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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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etwas erfahre.«
    Lorraine hörte eine Kinderstimme, dann sagte Mo: »Einen Augenblick, Liebes. Mama telefoniert gerade.«
    Lorraine drückte die Zigarette aus. Sie sprang vom Barhocker, die Augen noch immer auf den Bildschirm geheftet, holte einen Teebeutel und eine Tasse und goss das Wasser darüber. Dann trat sie einen Schritt zurück und prallte schmerzhaft gegen die Ecke des Küchentischs.
    »Scheiße! Verdammte Scheiße!«
    Sie schaute an sich hinab. Sah den roten Fleck neben den anderen Stellen. Manche waren dunkel und noch frisch, andere gelb und beinahe verblichen. Ronnie war schlau, er schlug sie nie ins Gesicht, sondern an Stellen, die sie leicht verbergen konnte.
    Wenn er getrunken hatte, bekam er Tobsuchtsanfälle. Es geschah immer häufiger. Danach bat er sie dann weinend um Verzeihung.
    Und sie verzieh ihm immer.
    Sie verzieh ihm, weil sie sich zutiefst unzulänglich fühlte. Sie wusste, wie sehr er sich genau das wünschte, was sie ihm bisher nicht hatte geben können. Das Kind, nachdem er sich so verzweifelt sehnte.
    Sie verzieh ihm, weil sie Angst hatte, ihn zu verlieren. Und weil sie ihn liebte.
    33
    OKTOBER 2007 Es war nicht gerade das beste Wochenende seines Lebens gewesen, dachte Roy Grace, als er am Montagmorgen um acht in dem winzigen, überfüllten Wartezimmer des Zahnarztes saß und in Sussex Life blätterte. Eigentlich hatte die letzte Woche gar kein richtiges Ende genommen.
    Dr. Frazer Theobalds Autopsie hatte endlos lange gedauert, bis sage und schreibe neun Uhr am Samstagabend. Cleo, die während der Autopsie ganz freundlich gewesen war, hatte sich am Sonntag ungewöhnlich gereizt aufgeführt.
    Beide wussten, dass niemand die Schuld an dem versauten Wochenende trug. Dennoch war ihm, als machte sie ihm Vorwürfe, so wie Sandy ihm früher Vorwürfe gemacht hatte, wenn er Stunden später als vorgesehen nach Hause kam oder eine lange geplante Verabredung absagen musste, weil ein Notfall eingetreten war. Als wäre es seine Schuld, dass die Leute zur unpassenden Zeit starben.
    Cleo kannte das Problem. Sie war mit den verrückten Arbeitszeiten der Polizei bestens vertraut, da ihre eigenen ganz ähnlich waren. Man konnte sie Tag oder Nacht ins Leichenschauhaus rufen, was auch häufig vorkam. Was also hatte sie so gereizt?
    Sie war sogar ärgerlich gewesen, als er nach Hause gefahren war, um den völlig überwucherten Rasen zu mähen.
    »Du hättest ihn auch nicht gemäht, wenn wir in London gewesen wären. Warum also jetzt?«
    Das eigentliche Problem war sein Haus. Das Haus, das ihm und Sandy gehört hatte, war für Cleo nach wie vor ein rotes Tuch. In letzter Zeit hatte er viele Sachen seiner Frau weggegeben, aber Cleo kam dennoch selten zu ihm und schien sich dort auch nie wirklich wohl zu fühlen. Sie hatten nur einmal in diesem Haus miteinander geschlafen, und es war für beide keine befriedigende Erfahrung gewesen.
    Seither übernachteten sie immer bei Cleo. Das kam zunehmend häufiger vor, und er bewahrte inzwischen auch Rasierzeug und Waschsachen bei ihr auf, dazu einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd, einige schlichte Krawatten und dunkle Schuhe – seine Arbeitskleidung.
    Die Frage war berechtigt gewesen, und er hatte nicht wahrheitsgemäß geantwortet, weil es alles noch schlimmer gemacht hätte. In Wirklichkeit hatte ihn das Skelett aus der Fassung gebracht. Er wollte ein paar Stunden allein sein, um in Ruhe nachzudenken.
    Darüber, wie er sich fühlen würde, wenn es tatsächlich Sandy war.
    Die Beziehung zu Cleo ging viel tiefer als alles, was er seit dem Verschwinden seiner Frau erlebt hatte, doch er wusste genau, dass Sandy, so sehr er sich auch bemühte, nach wie vor zwischen ihnen stand. Vor einigen Wochen hatten sie beim Abendessen beide zu viel getrunken. Cleo rutschte der Satz heraus, dass sie ihre biologische Uhr ticken höre. Er wusste, dass sie sich nach einer festeren Beziehung sehnte und fürchtete, er wolle sich nicht binden, solange Sandys Verschwinden ungeklärt blieb.
    Was nicht stimmte. Roy liebte sie. Vergötterte sie. Und hatte in letzter Zeit ernsthaft begonnen, über ein Leben mit ihr nachzudenken.
    Darum war er am Vorabend auch sehr verletzt gewesen, als er mit einigen Flaschen ihres Lieblings-Rioja bei ihr aufgetaucht war und an der Tür von einem winzigen schwarzen Welpen begrüßt wurde, der sein Bein umklammerte und auf seinen Turnschuh pinkelte.
    »Humphrey, darf ich dir Roy vorstellen? Roy, das ist Humphrey!«
    »Wer – wem gehört der?«, hatte er

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