So heissbluetig kuesst nur einer
den Kopf. „Du bist wirklich unverbesserlich, unnachgiebig und ganz und gar unmöglich. Bitte gib auf.“
„Das ist nicht dein Ernst.“ Er stand jetzt direkt vor ihr.
Sofort prickelte es bei ihr am ganzen Körper. Seth war wirklich raffiniert. Es fiel ihr unglaublich schwer, standhaft zu bleiben.
„Ja“, flüsterte er und hielt ihren Blick fest.
Sagte er in ihrer beider Namen Ja?
Lenas Entschluss geriet ins Wanken. „Okay, ich gebe zu, dass ich dich anziehend finde. Aber es wäre klüger, fortzulaufen.“ Und sie war doch klug, oder?
„Obwohl du weißt, wie gut es zwischen uns wäre?“
„Zu viel des Guten ist ungesund, Seth.“
„Dann begnügen wir uns eben mit weniger.“
Gerade das fiel Lena ja so schwer bei ihm. Sie wusste, dass sie sich bis über beide Ohren in Seth verlieben würde, wenn sie jetzt nachgäbe.
„Sieh mich an!“, bat er leise und eindringlich. „Nur eine Sekunde lang.“
Seth hoffte, in ihren Augen zu lesen, was Lena dachte, blieb jedoch so ratlos wie zuvor.
„Ich möchte keine Affäre mit dir haben“, behauptete sie leise.
Er konnte und wollte ihr nichts vormachen. „Eine Heirat ist für mich völlig ausgeschlossen, Lena.“
Wütend funkelte sie ihn an. „Sehe ich vielleicht so aus, als würde ich schon das Kinderzimmer einrichten?“
„Nein. Ich würde dir trotzdem gern meine Gründe erklären.“
„Kommst du mir jetzt mit der Mitleidstour, um mich umzustimmen?“
Ihr plötzlicher Zynismus stimmte ihn nachdenklich. Offensichtlich hatte mal jemand versucht, ihr Mitleid zu erregen, und das war ihr gar nicht gut bekommen. „Nein, Lena. Ich möchte nur, dass du mich verstehst.“ Wenn er ihr seine Story erzählte, verriet sie ihm vielleicht ihre, und er würde den Grund für Lenas ablehnende Haltung erfahren und könnte ihre Zweifel zerstreuen. Schließlich wollte er doch nur ein wenig Spaß mit Lena haben. Insgeheim sehnte auch sie sich danach. Dessen war er sich ganz sicher.
„Die Scheidung meiner Eltern war so fürchterlich, dass ich mir geschworen habe, niemals zu heiraten.“
„Eine sehr praktische Ausrede für dich, keine Bindung einzugehen“, stellte Lena sarkastisch fest.
Seth verkniff sich ein ironisches Lachen. Sie hatte ja keine Ahnung! Viele Monate lang hatte seine Mutter mit allen Mitteln versucht, an der Ehe festzuhalten, obwohl ihr Mann sie ständig betrog. Und Seth hatte sich die größte Mühe gegeben, ein vorbildlicher Sohn zu sein.
„Wenigstens gab es keinen Streit ums Sorgerecht“, bemerkte Seth trocken. Sein Vater hatte seiner Familie nämlich einfach den Rücken gekehrt und sich nie wieder blicken lassen. Seine Mutter war am Boden zerstört gewesen, und er selbst konnte ihr nicht genug helfen. Das hatte ihn völlig fertiggemacht und hätte fast sein eigenes Leben zerstört. Es hatte ihn viel Zeit und Kraft gekostet, sich wieder zurückzukämpfen. Ganz allein hatte er das geschafft – ohne fremde Hilfe.
Energisch schob er die belastenden Gedanken fort und atmete tief durch. Wie nebenbei bemerkte er: „Aber natürlich habe auch ich eine böse Ex.“
„Logisch. Lass hören!“ Lena lächelte zuckersüß. „Ich kann es kaum erwarten“, fügte sie ironisch hinzu.
„Erstes Semester. Medizinstudium. Ich konnte bei dem Mädchen landen, auf das alle scharf waren.“
Kaum merklich kniff Lena die Augen zusammen. War sie vielleicht doch ein ganz klein wenig eifersüchtig?
„Doch dann fing ich mit dem Pizzaprojekt an. Ich hatte die T-Shirts für die Pizzafahrer entworfen. Schon bald wollte jeder so ein T-Shirt haben. Ich witterte meine Chance auf ein gutes Geschäft und brach das Studium ab. Meine Freundin hat mir vorgeworfen, ich wäre genauso ein Versager wie mein Vater. Der war tatsächlich ein Totalversager.“ Verbittert verzog Seth das Gesicht.
„Aber das hat dich erst recht angespornt, oder?“
Seth rang sich ein Lächeln ab. „Klar.“ Damals war ihm bewusst geworden, dass man an sich selbst glauben musste, wenn man Erfolg haben und glücklich sein wollte. Die Abhängigkeit von anderen Menschen brachte nur Kummer. Seine Mutter war dafür das beste Beispiel. Ihr Glück hing von Ehemann und Kindern ab. Doch ihr Mann hatte sie verlassen, und sie hatte nur ein Kind. Seth war ihr nicht genug gewesen. Bis heute war er nie für jemanden genug gewesen – auch nicht für seine Freundin. Sie war nur an seinem Status als bester Medizinstudent des Semesters interessiert gewesen.
„Zweifellos hat sie das bitter bereut, oder?“
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