So muss die Welt enden
die zeigen sollten, wieviel Waffen die Sowjetunion hätte?«
»Diese Statistiken waren durch das Komitee zur Bekämpfung des Bösen aufgestellt worden.«
Aquinas ging zu einem Aktenstapel, kramte zwei Bücher mit Pappeinbänden heraus und klappte das auf, dessen Umschlag ein Titelbild mit einem Atompilz über Golgatha schmückte. »Auf Seite hundertdreiundvierzig von Gottes Megatonnen schreiben Sie: ›Das Nahen Harmageddons sollte kein Vorwand zur Furcht, sondern Grund zur Freude sein. Denn Harmageddon ist die Weise, wie Gott die Erde vom Bösen reinigt.‹ Ich frage mich, wieviel Christen diese Zeilen gelesen und unwillkürlich einen Atomkrieg herbeigewünscht haben.« Er schlug im zweiten Buch nach. »Und in Christen trotzen dem Erstschlag zitieren Sie Sophonias mit Kapitel eins, Vers fünfzehn und sechzehn: ›Ein Tag des Zornes ist jener Tag, ein Tag der Angst und Bedrängnis, ein Tag des Unwetters und der Verwüstung, ein Tag der Düsternis und Finsternis, ein Tag der Wolken und des Dunkels, ein Tag des Kriegshorns und des Kampfgeschreis gegen die befestigten Städte und hochragenden Zinnen.‹ Und Sie schreiben dazu: ›Klingt das nicht wie die Vernichtung der russischen Anti-Raketen-Raketensysteme durch einen amerikanischen Zweitschlag?‹«
»Ich hatte die Absicht, der Christenheit zu verdeutlichen, daß der Menschensohn, falls Amerika so klug wäre, der Abrüstungsfalle auszuweichen, unser Waffenarsenal nutzen könnte, um in Magog alle gewaltsam zu richten, die das kostenlose Geschenk des Heils von sich stoßen.«
»Das sollte durch Jesus geschehen?«
»Bei seiner ersten Menschwerdung kam er als Lamm, bei der Wiederkunft wird er ein Löwe sein.«
»Aha«, machte Aquinas, verdrehte in seinem wuchtigen Schädel die Augen. »Keine Fragen mehr.«
»Er kennt die Bibel, was?« meinte Wengernook.
»Mir hat immer die Bergpredigt gut gefallen«, sagte George. »Hiob hatte auch manche bemerkenswerte Sachen zu sagen.«
»Ich dachte«, sagte Henker, »Sie wären Unitarier.«
»Jesus war seiner Zeit voraus«, meinte Randstable.
*
Am folgenden Morgen rief Bonenfant um neun Uhr Wengernook ins Kreuzverhör.
»So, Kollegen, nun bin ich dran«, stellte der Staatssekretär des Verteidigungsministeriums fest und salutierte nervös vor seinen Mitangeklagten.
»Denken Sie daran, daß die Geschichte auf unserer Seite steht«, riet ihm Henker. »Unsere militärische Stärke hat die Russen vorsichtiger gemacht.«
»Geben Sie auf Aquinas’ linke Tricks acht«, warnte ihn Randstable.
Sobald er im Zeugenstand saß, holte Wengernook Zigaretten und Streichhölzer aus seiner ARES-Montur. Richterin Jefferson erteilte ihm die Erlaubnis zum Rauchen.
»Die Staatsanwaltschaft hat mehrere Dokumente mit von Ihnen verfaßten Texten vorgelegt«, sagte Bonenfant, »unter anderem eine Rede mit dem Titel ›Der sowjetische Plan für den nuklearen Sieg‹, die Sie in Massachusetts dem Ärzteverband vorgetragen haben. Hatte die Sowjetunion wirklich für den Sieg geplant?«
»Dafür gab es überwältigend deutliche Anzeichen«, gab Wengernook zur Antwort. Er entzündete ein Streichholz, bewegte es jedoch um etliche Zentimeter an der Zigarette vorbei. »Ihr Waffenarsenal eignete sich für einen längeren nuklearen Konflikt, und sie hatte ein umfangreiches Zivilschutzprogramm. Als ich meine Tätigkeit für die gegenwärtige Regierung aufnahm, hatten die Russen sich längst an die verabscheuungswürdige Vorstellung gewöhnt, über uns Sieger werden zu können.«
»Folglich mußte Amerika seine Abschreckungspolitik abändern?«
»Die Imperative Reziproke Radikal-Eliminierung war nicht nur eine unmoralische, sondern zudem eine veraltete Konzeption. Was wir brauchten, war eine Politik der Schadensbegrenzung und Streitkräftemodernisierung sowie ein Menü realistischer strategischer Optionen. Kurzum, den Übergang von IRRE zu HOPPEL.«
»Manchen Leuten hat es Sorge verursacht, daß durch HOPPEL eine wesentliche Erhöhung des Bestands an Sprengköpfen erforderlich wurde.«
»Während der Gültigkeit des IRRE-Konzepts genügte es… Ach, ich weiß nicht… Ein paar hundert Bomben hätten gereicht.« Endlich gelang es Wengernook, das entflammte Streichholz an die Zigarette zu halten. Er zündete den Filter an. »Aber wenn man sich Schadensbegrenzung zum Ziel setzt, ist ein viel größeres Raketenarsenal nötig.«
»Ihre Angaben zur ›Schadensbegrenzung‹ sind für mich nicht so recht nachvollziehbar«, sagte Richter
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