So kam der Mensch auf den Hund
umklammerte und in irgendeinen geeigneten Körperteil biß – natürlich
nie ernstlich. Die Kleine schrie zwar, aber nur, weil es zum Spiel gehörte... Daß es sich übrigens bei der besprochenen Bewegungsweise
um eine Jagdmethode handelt, scheint mir auch daraus deutlich zu sein, daß ihr fast immer ein höchst realistisch gespieltes
Belauern und Anschleichen vorausgeht.
Die Aufgabe, fremdartigen Hausgenossen gegenüber den Jagdtrieb unter Hemmung zu setzen, fällt Hunden erfahrungsgemäß verschieden
schwer. Während es sehr einfach ist, |89| sogar ungemein jagdleidenschaftlichen Hunden das Töten von Vögeln abzugewöhnen, bietet es unerwartete Schwierigkeiten, sie
von manchen kleinen Säugetieren zurückzuhalten. Am stärksten scheint sie das Kaninchen zur Jagd zu verführen; in diesem Punkt
sind selbst katzenreine Hunde nicht verläßlich. Susi zeigt dagegen unbegreiflicherweise keinerlei Interesse an Goldhamstern,
während sie die im Zimmer freilaufende Wüstenspringmaus trotz wiederholten Verwarnungen eingestandenermaßen umbringen will.
Eine der größten Überraschungen erlebte ich vor vielen Jahren, als ich zu meinen damaligen scharfen Schäferhunden einen zahmen
Dachs heimbrachte. Ich hatte erwartet, daß dieses fremdartige, wilde Tier ein äußerst lockendes Objekt für alle bösen Jagdinstinkte
der Hunde sein würde. Im Gegenteil. Die Hunde berochen den ihnen furchtlos entgegentretenden und offensichtlich schon von
früher mit Hunden vertrauten Dachs zwar mißtrauischer und gespannter als einen anderen Hund, aber es war vom ersten Augenblick
aus allen ihren Ausdrucksbewegungen eindeutig klar, daß sie im Dachs kein jagdbares Wild, sondern einen etwas eigentümlichen
Artgenossen sahen. Wenige Stunden nach seiner Ankunft spielten sie mit ihm schon in hemmungsloser Intimität. Dabei war es
erheiternd zu beobachten, wie die Spielweise des dickfelligen Gesellen ein wenig zu grob für die dünnere Haut der Hunde war.
Immer wieder hörte man einen der Hunde schmerzlich aufheulen, weil der Dachs zu hart zufaßte. Dennoch wurde aus dem Kampfspiel
niemals Ernst, und die Hunde brachten den sozialen Hemmungen des Dachses vollstes Vertrauen entgegen: Sie ließen sich von
ihm auf den Rücken rollen, an der Kehle fassen und nach allen Regeln der Kunst »abwürgen«, genau so, wie sie selbst es einem
befreundeten Hunde gegenüber getan hätten.
Eigenartig war das Verhalten aller meiner Hunde zu Affen. Meine zahmen Halbaffen, vor allem den netten Mongozmaki (Lemur mongoz
L.) »Maxi«, mußte ich anfänglich durch strenge Befehle und Strafen vor den Hunden schützen. Auch später wurde er, wenigstens
im Freien, von den Hunden |90| ernstlich gejagt, was ihm aber nur Spaß machte. Auch lag die Schuld nicht ausschließlich auf seiten der Hunde, denn Maxi kannte
kein größeres Vergnügen als von hinten heranzuschleichen, einen Hund kräftig in den Hintern zu zwicken oder am Schwanz zu
zerren, dann eiligst auf einen Baum zu springen und nun aus sicherer Höhe seinen langen Schwanz gerade so tief herabbaumeln
zu lassen, daß er außerhalb der Reichweite des mit Recht empörten Hundes blieb.
Noch gespannter war Maxis Verhältnis zu den Katzen, vor allem zu unserer Pussy, der Mutter unzähliger Katzenkinder. Maxi war
nämlich eine alte Jungfer. Obwohl ich zweimal für sie einen Mann gekauft hatte, war es nicht gelungen, sie glücklich zu verheiraten:
Der eine erblindete, der andere fiel einem Unglück zum Opfer. So war Maxi kinderlos geblieben, und wie manche kinderlose Frau
neidete sie glücklichen Müttern ihren Familiensegen. Eine solche glückliche Mutter war Pussy regelmäßig zweimal jährlich.
Maxi brachte nun den jungen Katzen ein so leidenschaftliches Interesse entgegen, wie die unverheiratete Schwester meiner Mutter
meinen Kindern. Während aber meine Frau unsere Kinder der guten Tante Hedwig ohne Widerstand, ja häufig mit großer Dankbarkeit
für einige Zeit zur Pflege überließ, dachte Pussy ganz anders. Sie betrachtete die Makifrau mit äußerstem Mißtrauen, und diese
mußte mit größter Vorsicht verfahren, wollte sie sich ein Katzenkind verschaffen, um es »zu herzen und zu küssen«. Und doch
gelang es ihr immer wieder. So sorgfältig auch die Katze ihren Wurf versteckte und bewachte, Maxi fand das Nest und bemächtigte
sich einer kleinen Katze. Das geraubte Kind hielt sie, wie Makimütter tun, mit einem Hinterfuß gegen den Bauch gepreßt.
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