So hoch wie der Himmel
Aussicht leid? Dann packte man seine Koffer und suchte sich etwas anderes.
Genauso paßte es ihm in den Kram. Und auch sie kam problemlos damit zurecht.
Sie drehte sich um und schaute hinauf zu dem Haus, das in all seiner Stärke und Schönheit soliden Fels unter sich hatte. Auf die Türme und die farbenfrohen Dachziegel. Was man dort erlebte, vergaß man niemals. Kein Traum, den man dort hegte, verflog. Hier gedieh Liebe so frei und wild wie die verschlungenen Äste der Bougainvilleen.
Aber es gehörte anderen, nicht ihr. Ein eigenes Anwesen hatte sie noch nie besessen. Sie wandte sich wieder ab und blickte mit verschleierten Augen aufs Meer hinaus.
Was willst du, Margo? Wonach, liebe Seele, sehnst du dich?
Nach mehr. Von allem mehr.
»Wir haben uns gedacht, dass du hier bist«, rief Kate, ehe sie sich neben Margo fallen ließ. »Schöner Tag, um in die Ferne zu schauen.«
»Du mußt vollkommen erledigt sein.« Laura legte ihr die Hand auf die Schulter und sah sie an. »Aber der gestrige Abend war von Anfang bis Ende ein Erfolg!«
»Sie grübelt mal wieder.« Kate rollte die Augen himmelwärts. »Zweifelsohne ist sie nie zufrieden.«
»Ich liebe Josh.« Margo starrte reglos geradeaus, als spräche sie mit dem Wind und nicht mit ihren Freundinnen.
Kate dachte mit zusammengepreßten Lippen nach. Da sie Margo aufgrund ihrer getönten Gläser nicht in die Augen sehen konnte, nahm sie ihr die Brille einfach ab. »So wie Himbeereis?«
»Kate, wir sind keine Teenager mehr«, wies Laura sie zurecht.
»Trotzdem ist die Frage nicht unbedingt daneben. Und?«
»Ich liebe Josh«, wiederholte Margo nur. »Und er liebt mich. Am Ende schnappen wir noch vollkommen über.«
»Du meinst es ernst«, stellte Kate bedächtig fest und wandte sich Laura zu. »Sie meint es ernst.«
»Ich muß mich bewegen.« Margo stand eilig auf und balancierte am Rand der Klippen entlang. »Mit meiner ganzen Energie weiß ich nichts anzufangen. Und bin deswegen total nervös.«
»Was nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen ist«, erklärte Laura ihr.
»Du hast Peter doch auch geliebt, nicht wahr?«
Laura senkte den Kopf und konzentrierte sich beharrlich auf ihre Schritte. »Ja. Ja, das habe ich. Früher einmal.«
»Genau darum geht es mir. Du hast ihn geliebt, ihr habt ein gemeinsames Leben begonnen und dann ging alles kaputt. Hast du eine Vorstellung davon, wieviele Beziehungen ich in die Brüche gehen sah? So viele, dass ich sie gar nicht mehr zählen kann. Es scheint, als ob einfach nichts von Dauer ist.«
»Und meine Eltern?«
»Sind die leuchtende Ausnahme, die es von jeder Regel gibt.«
»Einen Augenblick. Moment mal!« Kate packte sie am Arm. »Denkt ihr beide etwa ans Heiraten?«
»Nein, du meine Güte, natürlich nicht. Keiner von uns ist der ›Bis-dass-der-Tod-uns-scheidet‹-Typ.« Margo sehnte sich nach Wasser, also begann sie die Klippen hinunterzuklettern.
»Willst du denn, dass er dir gefällt?«
Bei Kates Frage drehte sie sich ungeduldig und erbost herum. »So etwas kann man sich nicht raussuchen!«
»Natürlich kann man das.« Kate glaubte, dass Liebe oder überhaupt Gefühle stets kontrollierbar waren.«
»Liebe ist etwas anderes als ein Frühlingskostüm«, warf Laura ein, »das man anprobiert, um zu sehen, ob die Größe stimmt.«
Kate zuckte die Achseln und kletterte behende hinter Margo her. »Wenn es nicht paßt, hängt man es eben zurück an die Stange – ganz einfach! Also, Margo, meinst du, dass dir dieses Kostüm paßt oder nicht?«
»Es ist mir ein Rätsel. Auf alle Fälle habe ich es an.«
»Vielleicht wächst du ja noch hinein.« Oder, dachte Laura besorgt, wieder raus …
Es war ihr Ton, der Margo betroffen innehalten ließ. Er drückte Sorge und einen gewissen Zweifel aus. »Ich liebe ihn wirklich«, wiederholte sie. »Zwar weiß ich noch nicht genau, wie ich damit umgehen soll, aber ich liebe ihn. Es scheint, als könnten wir einfach nicht vernünftig darüber reden, er und ich. Natürlich macht ihm mein früheres Leben zu schaffen. Die Männer, mit denen ich zusammen war.«
»Was für ein Schwachsinn! Als hätte er während der letzten zehn Jahre in einem Kloster gesessen und die Heilige Schrift kopiert.« Kate straffte die Schultern und hielt die feministische Flagge hoch. »Selbst wenn du dich mit der gesamten Besatzung der fünften, sechsten und siebten Flotte amüsiert hättest, ginge ihn das nicht das geringste an. Eine Frau hat ebenso wie ein Mann das Recht, sich dämlich,
Weitere Kostenlose Bücher