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So funktioniert die Wirtschaft

So funktioniert die Wirtschaft

Titel: So funktioniert die Wirtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Haering
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daran? Die Antwort ist nicht schwer: Bankguthaben werden von den privaten Banken geschaffen. Auch wenn der Ausdruck „geschaffen“ irritieren mag, ist er doch zutreffend. Man könnte meinen, wir schaffen ein Bankguthaben, wenn wir Bargeld auf unser Konto einzahlen. Doch das stimmt nicht, denn dadurch wird das schon bestehende Geld nur verlagert. Neue Bankguthaben werden vielmehr dadurch geschaffen, dass Banken einem Unternehmen, einem Bauherrn oder einem Autokäufer einen Kredit geben und ihnen in gleicher Höhe ein neues Bankguthaben zuweisen. Die Mengenverhältnisse von Bargeld, das von der Zentralbank geschaffen wird, und Buchgeld, das von den Banken geschaffen wird, zeigt die folgende Tabelle.
    Geld im Euroraum (Sept. 2011)
Bestände in EUR
Bargeld (öffentliche Geldschöpfung)
832 Mrd.
Geldmenge M2 (Bargeld, Sichteinlagen, Sparguthaben)
8.605 Mrd.
M2 ohne Bargeld (= Buchgeldschöpfung der Banken)
7.773 Mrd.
    Verhältnis von Bargeld zu Buchgeld
    Die Schaffung von Buchgeld geschieht ganz einfach im Wege der Kreditvergabe. Dem Kreditkunden wird ein Guthaben auf seinem Konto gutgeschrieben, mit dem er seine Zahlungsverpflichtungen begleichen kann. Das neue Buchgeld kommt i. d. R. sofort in Umlauf, weil der Kreditnehmer es ja braucht, um seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Auch die Empfänger überweisen es wieder an andere, denen sie etwas schulden. Durch Überweisungen von einem Konto auf ein anderes vermehrt sich das Buchgeld nicht. Es wechselt nur den Besitzer. Vermehrt wird es dadurch, dass die Banken immer wieder neuen Kredit an alte und neue Kunden vergeben und dadurch die Summe der Guthaben auf Bankkonten vergrößern. Weil alte Kredite zurückgezahlt werden und sich dadurch die umlaufende Buchgeldmenge vermindert, steigt das Buchgeld nur in dem Maße, wie die neuen Kredite die Tilgungen übersteigen. Das ist i. d. R. – aber nicht immer – der Fall.
    Bei vielen Laien und einigen Fachleuten gibt es das Missverständnis, dass Banken v. a. als Makler für Ersparnisse fungieren – mit anderen Worten, dass sie mit dem Geld, das Sparer bei ihnen anlegen, Kredite vergeben. Das tun sie zwar auch – Sparkassen und Genossenschaftsbanken mehr, private Geschäftsbanken weniger. Aber sie sind nicht darauf angewiesen. Banken können Kredit geben, indem sie Geld aus dem Nichts schaffen. Dafür müssen die Banken als Gruppe nur damit rechnen können, dass das neue Guthaben nicht zur Gänze in Bargeld umgetauscht wird, sondern im Wesentlichen für den bargeldlosen Zahlungsverkehr genutzt wird. Bargeld können die Banken nicht vermehren; Guthaben, die nur von einem Bankkonto auf ein anderes transferiert werden, schon. Die Bank von England hat das in ihrem dritten Vierteljahrsbulletin 2007 so ausgedrückt: „Die mit Abstand größte Rolle bei der Schaffung von Geld im weiten Sinne spielt der Bankensektor. Wenn Banken Kredite geben, schaffen sie zusätzliche Guthaben bei denen, die sich das Geld geliehen haben.“
    Genauso wie der Staat an der Bereitstellung von Bargeld verdient, verdienen die Banken an der Schaffung von Buchgeld. Sie verleihen gegen Zinsen Geld, das sie selbst fast kostenlos aus dem Nichts geschaffen haben. Weil Buchgeld einen viel größeren Anteil an der gesamten Geldmenge ausmacht als Bargeld, ist der Geldschöpfungsgewinn der Banken um ein Vielfaches größer als der des Staates. Wenn große Banken wie etwa die Deutsche Bank ein (für normale Unternehmen kaum je erreichbares) Gewinnziel von 20–25 % auf das Eigenkapital ausgeben, wie sie das selbst in der Finanzkrise nach 2007 getan haben, so hängt das auch entscheidenddamit zusammen, dass sie – im übertragenen Sinne – Geld drucken dürfen.
    Das Risiko eines Bank-Run
    Wichtig
    Bank-Run ist ein Ansturm von Kunden auf eine Bank. Auslöser sind Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit. Sobald beobachtet wird, dass Kunden ihr Geld abheben, rennen alle zur Bank, weil auch sie ihr Geld abheben wollen, solange die Bank noch welches hat. Die Kunden nehmen an, dass die Bank nicht genug Bargeld besitzt, um alle Guthaben auszuzahlen. Das ist heutzutage fast immer der Fall.
    Die Schaffung von immer mehr Buchgeld ist gut für die Gewinnmarge der Banken. Sie ist im Prinzip auch gut für die Wirtschaft, denn mehr Buchgeldschöpfung bedeutet, dass die Unternehmen und Haushalte leichter an Kredit kommen, um Maschinen,

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