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So funktioniert die Wirtschaft

So funktioniert die Wirtschaft

Titel: So funktioniert die Wirtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Haering
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größer, womit der Druck auf die Löhne sogar noch zunimmt, anstatt zu sinken. Ein Teufelskreis (siehe die folgende Abbildung).
    Fehlender Ausgleich des Arbeitsmarktes durch Lohnsenkung
    Wo wie in Deutschland die Gesetze Kinderarbeit verbieten und die Arbeitszeit begrenzen und wo die soziale Sicherung ein Grundauskommen garantiert, steht eine Abwärtsspirale aus sinkenden Löhnen und steigender Arbeitslosigkeit wie im obigen Schaubild allerdings nicht zu befürchten. Diejenigen, deren erzielbarer Lohn so weit absinkt, dass sie sich mit Sozialhilfe besser stellen, werden tatsächlich ihr Arbeitsangebot drastisch einschränken.
    Beispiel
    Die USA haben als Nachzüglernation erst während der Großen Depression der 1930er-Jahre Kinderarbeit gesetzlich verboten, um die Abwärtsspirale von sinkenden Löhnen und steigender Arbeitslosigkeit zu durchbrechen. Für die vielen Menschen, die während der großen Depression ihre Arbeit verloren, hatte Kinderarbeit dazu beigetragen, dass die Löhne, die sie als Tagelöhner erzielen konnten, ins Bodenlose sanken, denn immer mehr Arbeitslose und deren Kinder konkurrierten im Überlebenskampf um die wenigen Gelegenheitsjobs.
    Auch auf die Nachfrageseite ist am Arbeitsmarkt kein Verlass. Wenn die Löhne sinken, geht nämlich auch die Kaufkraft der Verbraucher zurück, was die Absatzchancen der Unternehmer schmälert und ihren Appetit auf Neueinstellungen dämpft.
    In einer Exportnation wie Deutschland hat die nachfragedämpfende Wirkung von Lohnsenkungen eine geringere Bedeutung als z. B. in den USA oder Griechenland, die relativ wenig exportieren. Wenn in Deutschland die Löhne sinken, werden die zahlreichen Exporteure preislich wettbewerbsfähiger und können mehr exportieren und mehr Leute beschäftigen. Dadurch steigt die Summe der Einkommen im Inland,wodurch auch bei sinkenden Löhnen die heimische Nachfrage steigen kann. Das funktioniert allerdings nur unter einer wichtigen Voraussetzung: Die Lohnsenkung im Vergleich zum Ausland darf nicht durch Wechselkursänderungen aufgehoben werden. In einer Währungsunion wie der europäischen, zu der Deutschland gehört, ist diese Bedingung erfüllt.
    Wichtig
    Der Arbeitsmarkt funktioniert anders als ein normaler Gütermarkt. Wenn der Lohn sinkt, können das Arbeitsangebot und die Nachfrage nach Arbeitskräften steigen oder sinken. Je nach den Umständen des betreffenden Landes steigt oder sinkt die Arbeitslosigkeit, wenn der Lohn sinkt. In der Exportnation Deutschland, die Teil einer Währungsunion ist, sind die Aussichten allerdings relativ gut, durch Lohnmäßigung die Arbeitslosigkeit zu mindern.
    Wie so oft in der Ökonomie gibt es auch hier keine allgemeingültige Wahrheit. Es kommt immer auf die Umstände an. Wie viel exportiert ein Land? Hat es flexible Wechselkurse? Wie ist das Sozialsystem organisiert? Herrscht gerade Nachfragemangel oder Hochkonjunktur? Solche und andere Fragen sind zu beantworten, bevor man sagen kann, wie sich eine Lohnsenkung oder Lohnerhöhung auf die Arbeitslosigkeit auswirkt.
    Mindestlöhne
    Ein weiteres Indiz dafür, dass Lohnsenkungen nicht zwingend die Arbeitslosigkeit beseitigen, sind die internationalen Erfahrungen mit der Einführung und Anhebung von Mindestlöhnen. Wenn zu hohe Löhne für gering Qualifizierte deren hohe Arbeitslosenquoten verursachen würden, müssten allgemeine Mindestlöhne und deren Anhebung die Arbeitslosigkeit merklich steigern. Eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen kam jedoch zu dem Ergebnis, dass dies allenfalls in geringem Maße der Fall ist.
    Wichtig
    Empirische Untersuchungen sind ein wichtiges Instrument der Wirtschaftsforschung. Die Forscher werten dabei Statistiken aus und versuchen daraus abzuleiten, wie wahrscheinlich es ist, dass eine oder mehrere Größen eine andere in eine bestimmte Richtung beeinflussen, also z. B., ob ein Mindestlohn zu mehr Arbeitslosigkeit führt.
    Für Großbritannien haben Studien mit unterschiedlichen Methoden, die Metcalf (2007) beschreibt, übereinstimmend festgestellt, dass der 1998 eingeführte und danach bis April 2011 auf 5,93 Pfund (damals 6,75 EUR) erhöhte nationale Mindestlohn nur sehr geringfügige Arbeitsplatzverluste in den besonders betroffenen Niedriglohnsektoren zur Folge hatte. Für die USA zeigte sich bei einer Erhöhung von Mindestlöhnen in einzelnen Bundesstaaten ebenfalls

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