So frei wie der Himmel
seinen Preis. Und egal, wie sehr sie Jesse schätzte, egal, wie großzügig er sich ihr gegenüber immer gezeigt hatte, egal, wie energisch sie behauptete, nicht käuflich zu sein - Brandi spürte die Verlockung.
Sie dachte daran, um wie vieles leichter ihr Leben und das ihres Vaters wären. Außerdem könnte sie Dan dabei helfen, sich eine eigene Arztpraxis aufzubauen. Und natürlich hätte sie auch nichts dagegen, selbst gleich nach dem Studium eine Kanzlei zu eröffnen, ohne sich erst als Angestellte hocharbeiten zu müssen.
Trotzdem stieg sie ein, knallte die Tür zu und drehte den Zündschlüssel um.
Zum Glück sprang der Motor an.
Zum Glück fielen keine Autoteile herunter.
Brandi raste davon. Nach etwa einer halben Meile fuhr sie auf einen Parkplatz, zog das Handy aus der Tasche und rief Dan an.
Am Samstagmorgen rief Cheyenne bei einem landwirtschaftlichen Verleih an und bestellte einen fahrbaren Rasenmäher. Ayanna war bereits bei der Arbeit. Als die Wundermaschine geliefert wurde, saßen Cheyenne und Mitch gerade beim Frühstück. Sie hatten seit dem Vortag kaum miteinander gesprochen. Cheyenne sah zu, wie der kleine Traktor vor dem Haus abgeladen wurde. Da sie schon am Tag zuvor die Drahtspulen und alten Reifen vom Rasen entfernt hatte, konnte sie gleich loslegen.
"Viel zu tun", bemerkte der Mann. "Für einen Hunderter kann ich das Mähen übernehmen."
"Zeigen Sie mir bitte nur, wie es geht", meinte Cheyenne, nachdem sie kurz über sein Angebot nachgedacht hatte. Hundert Dollar waren hundert Dollar. Da Nigel ihr jederzeit das Gehalt streichen konnte, war es sicher besser, vorsichtig mit ihrem Geld umzugehen.
Der Mann zuckte mit den Schultern. "Okay." Er sah sie zweifelnd an.
Die Eingangstür knallte zu. Cheyenne sah, wie Mitch die Rampe hinunterrollte.
"Stecken Sie einfach den Schlüssel rein", sagte der Mann, zeigte ihr die Bremse, dann drückte er ihr ein Klemmbrett in die Hand. "Unterschreiben Sie bitte hier. Ich hole den Traktor heute Nachmittag wieder ab. Falls Sie nicht da sind, legen Sie den Schlüssel einfach unter den Sitz."
Cheyenne nickte, unterschrieb und wartete, bis der Mann davongefahren war. Dann sah sie nach Mitch. Er fuhr mit dem Rollstuhl auf die andere Seite des Traktors.
"Hat dieses Teil auch eine Handschaltung?", fragte er.
"Weiß ich nicht."
"Ja, hier!", schrie Mitch triumphierend.
Bevor Cheyenne reagieren konnte, drückte er sich aus dem Rollstuhl und rutschte auf den Sitz. Zugegeben, der Traktor war nicht besonders hoch, trotzdem hatte sie nicht gewusst, wie viel Kraft Mitch in seinem Oberkörper besaß.
Ihr Magen flatterte. "Mitch …"
Mit einem Blick brachte er sie zum Schweigen, drehte den Schlüssel um und sagte: "Ich kann das." Und schon fuhr er los.
Sprachlos beobachtete Cheyenne ihren Bruder, wie er das Jahrzehnte alte Gras mähte. Als hätte er nie etwas anderes getan, begann er am Rand des Gartens und arbeitete sich langsam nach innen vor. Der Duft von dem frisch gemähten Gras weckte ein schon fast vergessenes Glücksgefühl in Cheyenne. Sie dachte daran, wie Gram und Ayanna früher im Gemüsegarten hinter dem Haus Tomaten und Getreide angepflanzt hatten. Die Pflanzen wuchsen so hoch, dass sie -zumindest aus der Perspektive eines Kindes - den Himmel versperrten. Es wäre schön, wieder so einen Garten zu haben, überlegte sie ein wenig sentimental. Auf der Veranda zu sitzen, dem Rauschen des Wassersprinklers zu lauschen, der glitzernde Tropfen auf die Halme warf.
Mitch gab ihr ein Zeichen, und sie räumte den Rollstuhl aus dem Weg. Lächelnd sah sie ihn vorbeifahren.
Und dann geschahen zwei Dinge gleichzeitig.
Jesse McKettrick fuhr vor, und der Traktor stürzte um.
Sofort rannte Cheyenne zu ihrem Bruder. Doch Jesse kam zuerst bei ihm an und stellte den Motor aus.
"Alles klar, Kumpel?", fragte er lächelnd und setzte sich neben Mitch auf den Boden.
Mitch nickte etwas unsicher. "Da muss ein Loch gewesen sein. Ich hab's nicht gesehen."
"Hätte jedem passieren können", sagte Jesse und ließ Cheyenne dabei nicht aus den Augen. Stumm bat er sie inständig, jetzt nicht in Panik zu geraten.
"Hast du dir bestimmt nicht wehgetan?", fragte sie.
Mitch lachte. Nach dem ersten Schrecken schien er jetzt geradezu stolz auf den Sturz zu sein. "Nein", sagte er. "Das denke ich zumindest. Allerdings spüre ich ja im unteren Teil nichts. Insofern könnte ich mir auch beide Beine gebrochen haben."
Das sollten wir untersuchen lassen", sagte Jesse ruhig. "Kann
Weitere Kostenlose Bücher