So gut wie tot
Naturalization Agency bearbeitet. Nach dem 11. September hat man sie mit dem Zoll zusammengelegt, das Ganze nennt sich jetzt Immigration Customs Enforcement. Falls sie nicht mit einem langfristigen Visum eingereist ist, gibt es keine Unterlagen. Er hat die Daten aus den neunziger Jahren überprüft, und sie scheint nicht mit einem Visum eingereist zu sein, aber laut seiner Aussage lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob sie das Land betreten hat oder nicht.«
»Gut, vielen Dank. E-J, welche Fortschritte haben Sie mit der Familiengeschichte gemacht? Konnten Sie Verwandte von Joanna Wilson finden?«
»Nun, sie scheint nicht viele zu haben. Einen schwulen Stiefbruder habe ich aufgetrieben, das ist vielleicht eine Marke. Er nennt sich Mitzi Dufors, ist um die sechzig, von Kopf bis Fuß gepierct und trägt Lederhotpants mit Nieten. Er tritt als Transvestit in einem Schwulenklub hier in der Stadt auf. Hatte nicht viel Schmeichelhaftes über seine verstorbene Stiefschwester zu berichten.«
»Älteren Herren in Lederhotpants kann man nicht vertrauen«, warf Norman Potting ein.
»Norman!«, sagte Grace in warnendem Ton.
»Sie sind auch nicht gerade ein Modeguru, Norman«, versetzte Bella.
»Jetzt reicht’s!«
Potting zuckte die Achseln wie ein störrisches Kind.
»Gibt es sonst noch etwas über den Stiefbruder?«
»Er sagt, Joanna habe etwa ein Jahr, bevor sie nach Amerika ging, von ihrer Mutter ein kleines Haus in Brentwood geerbt. Seiner Ansicht nach habe sie von dem Erlös ihre Schauspielkarriere Finanzieren wollen.«
»Sie sollten herausfinden, um wie viel Geld es dabei ging und was daraus geworden ist. Gute Arbeit übrigens, E-J.«
Grace machte sich einige Notizen und wandte sich dann an Branson. »Glenn, sind du und Bella mit den Klingers weitergekommen?«
Branson grinste. »Ich glaube, wir haben Stephen Klinger zu einem sehr günstigen Zeitpunkt erwischt, kurz nach dem Mittagessen. Er war stockbesoffen und sehr gesprächig. Hat uns erzählt, dass niemand Joanna Wilson sonderlich gut leiden konnte, scheint ein richtiges Früchtchen gewesen zu sein. Sie hat Ronnie das Leben zur Hölle gemacht, und niemand war traurig, als sie ihn sitzen ließ und in die Staaten ging. Er hat bestätigt, dass Ronnie nach Ablauf der gesetzlichen Frist wieder geheiratet hat. Lorraine war untröstlich, als er starb. Die Tatsache, dass er sie auch finanziell in die Bredouille gebracht hatte, machte die Sache noch schlimmer.«
Grace notierte etwas.
»Erst wurde ihr Auto beschlagnahmt, dann das Haus. Wilson scheint ein ziemlicher Windbeutel gewesen zu sein. Er besaß überhaupt nichts. Seine Witwe musste das schicke Haus in Hove verlassen und in eine Mietwohnung ziehen. Ein knappes Jahr später, im November 2002, verfasste sie einen Abschiedsbrief und sprang von der Fähre Newhaven-Dieppe.« Er hielt inne. »Wir haben auch mit Mrs Klinger gesprochen, und sie hat die Aussagen ihres Mannes weitgehend bestätigt.«
»Gibt es Verwandte, die etwas über ihren Geisteszustand aussagen können?«
»Ja, eine Schwester, die als Stewardess bei British Airways arbeitet. Ich habe eben mit ihr gesprochen, allerdings nur kurz, da sie im Dienst war. Wir sind für morgen verabredet. Sie hat bestätigt, was Klinger gesagt hat. Ach ja, und sie ist damals mit Lorraine nach New York geflogen, sobald das wieder möglich war. Eine Woche lang sind sie mit einem großen Foto von Ronnie durch die Stadt gelaufen, wie tausende andere auch.«
»Sie ist also davon überzeugt, dass Ronnie am 11. September umgekommen ist.«
»Zweifellos. Er war mit einem Typen namens Donald Hatcook im Südturm verabredet. Alle Leute, sie sich zu diesem Zeitpunkt in diesem Stockwerk befanden, waren auf der Stelle tot.« Glenn warf einen Blick auf seine Notizen. »Du hattest auch noch nach diesem Chad Skeggs gefragt.«
»Ja, was hast du über ihn herausgefunden?«
»Die Kripo in Brighton ermittelte in den neunziger Jahren wegen Belästigung und Misshandlung einer jungen Frau gegen ihn. Laut Aussage des Mädchens hatte sie gemeinsam mit Skeggs einen Club verlassen und war mit ihm nach Hause gegangen, wo er sie furchtbar zurichtete. Es könnte mit S/M zu tun gehabt haben. Möglicherweise hat sie zuerst mitgemacht, dann aber Angst bekommen, und er hat nicht aufgehört. Es war eine üble Geschichte, sie beschuldigte ihn auch der Vergewaltigung. Damals beschloss man jedoch, es sei nicht im öffentlichen Interesse, ihn aus Australien zurückzuholen. Ich glaube nicht,
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