So muss die Welt enden
halte?«
»Ja.«
»Es sind Bekannte.«
»Gute Bekannte?«
»Wir spielen Poker. Pastor Sparren hat mich mal vor zwei durchgedrehten Leutnants gerettet. Von Dr. Randstable sind mir einige grundlegende Schach-Eröffnungen beigebracht worden. Generalmajor Tarmac war mir dabei behilflich, einen Fertilitätsforscher zu finden.«
»Sie mögen sie also?«
»Klar mag ich sie. Sie sind garantiert keine Kriegsverbrecher.«
»Und was halten Sie von ihrem Gedankengut?«
»Ihrem was?« fragte George höflich.
»Ihr Gedankengut.«
»Hätte ich in Washington die Politik zu machen gehabt, wäre ich wahrscheinlich nichts Besseres zu leisten fähig gewesen.«
Aquinas runzelte die Stirn. »Ich stelle Ihnen die Frage noch einmal. Was halten Sie vom Gedankengut Ihrer Mitangeklagten?«
George sah wieder die Schülerinnen und Schüler vor sich, wie sie fröhlich mit der Abschaffung der Atomwaffen loslegten. Platsch! verschwand die russische SS-90-Mittelstreckenrakete im glutheißen Magma des Mount Erebus. Unsere Sache steht gut, dachte er, meine Leidensgefährten haben sich glanzvoll gerechtfertigt, und nun verderbe ich ihnen alles. Aber ich bin hier vor Gericht. Ich habe mit der Hand auf der Bibel geschworen, die Wahrheit zu sprechen. »Dazu muß ich wohl sagen…«
Seine Därme drohten sich ineinander zu verschlingen. Overwhite wird kein Wort mehr mit mir reden. Randstable mir keine Schach-Eröffnungen mehr zeigen. Sparren aufhören, für mich zu beten. Henker mich nicht mehr leiden können…
»Ich glaube, ich muß sagen, meine Bekannten hatten ziemlich schlechte Vorstellungen.«
»Ziemlich schlechte?«
»Ja, schlechte. Untaugliche Vorstellungen. Echt schrecklich, um ehrlich zu sein.«
Man konnte Aquinas alle Neigung zu einem enormen Lächeln ansehen. »Was glauben Sie, aus welchem Grund Ihre Mitangeklagten soviel Zeit und Kräfte für so schlechte Ideen vergeudet haben?«
»Darauf ist schwer zu antworten.«
Der Staatsanwalt lächelte breiter. »Was vermuten Sie?«
»Tja – nun, ich würde vielleicht sagen, über so schreckliches Zeug nachzudenken, ist interessanter und spannender, als wenn man… Sie wissen schon.«
»Als was?«
»Sie wissen’s doch.«
»Als die Atomwaffen abzuschaffen?«
»Ja«, stöhnte George hervor.
Aquinas’ Lächeln erreichte seinen vollen Ausdruck. »Keine weiteren Fragen«, sagte er, klatschte den Abgabevertrag auf den Richtertisch.
Während Georges Abwesenheit war eine neue, äußerst bitterkalte Art von Frost zwischen die Panzerglaswände der Anklagebank gekrochen. »Ich habe aus Ihrer Aussage sehr viel Verständnis für uns gehört«, sagte Overwhite tonlos, als George sich wieder auf seinen Platz setzte.
»Ehrlich währt am längsten«, bemerkte Randstable ohne Erregung.
»Ich bin der Ansicht«, kritisierte Henker, »es war nicht nötig, von ›untauglichen Vorstellungen‹ zu sprechen.«
»Ja, damit hatte ich auch meine Schwierigkeiten«, sagte Overwhite.
»Ein Atomwaffenverbot ist schon an und für sich und als solches unpraktizierbar«, meinte Wengernook. »Seevogel hat es selber zugegeben.«
»Sie brauchen nicht dauernd darauf herumzuhacken«, schnauzte George.
Richterin Jefferson schob die Walbeinbrille auf die Nase und las kurz den ARES-Montur-Abgabevertrag durch. »Darf ich davon ausgehen«, fragte sie, »daß die Verteidigung mit dem Kreuzverhör fertig ist?«
»Unser letzter Zeuge wird den Zeugenstand morgen betreten«, gab Bonenfant zur Antwort.
Als der Verteidiger ihn finster anschaute, hatte George das Gefühl, als ob seine Schußwunde aufbräche.
*
Gestoßen in eine Eishölle, in der nichts als eine Glasmalerei seines ungeborenen Kinds George aufrechterhielt, zermartert durch den Eindruck, im Zeugenstand katastrophal versagt, belastet durch das Wissen, seine Leidensgefährten verraten zu haben, wurde ihm trotz allem auf einmal so froh zumute, wie es einem Menschen nur werden konnte. Denn jetzt schritt kühn, den Blick unbewegt geradeaus gerichtet, die künftige Mutter der Halbschwester Hollys durch den Gerichtssaal.
Georges Spermatiden tobten vor sehnsüchtigem Verlangen. Ganz flüchtig und kaum merklich lächelte Morning ihm zu; vielleicht hatte sie gar nicht gelächelt. Sie veränderte die Welt. Im Eispalast kam es George nun heller vor. Sämtliche Zuhörer, sogar die Alten mit ihren trostlosen Augen und gebeugten Schultern, schienen sich durch eine Schönheit auszuzeichnen, die George davor nicht bemerkt hatte.
»Na, sieh mal einer an«, sagte
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