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So habe ich es mir nicht vorgestellt

So habe ich es mir nicht vorgestellt

Titel: So habe ich es mir nicht vorgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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anderen Seite der Punkt für die Prostata«, antwortete die Frau, ohne das Gesicht von dem Fuß zu heben, den sie nun mit großer Aufmerksamkeit betrachtete.
    Jo’ela erkundigte sich einzeln nach allen Punkten, und während der Massage und der Druckausübung antwortete die Frau ohne jede Hemmung. »Hier ist das Gehirn«, sagte sie und deutete auf den Ballen des großen Zehs, »und hier der Dünndarm und der Dickdarm«, sie deutete auf die Seite der Fußsohle, »da die Gallenblase. Und hier«, sie fuhr mit dem Finger über die Ballen zwischen den Zehen, »die Schultern, der Brustkorb, die Lungen.«
    »Das fühlt sich sehr angenehm an«, sagte Jo’ela und sah drein, als prüfe sie die Beziehung zwischen den Gliedern ihres Körpers und ihren Entsprechungen am Fuß. »Aber das ist nicht überraschend, daß es sich angenehm anfühlt. Ein Körperteil, der immer in Schuhen eingequetscht ist, wird plötzlich befreit, massiert, da braucht es keine Entsprechung zu irgend etwas anderem.«
    Die Frau lächelte und berührte die Zehen. Sie streckte den gekrümmten kleinen Zeh und strich über die Stelle unterhalb des Nagels. »Sie sind an der Basis ein sehr triebhafter Mensch«, verkündete sie erstaunt.
    »An der Basis? Was heißt hier Basis?« fragte Jo’ela in beleidigtem Ton.
    »Hier«, sagte die Frau, »der kleine Zeh ist verkrümmt, aber wenn man ihn streckt, ist er ziemlich lang.«
    »Aha«, spottete Jo’ela, »Sie erkennen also alle Triebe eines Menschen an seinem kleinen Zeh.«
    »Und an seinem Verhältnis zu den anderen Zehen«, sagte die Frau und fuhr fort, den großen Zeh zu massieren. Dann drückte sie sehr fest auf den Ballen. »Hier ist der Intellekt«, sagte sie und betrachtete den Zeh.
    »Da? An der Stelle? Und wie ist mein Intellekt?«
    »Die Rationalität ist bei Ihnen sehr gut entwickelt«, antwortete die Frau.
    Dann erkundigte sich Jo’ela nach den alten Ägyptern.
    »Ich weiß nicht genau, was sie mit dieser Therapie zu tun haben«, sagte die Frau uninteressiert und fügte entschuldigend hinzu: »Auf dem Gebiet kenne ich mich nicht aus.«
    Hila in der Sofaecke richtete sich auf und wollte von einer Wandmalerei erzählen, die sie einmal in einem Buch über die Kultur der alten Ägypter gesehen hatte und auf dem sich ein Ägypter, im Profil, wie es für ägyptische Zeichnungen typisch ist, über den Fuß seines Freundes, eines verwundeten Kriegers, beugt, als wolle er einen Dorn herausziehen, aber vielleicht – die Idee sei ihr schon länger gekommen – handelte es sich um die authentische und wirklich einmalige Darstellung einer Reflexzonenbehandlung, entschied sich aber dann doch, lieber den Mund zu halten, und lauschte der klaren Stimme Jo’elas, die den Raum erfüllte.
    »Ich verstehe nicht viel von solchen Dingen«, sagte die Frau und fügte nicht ohne Stolz hinzu: »Ich arbeite mehr mit Intuition.«
    »Und was sagt Ihnen Ihre Intuition über meinen Fuß?« fragte Jo’ela herausfordernd.
    »Ganz allgemein? Über die Seele im allgemeinen?«
    Jo’ela nickte.
    »Das Gewicht Ihres Körpers, scheint mir, liegt vor allem auf ihren Fersen«, sagte die Frau nachdenklich, nahm beide Füße in ihre Hände, als wolle sie sie wiegen. »Das heißt, daß Sie zu den Menschen gehören, die ihre Fersen fest auf den Boden drücken, und das bedeutet, Sie haben die Fähigkeit zur Beherrschung und zur Entschiedenheit gut entwickelt.« Die Frau sprach zögernd, dann fragte sie schnell: »Habe ich recht?«
    Jo’ela schwieg, doch Hila warf eilig ein: »Ja, sehr«, nur damit das Gesicht der Frau wieder seine alte Gelassenheit bekam und sie mit der Massage fortfuhr.
    »Das ist wirklich angenehm«, sagte Jo’ela, »aber warum nennt man das nicht einfach Massage? Warum müssen Sie gleich einen mystischmedizinischen Ausdruck benutzen?«
    Die Frau lächelte. »Weil die Reflexzonentherapie eine medizinische Funktion hat.«
    »Eine heilende?« beharrte Jo’ela. »Hat sie eine heilende Funktion?«
    »Man kann selbstverständlich alle möglichen Leiden durch eine Reflexzonentherapie lindern«, sagte die Frau fest.
    »Was zum Beispiel?«
    Hila seufzte und atmete tief den Duft der Orangenblüten ein.
    »Ach, viele«, sagte die Frau. »Rückenschmerzen, Probleme des Verdauungsapparats, Drüsenfunktionsstörungen, Menstruationsbeschwerden, unregelmäßige Ovulation, Ruhelosigkeit und Anspannung, sogar Ängste kann man …«
    »Wie regeln Sie zum Beispiel die Ovulation?« fragte Jo’ela, und ihrer Stimme hörte Hila an, daß sie

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