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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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eine Idee, wo er anfangen könnte.
    59
    12. SEPTEMBER 2001 Ronnie verbrachte eine unruhige Nacht auf ungewaschenen Nylonlaken und kämpfte mit einem Schaumstoffkissen, das scheinbar mit Steinen gefüllt war. Die Sprungfedern der Matratze bohrten sich wie Korkenzieher in seinen Körper. Er konnte das Fenster entweder geschlossen halten und den blechernen Lärm der Klimaanlage erdulden oder es öffnen und vom ununterbrochenen Sirenengeheul und Knattern der Hubschrauber wach gehalten werden.
    Um kurz vor sechs kratzte er sich an einem von mehreren roten Stichen an seinem Bein und entdeckte bald weitere Exemplare auf Brust und Bauch, die höllisch juckten.
    Ronnie tastete nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Plötzlich drang die Außenwelt vehement in sein Zimmer. Bilder von New York. Verstörte Menschen, die selbst gemachte Plakate und Schilder mit Fotos in die Höhe hielten, auf denen in großen Buchstaben HABEN SIE SOUNDSO GESEHEN? zu lesen stand.
    Ein Nachrichtensprecher gab die geschätzte Opferzahl bekannt. Am unteren Bildschirmrand wurden Notrufnummern und weitere Meldungen eingeblendet.
    Lauter schlechte Neuigkeiten.
    Auch in seinem Kopf lief alles durcheinander, Gedanken, Ideen, Lorraine, Donald Hatcook, Flammen, Schreie, herabstürzende Körper.
    Sein Plan.
    War Donald noch am Leben? Und wenn ja, würde er sich wirklich auf seinen Biodiesel-Deal einlassen? Ronnie war schon immer ein Zocker gewesen und ahnte, dass sein neuer Plan erfolgversprechender war als dieses Geschäft. Was ihn betraf, war Donald Hatcook, ob tot oder lebendig, Schnee von gestern.
    Sicher, Lorraine würde erst einmal leiden. Irgendwann aber würde sie einsehen, dass auch das Glück seinen Preis hatte.
    Eines Tages würde die dumme Kuh alles begreifen – und zwar dann, wenn er sie mit einem Regen aus 50-Pfund-Noten überschüttete und ihr alles kaufte, was sie sich je gewünscht hatte! Und noch mehr!
    Sie würden reich sein!
    Nur die erste Zeit wäre schwer.
    Und er musste sehr, sehr vorsichtig sein.
    Ronnie schaute noch einmal auf die Uhr: zwei Minuten nach sechs. Sein vom Jetlag ermüdetes Hirn überschlug, wie spät es jetzt in Brighton war. Nach längerem Überlegen kam er auf kurz nach elf vormittags. Was Lorraine wohl gerade machte? Gewiss hatte sie versucht, ihn auf dem Handy, im Hotel und in Donald Hatcooks Büro zu erreichen. Vielleicht war sie zu ihrer Schwester gefahren oder ihre Schwester, was wahrscheinlicher schien, zu ihr gekommen.
    Jetzt äußerte sich ein Polizeibeamter im Fernsehen. Man benötige Freiwillige, die beim Ausgraben in den Trümmerbergen halfen und Wasser ausgaben. Er wirkte erschöpft, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen. Ein Mann, der vor lauter Müdigkeit, Emotionen und Überlastung kurz vor dem Zusammenbruch stand.
    Freiwillige. Ronnie ließ sich das Wort durch den Kopf gehen. Freiwillige.
    Er stieg aus dem Bett und stellte sich in die winzige Dusche, fühlte sich seltsam befreit, aber auch nervös. Er konnte so viel falsch machen. Aber er hatte auch jede Menge Chancen. Die musste er nutzen. Freiwillige. Ja, die Idee hatte etwas!
    Während er sich abtrocknete, konzentrierte er sich ganz auf die Nachrichten des Lokalsenders. Was würde man für die Stadt voraussagen? Noch einen Anschlag, wie viele Leute glaubten? Oder würde man in einigen Gegenden schon zur Normalität zurückkehren?
    Er musste es wissen, Geschäfte standen an. Sein neues Leben musste finanziert werden. Spekulieren und akkumulieren. Was er brauchte, war teuer, und er musste bar bezahlen.
    Nun folgte die Meldung, auf die er gewartet hatte: welche Teile der Stadt abgesperrt und welche zugänglich sein würden. Wie es mit dem öffentlichen Nahverkehr aussah. Anscheinend hatte dieser größtenteils den Betrieb wieder aufgenommen. Die Nachrichtensprecherin erklärte feierlich, der gestrige Tag habe die Welt verändert.
    Natürlich hatte sie recht, doch für viele Menschen würde es heute ganz gewöhnlich weitergehen, was Ronnie durchaus erleichterte. Nach seiner Sauftour, dem Abendessen und der Miete für sein Zimmer waren ihm nur 302 Dollar geblieben.
    Er musste sich der finanziellen Realität stellen. 302 Dollar, die reichen mussten, bis er ein Geschäft abschließen konnte. Es wäre denkbar, den Laptop zu verpfänden, aber auch sehr riskant. Als sie vor einigen Jahren den Computer des Autohandels beschlagnahmt hatten, musste er am eigenen Leib erfahren, dass es so gut wie unmöglich war, eine Festplatte völlig

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