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So funktioniert die Wirtschaft

So funktioniert die Wirtschaft

Titel: So funktioniert die Wirtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Haering
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Fähigkeiten passt. Diese These kann gut erklären, warum die Arbeitslosigkeit kaum je für längere Zeit auf null sinkt. Rückt dieser Zustand auch nur in Reichweite, sind die Zeitungen voll mit Schlagzeilen darüber, dass die Unternehmen keine Arbeitskräfte fänden. Ein oder zwei Prozent Arbeitslosigkeit sollte man wegen des Zeitbedarfs der Arbeitssuche – selbst wenn es genügend Stellen gibt – wohl tatsächlich als akzeptabel betrachten. Viel höher kann man die normale Sucharbeitslosigkeit aber nicht ansetzen. Denn nur diejenigen, denen kurzfristig gekündigt wird, ob wegen Fehlverhaltens oder weil der Betrieb pleitegeht, müssen Sucharbeitslosigkeit in Kauf nehmen. Die anderen können sich eine bessere Stelle suchen, solange sie noch die alte haben.
    Wichtig
    Sucharbeitslosigkeit ist eine unvermeidbare Sockelarbeitslosigkeit, die dadurch entsteht, dass Leute, die ihren alten Job verloren oder aufgegeben haben, Zeit brauchen, um einen neuen zu finden und zu beginnen.
    Arbeitslosigkeit durch Strukturwandel
    Eine Verwandte der Sucharbeitslosigkeit ist die Arbeitslosigkeit, die entsteht, weil sich die Branchenzusammensetzung in der Wirtschaft ändert. Wenn z. B. Stellen in der Textilindustrie wegfallen und gleichzeitig in der Telekommunikation neue entstehen, dann fehlen vielleicht über einen längeren Zeitraum Telekomtechniker, da die offenen Stellen mangels Qualifikation nicht besetzt werden können, während Textilarbeiter arbeitslos sind. Dieses Problem trifft oft bestimmte Regionen, in denen eine dominierende Branche schrumpft oder ein großer Arbeitgeber verschwindet. Gesamtwirtschaftlich ist diese Art von Arbeitslosigkeit normalerweise nur für einen kleinen Teil der Arbeitslosenquote verantwortlich, da sich der Strukturwandel meist langsam vollzieht.
    Der Erklärungsfaktor Strukturwandel wird manchmal missbräuchlich verwendet. So hieß es z. B. 2010/2011 in den USA oft, die hohe Arbeitslosigkeit sei strukturell bedingt, weil in manchen Branchen, v. a. bei Heilberufen, viele neue Stellen entstünden, während Bau- und Industriearbeiter arbeitslos würden, da diese für Dienstleistungsberufe falsch qualifiziert seien. Das mag zutreffen, verdeckt aber die Tatsache, dass viele anspruchsvolle, gut bezahlte Stellen wegfielen und stattdessen neue Stellen in einem Niedriglohnsektor geschaffen wurden. Ein solcher Prozess ist mit der Bezeichnung „Arbeitslosigkeit aufgrund von Deindustrialisierung“ am treffendsten beschrieben.
    Mangelnde Qualifikation
    Das Qualifikationsniveau wirkt sich fast überall auf die Arbeitslosenquote aus. Bei Menschen ohne Schulabschluss ist die Quote zumeist um ein Mehrfaches höher als bei Akademikern.
    Dennoch: Auch gut ausgebildete Akademiker, Techniker und Facharbeiter sind im Regelfall in größerer Zahl arbeitslos oderarbeiten in Berufen weit unterhalb ihrer Qualifikation. Das dürfte nicht der Fall sein, wenn es grundsätzlich genügend Arbeitsplätze gäbe. Wenn diese formal gut ausgebildeten Fachkräfte fachlich oder persönlich weniger qualifiziert sein sollten als ihre erfolgreicheren Konkurrenten, dann müssten sie das theoretisch durch niedrigere Gehaltsforderungen ausgleichen können. In der Praxis ist dies nur selten möglich. Entweder finden sie daher einen Arbeitsplatz in ihrem Beruf, der dann i. d. R. in der dafür üblichen Größenordnung entlohnt wird, oder sie steigen beruflich ab und nehmen einen Job unterhalb ihrer Qualifikation an, oder sie bleiben arbeitslos.
    Beispiel
    Ein Volkswirt, der keinen Job bei einer Uni, einer Bank oder in einem Unternehmen findet, weil der Staat gerade nicht einstellt, es den Banken schlecht geht und die übrigen Unternehmen kaum neue Volkswirte brauchen, kann zwar Versicherungen verkaufen oder Taxi fahren und damit deutlich weniger verdienen. Er kann sich aber keinen Job in einer Bank angeln, indem er anbietet, für das halbe Geld zu arbeiten.
    Besser sieht es für die These von der mangelnden Qualifikation Arbeitsloser in Bezug auf die gering Qualifizierten aus. Allerdings ist zu klären, warum die Löhne für diese Gruppe bei hoher Arbeitslosigkeit nicht sinken. Womöglich taugt mangelnde Qualifikation nur dann als Erklärung für Massenarbeitslosigkeit, wenn Lohnuntergrenzen bestehen.
    Wichtig
    Mangelnde Qualifikation als Erklärung für Arbeitslosigkeit läuft letztlich auf die Feststellung

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