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So funktioniert die Wirtschaft

So funktioniert die Wirtschaft

Titel: So funktioniert die Wirtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Haering
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hinaus, dass die Löhne für gering qualifizierte oder aus sonstigen Gründen weniger produktive Arbeitnehmer zu hoch gehalten werden.
    Zu hohe Löhne
    Wenn der Arbeitsmarkt wie ein normaler Gütermarkt funktionieren würde, dann sänke der Preis für Arbeit, wenn zu viel Arbeit angeboten wird – und zwar so lange, bis Angebot und Nachfrage wieder im Gleichgewicht sind. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die dafür sorgen, dass die Löhne trotz Arbeitslosigkeit nicht sinken. Die wichtigsten davon sind
die Macht der Gewerkschaften,
Eingriffe des Gesetzgebers in die Vertragsfreiheit,
Desinteresse der meisten Arbeitgeber an „Dumping“-Angeboten von Arbeitslosen.
    Lohnuntergrenzen werden vorgegeben
    Die Konkurrenz der Arbeitskräfte um Stellen wird eingeschränkt durch Gewerkschaften, die mit Arbeitgebern verbindliche Tarifverträge aushandeln, und durch einen Gesetzgeber, der diese Tariflöhne oft als allgemeinverbindlich erklärt oder Mindestlöhne vorschreibt. Trotz hoher Arbeitslosigkeit sinken daher die Löhne nicht. Hinzu kommt, dass jeder ein Anrecht auf ein Mindestmaß an sozialer Sicherung hat. Eine gering qualifizierte Arbeit werden nur wenige zu einem Lohn ausführen wollen, der geringer ist als das Niveau der Mindestsicherung nach Hartz IV.
    Wichtig
    Das Niveau der sozialen Leistungen für Leute, die nicht arbeiten, bestimmt die Untergrenze für das Lohniveau. Außerdem gibt es in vielen Bereichen tariflich oder staatlich vorgeschriebene Mindestlöhne in der einen oder anderen Form.
    Arbeitgeber wollen kein Dumping
    Selbst wenn sie in der Lohnsetzung weitgehend frei sind, haben die meisten Arbeitgeber kein Interesse an Unterbietungsangeboten von Arbeitslosen. Sie fürchten die damit verbundene Störung des Betriebsfriedens und scheuen sich zudem, ihren Beschäftigten mit der Begründung die Löhne zu kürzen, dass es auf dem Arbeitsmarkt genügend andere gebe, die sie ersetzen könnten. Truman Bewley (1998) hat in einer Vielzahl von Interviews mit Personalverantwortlichen von Arbeitgebern herausgefunden, warum das so ist.
    Die Personalchefs erklärten, Beschäftigte seien nur dann bereit, Gehaltskürzungen zu akzeptieren, wenn es dem Unternehmen sehr schlecht geht. Wird der Lohn gekürzt, nur weil der Arbeitsmarkt das erlaubt und das Management den Gewinn steigern will, empfänden sie dies als Vertrauensbruch und reagierten mit Leistungsabfall und Schlimmerem. Aus dem gleichen Grund gaben fast alle Personalverantwortlichen an, nicht an Angeboten von Bewerbern interessiert zu sein, die versuchten, den unternehmensüblichen Lohn deutlich zu unterbieten. Dahinter steht, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht in einem anonymen Marktverhältnis zueinander stehen, sondern meist in einer auf Dauer angelegten sozialen Beziehung. Wenn sie sich um eine Stelle bewerben, akzeptieren die Menschen zwar noch, dass sie weniger aushandeln können, wenn die Konkurrenz am Arbeitsmarkt besonders groß ist. Nach Eintritt ins Unternehmen erwarten sie aber einen fairen Umgang miteinander. Die folgende Abbildung veranschaulicht diesen Mechanismus.
    Die Firma schottet Arbeitnehmer gegenüber dem Markt ab
    Ein Unternehmen, das auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen ist, lässt sich nicht führen, wenn jeder das fordert und nur das bekommt, was der Markt gerade diktiert. Denn in einem solchen Arrangement funktioniert kein Teamwork, keiner setzt sich für das Unternehmen ein und keiner leistet mehr, als er laut Vertrag unbedingt muss. Der soziale Charakter eines Arbeitsverhältnisses kann gut erklären, warum auch bei Arbeitslosigkeit in den betreffenden Berufen die Löhne und Gehälter nicht sinken. Wenn das der Fall ist, sind es die Unternehmen selbst, die die Löhne hochhalten, und nicht Gewerkschaften, der Staat oder übermäßig anspruchsvolle Arbeitslose. In vielen Branchen sinkt der Lohn auch dann nicht, wenn die Arbeitslosigkeit hoch ist und es keine tariflichen oder gesetzlichen Hindernisse gibt. Die Arbeitgeber scheuen sich, die Arbeitsmoral und die Loyalität ihrer Belegschaften zu beschädigen, indem sie die Löhne kürzen. Das gilt v. a. für Berufe, in denen der Arbeitseinsatz und die Produktivität des Einzelnen schwer zu messen und zu kontrollieren sind.
    Die Arbeitgeber haben allerdings weiterhin ein Interesse daran, die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer insgesamt zu

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