So muss die Welt enden
nachmittags von dem mit Unkraut bewucherten Acker auf der anderen Seite der Hawthorne Street herüber. Sie saß auf dem Erdboden und hatte auf dem Schoß einen Korb mit Äpfeln. Laub hing an ihrer dunklen Kleidung; es schien, als wäre sie damit ausgestopft. Ihre schwachen, abgenutzten Zähne mußten sich in jeden Apfel mühselig hineinmümmeln. George fragte sich, weshalb sie sich für eine so anstrengende Mahlzeit entschieden haben mochte. Verfrüht zogen ein paar Verkleidete vorbei: eine Hexe, ein Teufel, eine Katze, ein venusischer Vorschüler, ein Dämon. Als die Frau den Kindern einen Apfel anbot, kreischten sie ausgelassen und flohen, lachten noch auf der ganzen Länge der Hawthorne Street. An der Ecke hörten sie auf zu lachen, aber nicht zu rennen, sie liefen sogar schneller als zuvor, schnauften und schwitzten, zitterten vor Grausen, flüchteten bis zur Blackberry Avenue und weiter.
*
Einblendung eines Manns an einem Schreibtisch. Er trägt einen Straßenanzug und wird flankiert von amerikanischen Fahnen. Während er spricht, zoomt die Kamera auf ihn zu, und ein Untertitel macht darauf aufmerksam, daß er Robert Wengernook heißt und für internationale Sicherheitsangelegenheiten zuständiger Staatssekretär des Verteidigungsministeriums ist.
WENGERNOOK: Als einer der mit der Durchführung der Verteidigungsstrategie Amerikas beauftragten Staatsbeamten weiß ich, wie unsere Sicherheit gewährleistet werden kann. Wir müssen den Russen verdeutlichen, daß ihre abscheulichen Pläne, aus einem nuklearen Krieg als Sieger hervorzugehen, niemals Erfolg haben können. Der Schlüssel zu unserer Sicherheit ist die Abschreckung. Der Schlüssel zur Abschreckung ist der Zivilschutz. Und der Schlüssel zu unserem Zivilschutz ist ein technisches Produkt eines Unternehmens mit Namen Eschatologisches Institut. Wenn Sie den ARES-Schutzanzug des Eschatologischen Instituts schon gekauft haben, dann tragen Sie ihn. Wenn nicht – glauben Sie nicht, daß Sie sich und der Zukunft Ihres Heimatlandes diese Anschaffung schuldig sind? Denken Sie daran, daß jede Abschreckung nur soviel taugt wie die Menschen, die sich durch sie schützen.
Ausblendung.
Im Regieraum des Studios Ohne Grenzen GmbH blies Phil Murcheson vom Eschatologischen Institut Zigarettenqualm in Robert Wengernooks auf die Bildschirme projiziertes Konterfei.
»Er wirkt nervös«, sagte Murcheson, als der Vorspann des Dreißig-Sekunden-Spots sich aus dem Filmkanal schob und um die Aufwickelspule zu flattern anfing.
»Ausdrucksstark, dachten wir.« Dave Valentine, Mitarbeiter der Kreativabteilung der Ohne Grenzen GmbH, schaltete den Projektor ab. »Auf uns hat er ausdrucksstark gewirkt.«
»Nervös.«
»Er hatte wohl Schmacht nach ’ner Zigarette«, sagte Valentine.
»Sie werden einen großen Unterschied feststellen, wenn es auf Video überspielt worden ist«, sagte Lou Marquand, sein Assistent in Kreativitätsfragen. »Wissen Sie, beim Film wird mit Hochauflösung gearbeitet. Das ist für ihn ein ungeeignetes Verfahren. Wengernook braucht eindeutig grobkörnige Ikonografie.«
»Nervös wie ein Wibbelsterz«, sagte Murcheson. »Das ist kein Mann, von dem ich mich in eine Schlacht führen ließe, und unsere Kunden werden ihn auch nicht mögen.«
»Es ist mir außerordentlich peinlich, daß wir Sie nicht zufriedengestellt haben, Mister Murcheson«, beteuerte Valentine. »Ich kann Ihnen gar nicht beschreiben, was ich im Moment mitmache.«
Murcheson entzündete sich eine neue Pall Mall. »Sehen Sie, was Sie fabriziert haben, ist gut für die Sechs-Uhr-Nachrichten, die Guten-Morgen-Amerika- Sendung und die Sonntagmorgen-Fernseh-Evangelisten. Kein Problem. Aber diesem Land steht in einigen Monaten ein Freundschaftsspiel im Super-Bowl-Großstadion bevor. Was Sie mir gezeigt haben, ist kein entsprechender Supertyp, Mister Valentine.«
Valentine fing an auf- und abzuwippen. »Warten Sie mal, Mister Murcheson…! Bei mir ist gerade kreative Empfängnis. Warten Sie. Da ist das Ei… Da kommt der Samenfaden… Volltreffer! Befruchtung! Das wird Ihnen gefallen. Es ist aktionsreich, mit einem mittelalterlichen Ritter und Geschlechter-Rollentausch.«
»Der Ritter spricht mich an. Aber Geschlechter-Rollentausch?«
»Darin sind wir Spitze. Fünfundachtzig Prozent der männlichen Zuschauer mögen Geschlechter-Rollentausch, solange der Bedrohlichkeitsfaktor auf niedriger Schwelle bleibt.«
»Na gut. Aber das Leben ist kurz. Muß ich Sie erst noch daran erinnern? Denken
Weitere Kostenlose Bücher