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So heissbluetig kuesst nur einer

So heissbluetig kuesst nur einer

Titel: So heissbluetig kuesst nur einer
Autoren: Natalie Anderson
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Job angenommen, um uns beide irgendwie durchzubringen. Natürlich habe ich mitgeholfen, sobald ich alt genug war. Und jetzt besteht sie darauf zu arbeiten, obwohl sie es nicht nötig hätte.“
    „Wahrscheinlich legt sie Wert auf ihre Unabhängigkeit“, meinte Lena, die Seths Mutter insgeheim bewunderte. Fraglos hatte Seth seinen Kampfgeist von ihr geerbt. „Außerdem brauchen die meisten Menschen eine Aufgabe.“
    „Meinst du?“, fragte er skeptisch.
    „Sicher. Es hat etwas mit Würde zu tun, wenn man morgens aufsteht und sich auf den Weg zur Arbeit macht. Könntest du den ganzen Tag faulenzen?“
    Verneinend schüttelte er den Kopf.
    „Und wieso erwartest du das dann von deiner Mum?“
    „Weil sie sich lange genug abgerackert hat. Wenn sie unbedingt etwas tun will, dann kann sie für eine wohltätige Organisation tätig werden. Sie hat es nicht nötig, auf den Knien herumzurutschen. Ich konnte ihr nie …“ Seth verstummte abrupt.
    Lena horchte auf. „Was denn?“
    „Ich konnte ihr nie geben, was sie braucht.“
    Lena war gerührt, aber auch beunruhigt. Das lag doch schließlich nicht in seinem Verantwortungsbereich. Natürlich stellten Eltern gewisse Ansprüche an ihre Kinder und umgekehrt. Sie selbst konnte ein Lied davon singen. Wenigstens verteilte sich die Last in ihrer Familie auf die Schultern von drei Kindern. Aber Seth war als Einzelkind aufgewachsen, noch dazu bei einer alleinerziehenden Mutter.
    Weil sie spürte, wie frustriert und verletzt er war, legte Lena mitfühlend von hinten die Arme um seine Taille und schmiegte sich an ihn. „Vielleicht will sie dich nicht belasten, Seth. Die Scheidung war sicher schwer für sie. Vermutlich möchte deine Mum beweisen, dass sie ihr Leben auch allein meistern kann. Sie ist deine Mutter, und dir ist nichts so wichtig wie deine Unabhängigkeit.“
    Langsam wandte er sich um, erwiderte die Umarmung und rang sich ein Lächeln ab. „Ich möchte doch nur, dass sie glücklich ist.“
    „Ist sie das denn nicht?“, fragte Lena leise.
    „Sie behauptet immer, glücklich zu sein.“
    „Dann solltest du das akzeptieren und sie nicht ständig bedrängen“, riet Lena. „Jeder Mensch ist selbst für sein Glück verantwortlich. Niemand kann ihm diese Verantwortung völlig abnehmen. Es geht immer um das Zusammenspiel.“
    „Ach, Lena. Du bist so einfühlsam. Kein Wunder, dass die gesamte Rugbymannschaft ganz versessen darauf war, sich von dir einölen zu lassen.“
    Lena verdrehte nur die Augen und lächelte.
    Sie lümmelten sich aufs Sofa, genossen Kaffee und Toast und informierten sich auf dem iPad über das Neueste vom Tage. In vollen Zügen genoss Lena die entspannte Atmosphäre, in der sie sich über Gott und die Welt unterhielten, auch wenn sie das vermutlich später bereuen würde.
    Sie hatte ein T-Shirt von Seth übergestreift und beäugte abschätzig den Sandsack.
    „Kannst du Boxen wirklich nicht ausstehen?“, erkundigte Seth sich lachend.
    „Ich bin ein großer Fan der meisten Sportarten, aber Boxen gehört nicht dazu. Eigentlich ist das auch gar kein Sport, oder?“
    „Na ja.“ Er hob die Boxhandschuhe auf. „Warst du noch nie so wütend, dass du am liebsten auf etwas eingedroschen hättest?“
    Lena verzog das Gesicht. „Boxen soll bei Wutbewältigung helfen? Ich weiß nicht so recht. Wird gewaltbereiten Jugendlichen damit nicht eher beigebracht, wie sie ihre Mitmenschen verletzen können?“
    „Nein. Boxen lehrt Disziplin und Selbstbeherrschung und es fördert das Selbstbewusstsein.“
    „Das kann man auch mit Yoga erreichen.“
    Seth strich über den Sandsack. „Okay, man kann sich auch körperlich und mental dabei austoben. Es ist ein Zweikampf. Die ultimative Herausforderung. Nur du gegen deinen Gegner. Du bist also auf dich selbst gestellt, brauchst Selbstdisziplin und Selbstbewusstsein.“ Er hielt ihr die Handschuhe hin. „Versuch’s mal. Vielleicht macht es dir doch Spaß.“
    „Das glaube ich kaum.“
    „Ein Hieb gegen den Sandsack, Lena. Komm schon!“
    Widerstrebend zog sie die Boxhandschuhe an, die ihr viel zu groß waren, zielte und landete einen so harmlosen Hieb, dass der Sandsack nicht einmal ins Schwingen kam.
    Sie kicherte verlegen. „Siehst du, das ist wirklich nichts für mich.“
    Seth stellte sich hinter sie, um ihr zu zeigen, wie sie den Arm bewegen musste. „Konzentrier dich! Und noch mal!“
    Der zweite Versuch fiel noch kraftloser aus.
    „Okay.“ Er baute sich ihr gegenüber auf. „Dann versuch, mich zu
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