrecht?"
"Nigel", sagte Cheyenne ruhig. "Danke für das Auto. Und danke für das Handy. Und jetzt verzieh dich."
Er grinste.
Der Mitarbeiter der Leasingfirma übergab ihr die Schlüssel und stieg dann in Nigels Wagen. Zum Abschied hupte Nigel noch einmal. Er setzte den Wagen in dem hohen Gras zurück, wendete und rumpelte die Zufahrtsstraße hinunter. Cheyenne sah ihm nach, bis er verschwunden war. Als sie Jesse plötzlich hinter sich bemerkte, erschrak sie ein wenig.
"Das hast du gut hingekriegt."
Glücklicherweise wirkte er nicht wütend.
"Ich weiß nicht, wovon du sprichst", log sie.
"Aber natürlich weißt du das", entgegnete Jesse freundlich. "Du hast befürchtet, dein Chef könnte mich für einen Bauarbeiter halten und dir vor meiner Nase Tipps geben, wie du mich rumkriegen kannst."
"Niemand will dich rumkriegen, Jesse. Es handelt sich um ein faires Angebot."
"Klar", sagte Jesse.
"Die Anlage würde der Stadt jede Menge wirtschaftliche Vorteile bringen. Sie würde überhaupt allen etwas bringen."
"Außer den McKettricks und etwa einem Dutzend Wildtierarten."
"Wir hatten uns doch gerade so gut verstanden", sagte Cheyenne enttäuscht.
"Aber nur, weil wir nicht geredet haben. Übrigens, mit dieser Hacke wirst du bald nicht mehr weiterkommen. Warum leihst du dir keinen fahrbaren Rasenmäher aus?"
"Wieso bin ich nur nicht selbst darauf gekommen?", erwiderte sie. Natürlich war sie darauf gekommen. Aber sie wollte die Haushaltskasse nicht noch mehr strapazieren.
"Ich sollte wohl besser die Rampe fertig bauen.« Jesse zuckte die Schultern und wandte sich ab. Mitch wartete geduldig mit einer Handvoll Nägel auf ihn.
Cheyenne steckte die Autoschlüssel in ihre neuen Jeans und begutachtete den Wagen. Auf dem Rücksitz lagen ein Laptop, das versprochene Handy und ein Berg Akten. Schnell brachte sie die Kartons ins Haus, stellte sie auf dem Küchentisch ab und lief zur Spüle, um sich Wasser ins Gesicht zu spritzen. Von draußen hörte sie das Hämmern, übertönt von Mitchs eifriger Stimme.
Das Telefon klingelte, und obwohl sie es besser wusste, nahm sie den Hörer ab.
"Hallo?", meldete sie sich in der Hoffnung, sich zu täuschen.
"Er will dich", sagte Nigel. "Das musst du ausnutzen."
Etwas später musterte Jesse die beinahe fertige Rampe und die baufällige Veranda, an der er sie befestigen wollte. Er war sich nicht sicher, ob die Konstruktion halten würde.
"Wie wär's, wenn ich mal 'ne Spritzfahrt mit deinem Stuhl mache?", fragte er Mitch.
"Willst du echt?"
"Klar."
Mitch hievte sich aus dem Stuhl auf die Kante der Veranda und machte eine einladende Geste. Nachdem Jesse sich gesetzt hatte, inspizierte er die Bedienungsleiste. Immerhin handelte es sich um einen elektrischen Rollstuhl, das war aber auch schon alles. Wie das Haus und der Vorgarten hatte er die besten Jahre längst hinter sich.
Bevor er losfuhr, stand er noch einmal auf, schleppte die Rampe zur Veranda und befestigte sie. Wieder im Rollstuhl, legte Jesse den Rückwärtsgang ein und versuchte einen Kavaliersstart. Mitch
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