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So heiß wie der Wuestenwind

So heiß wie der Wuestenwind

Titel: So heiß wie der Wuestenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Gates
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klopften sich noch selbst auf die Schulter dafür. Später dachten meine Eltern dann, es läge an der Pubertät, dass ich wie betäubt herumlief. Als ich vierzehn war, merken sie, dass etwas nicht stimmte, und sie versuchten, mich von dem Medikament zu entwöhnen. Da bin ich förmlich ausgerastet. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber ich glaube, ich habe einen Selbstmordversuch unternommen. Sie haben aufgegeben und mir das Medikament weitergegeben. Und wie ein braves Mädchen habe ich es auch geschluckt. Dann, als ich fast siebzehn war, habe ich zufällig ein sehr aufschlussreiches Gespräch mit angehört. Ihnen war inzwischen klar, dass die Ärzte eine Fehldiagnose gestellt hatten oder dass ich zumindest schlecht auf das Medikament reagierte. Da habe ich dann beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Ich habe versucht, mich selbst zu entwöhnen.“
    „Und? Wie lief es?“
    „Es war die Hölle. Ich war ja wirklich süchtig, und der Entzug war fürchterlich. Ich bin eine Zeit lang wirklich verrückt geworden.“
    Aliyah verstummte. Ihr Herz schlug wild. Es war fast, als würde sie den Entzug noch einmal durchleben.
    Schließlich flüsterte Anna: „Aber du hast es durchgestanden und all die Jahre durchgehalten. Jetzt geht es dir gut.“
    „Ja“, bestätigte Aliyah. „Auf jeden Fall, was das angeht. Andererseits geht es mir weniger gut, wenn ich bedenke, dass ich jetzt gezwungen werde, einen Mann zu heiraten, den ich nie in meinem Leben wiedersehen wollte.“
    Anna begann zu weinen. „Auch das ist meine Schuld. Nur durch mich bist du in dieser Situation. Ich hatte ursprünglich gedacht, ich müsste mich dafür nicht so schuldig fühlen, weil dein Bräutigam so ein stattlicher, gut aussehender Mann ist …“
    „Sein Aussehen macht ihn noch lange nicht zu einem angenehmen Menschen.“
    Anna schien kurz vor einem Herzanfall zu stehen. Aliyah nahm sie tröstend in die Arme. „Es ist nicht deine Schuld, rede dir das nicht ein. Du kannst nichts dafür, dass die Al Shalaans Ansprüche auf den Thron erhoben haben, und auch nicht, dass Kamal so ein rücksichtsloser Mensch ist.“
    „Wenn du so verständnisvoll bist, bekomme ich noch mehr Schuldgefühle.“
    „Ich bin nur ehrlich.“ Aliyah lächelte Anna an, und Anna erwiderte das Lächeln. „Sieh es doch so: Wenn du mich nicht zur Welt gebracht hättest, würde in zwei Königreichen ein Bürgerkrieg ausbrechen. Ich gehe als eine Art Retterin in die Geschichte ein, und welche Frau kann das schon von sich behaupten?“
    „Wenn man das so sieht …“
    „Sagen wir, es ist so. Dann fühlt man sich doch gleich viel besser, oder?“
    Anna nickte. „All das ist so plötzlich über mich hereingebrochen. Ich wusste ja überhaupt nichts von deinem Verbleib, bis Atef mich wieder aufspürte. Ich ließ ihn dann glauben, dass Farah meine Tochter wäre, während sie in Wirklichkeit …“
    „Deine Adoptivtochter ist, ich weiß. Aber in gewisser Weise ist sie doch deine richtige Tochter. Ich finde, es kommt mehr darauf an, bei wem ein Kind aufwächst. Das ist wichtiger als die biologische Elternschaft.“
    „Das heißt, du fühlst dich nicht als meine Tochter? Zwischen uns ist nichts?“
    „Doch, auf jeden Fall. Ich weiß nur nicht, ob ich dich als meine Mutter ansehen kann. Ich habe ja schon eine, die ich liebe, auch wenn sie es zugelassen hat, dass ein paar sogenannte Experten in meinem Leben herumgepfuscht haben. Sie meinte es ja nur gut – fast schon zu gut.“
    Mit einem traurigen Lächeln bemerkte Anna: „Das habe ich mit Bahiyah gemein. Ich habe Farahs Leben auch fast zerstört, weil ich überängstlich war.“
    „Noch eine Gemeinsamkeit zwischen Farah und mir. Ich kann es kaum erwarten, sie kennenzulernen.“
    „Das geht ihr genauso. Aber sie wollte sich dir nicht aufdrängen.“
    „Dann dränge ich mich ihr auf“, erwiderte Aliyah schelmisch. „Ich habe ja drei Tage Zeit für die Hochzeitsvorbereitungen, da tut mir ein bisschen Abwechslung zwischendurch ganz gut.“
    Von draußen hörte man Motorgeräusche. Sie wusste, es war Kamals Wagentross. Der König war heimgekehrt.
    „Sag mal, wollen wir uns ein wenig die Beine vertreten?“
    Anna nickte. Gemeinsam gingen sie durch die Verandatür nach draußen in den üppig bepflanzten Garten.
    Etwas lag Anna noch auf der Seele. „Du gehst so offen mit deinen Problemen und deinem Schmerz um, das finde ich bewundernswert“, sagte sie zu Aliyah. „Aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass du dich in

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