So heissbluetig kuesst nur einer
mal in diesem Stadion spielen.“
„Du willst dir einen Kindheitstraum erfüllen?“, erkundigte sie sich erstaunt.
„Wieso nicht?“ Er lächelte unwiderstehlich. „Als Jugendlicher habe ich in meiner Freizeit gearbeitet und hatte keine Zeit zum Training. Jetzt bietet sich die Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen.“
„Du bist also schon als Kind dem schnöden Mammon hinterhergerannt.“
Durch ihre sarkastische Bemerkung verging ihm das Lächeln. Stattdessen bedachte er Lena mit einem eisigen Blick. „Ich wollte nicht verhungern. Also musste ich mir das Geld für meine Mahlzeiten verdienen.“
Betreten blickte Lena zu Boden. Das hatte sie ja nicht ahnen können!
„Nicht jeder hat ein behütetes Zuhause mit Klavierstunden, Tennistraining und selbst gebackenen Keksen in der Lunchbox“, gab er ihr über die Schulter hinweg als Antwort und betrat das Spielfeld.
„Seth!“ Lena war jetzt auch wütend, weil sie sich beide geirrt hatten.
Er warf ihr einen herausfordernden Blick zu. „Du kennst mich eben nicht, Lena. Und du hast ja keine Ahnung, wie entschlossen ich meine Ziele verfolge.“
Gemächlich joggte er übers Spielfeld, um sich mit der Mannschaft aufzuwärmen.
Verblüfft sah sie ihm nach. Entschlossen? Galt diese Anspielung ihr? Jetzt fing sie seinen heißen Blick auf. O ja, er meinte sie!
Wie in Trance gesellte sie sich zu Dion, der an der Spielfeldabsperrung lehnte und ins Handy quasselte. Hoffentlich trägt Seth wenigstens einen Mundschutz, dachte sie abwesend.
Eigentlich wollte sie sich dieses Gemetzel ersparen. Doch ihr Gehirn gehorchte ihr nicht – wie immer, wenn es um Seth ging.
„Hallo!“ Einige Spieler klatschten lachend mit Seth ab.
Andere gingen auf Abstand, als hätten sie Angst.
„Geh glimpflich mit uns um, Kumpel! Deine K.-o.-Schläge haben auf dem Spielfeld nichts zu suchen.“
Seth grinste nur. Lena runzelte die Stirn. Sie verstand kein Wort.
Nach dem Aufwärmen folgte schnelles Laufen, Ballübungen; jedenfalls kein brutales Tackling. Doch das war wohl nur eine Frage der Zeit.
Lena ließ ihn nicht aus den Augen – schwarze Shorts, graues T-Shirt. Sportlich, fit, muskulös, zum Anbeißen. Aber kein Rugbyprofi.
Sie hatte wirklich Angst um ihn. Angespannt umklammerte sie die Absperrungsstange.
„Willst du nicht auch mittrainieren?“, fragte sie Dion, als er den Anruf beendet hatte.
„Ich bin doch nicht lebensmüde! Gegen Seth würde ich höchstens in Sportarten ohne Körperkontakt antreten. Schach vielleicht. Selbst darin würde er mich vom Brett fegen.“
Aha. Lena konnte kaum den Blick von Seth lösen. Wie schnell und elegant er sich bewegte. Er schlug sich wirklich gut. „Ist Gabe eigentlich im Stadion?“, fragte sie plötzlich. Es wäre beruhigend, den Mannschaftsarzt in der Nähe zu wissen.
Dion lachte amüsiert. „Mach dir mal um Seth keine Sorgen! Die Spieler haben mehr Angst vor ihm als er vor ihnen.“
Da schien tatsächlich etwas dran zu sein, denn die Silver Knights warfen immer wieder besorgte Blicke in seine Richtung. Wahrscheinlich hatten sie einfach nur Angst, ihn zu verletzen. Doch danach sah es nicht aus. Wie kam ein Mann, der mit Immobilien handelte, zu einem so durchtrainierten Körper, der selbst den meisten Rugbyprofis Konkurrenz machen konnte? Seth war überhaupt nicht außer Atem, im Gegensatz zu einigen Zweite-Reihe-Stürmern, die ganz offensichtlich an ihre Grenzen stießen.
„Wieso sollten sie Angst vor Seth haben?“, fragte Lena verwundert.
„Weil er für seinen tödlichen linken Haken bekannt ist. Während seiner aktiven Zeit hat er in seiner Gewichtsklasse mehr Gegner auf die Bretter geschickt als irgendein anderer Boxer.“
„Seth war Boxer?“ Sie kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
„Ja, sicher.“ Offenbar wunderte sich Dion darüber, dass sie das nicht gewusst hatte. „Er war nationaler Amateurchampion.“
Nie im Leben! Sein Körper war makellos. Und hatten nicht alle Boxer eine gebrochene Nase? Ungläubig schüttelte Lena den Kopf. Boxen war ja noch brutaler als Rugby!
Dann war er also tatsächlich ein Kämpfer. Kein Wunder, dass er so fit aussah. Aber sie hasste Kampfsport. Ein eiskalter Schauer rieselte ihr über den Rücken.
Unwillkürlich musste sie daran denken, wie sanft und zärtlich Seth mit ihr umgegangen war. Leidenschaftlich ja, aber auch unendlich zärtlich.
Dieser Widerspruch faszinierte und erregte sie. Alles an Seth faszinierte sie. Seine Vielschichtigkeit weckte ihre Neugier. Was
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