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So muss die Welt enden

So muss die Welt enden

Titel: So muss die Welt enden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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Grenadier an diese oder jene für Abenteuerchen anfällige Hausfrau heranmachte und sie dazu verleitete, ihn ins Wildgrover Motel zu begleiten.
    »Justine hat ihren Arbeitsplatz verloren«, sagte George. »Sie will künftig Schauspielunterricht nehmen. Wir können uns die Montur nicht mehr leisten.«
    »Erzähl das mal den Russkis«, sagte der ARES-Monturen-Händler.
    »Wahrscheinlich gibt’s ja gar keinen Krieg«, mutmaßte George.
    *
    Im Laufe seines ganzen Daseins hatte George kein vollkommeneres Vergnügen kennengelernt, als er es erlebte, wenn er seiner Tochter etwas vorlas. Speisen gingen über Wohlgeschmack und Sättigung nicht hinaus, Geschlechtsverkehr erbrachte keine intellektuelle Bereicherung, aber Hollys Schlafenszeit bescherte ihm Erfüllung. Erstens verband sich damit das schiere körperliche Wohlbehagen, sich in Decken zu hüllen. Zweitens traten dabei Hollys nettere Seiten hervor, die Quengelig- und Biestigkeit, mit der Vierjährige ihre Eltern gerne nervten, rückte dagegen in den Hintergrund. Und regelmäßig las er aus kernigen, reizvollen Büchern vor, der Sorte Texte, wie ein Werbefachmann sie aufgrund einer Anwandlung von Gewissensbissen schreiben mochte.
    Vater und Tochter kauerten zusammen, legten sich Hollys Auswahl des heutigen Abends zurecht – eine ausnahmsweise schlechte Wahl, eine geistlose Publikation mit dem Titel Carrie von Cape Cod. Ein Kätzchen tollte durch die Bettzeuglandschaft. Hollys Plüschtier-Menagerie ging ihren lautlosen Gewohnheiten nach. George fing zu lesen an: Vor dem Haus wühlten schroffe Böen den See auf, krönten ihn mit Gischtkämmen, peitschten Brandung ans Ufer. Kanadische Gänse flatterten herab, krächzten laut.
    Carrie von Cap Code schleppte sich beträchtlich öde dahin. Gegen Ende des Sommers sah Carrie, wie eine Seemöwe eine Muschel aufhob und auf einen Felsen warf. Die Muschel zerbrach, und der Vogel fraß ihr Inneres.
    »Woher weiß die Seemöwe«, fragte Holly, »daß die Muschel tot ist?«
    Ich muß ihr eine ARES-Montur besorgen, dachte George. Ich werde Frostigs Lieferwagen knacken und ihr eine stibitzen.
    »Ich weiß«, rief Holly. Sommersprossen sprenkelten ihr Gesicht. Ihre Haut schien von innen her zu leuchten. »Wenn die Muschel lebt, macht sie die Augen auf, dann sieht die Möwe, daß sie sie nicht essen darf.«
    »Jawohl«, sagte George. »Genauso ist es.«
    Einen Moment lang überlegte Holly. »Aber wie kriegt die Muschel ’ne neue Schale, Papi?«
    Hätte George einen Wunsch frei gehabt, er hätte die Welt danach umgestaltet, wie Holly sie sah. Dies Utopia bestünde hauptsächlich aus niedlichen Enten, glücklichen Ponys und Seemöwen, die lebende Muscheln schonten. »Ich weiß nicht, wie die Muschel eine neue Schale bekommt«, sagte George. Vielleicht zieht sie statt dessen eine ARES-Montur an, dachte er.
    Auf dem Höhepunkt des Buchs spazierte Carries nächtlings am Strand entlang, schaute zum Himmel hinauf und sah sich Sternbilder an. Eines davon hieß Großer Wagen. »Warum heißt es so?« fragte Holly.
    »Weil es wie ein Wagen aussieht.« George achtete im Umgang mit Holly stets darauf, in vollständigen, grammatisch korrekten Sätzen zu sprechen. »Weißt du, was ein Wagen ist?«
    »Was ist ’n Wagen?«
    Sofort flitzte George in die Küche. Er kehrte mit einem Kasseröllchen zurück, das mehr oder weniger Ähnlichkeit mit einem antiken griechischen Streitwagen hatte. Er vermutete, daß man es zum Butterschmelzen verwendete.
    »Ich möchte den Großen Wagen auch mal sehen«, sagte Holly.
    »Eines Nachts werden wir hinausgehen und am Himmel danach suchen.«
    »Papi, ich muß dir was Wichtiges sagen. Es ist echt wichtig. Könnten wir nicht jetzt rausgehen und danach gucken?«
    »Du hast keine Schuhe an.«
    »Kannst du mich nicht tragen?«
    George dachte ernsthaft darüber nach. »Heute abend ist es ziemlich bewölkt. Ich glaube, momentan gibt es nichts zu sehen.«
    »Wir können’s doch probieren. Bitte.«
    »Nein, Schätzchen, es ist schon spät«, antwortete George, löste sich aus dem Klammergriff ihrer kleinen Finger. »Wir schauen an einem anderen Abend nach. Ich erzähle dir lieber eine Geschichte.«
    »Prima.«
    Den Anfang machte er mit der Grille und der Ameise, merkte jedoch plötzlich, daß ihm der Schluß mißfiel, also improvisierte er und ersann für die Handlung ein tolpatschiges Häschen, das sich vor allem anderen wünschte, das Fahrradfahren zu lernen. Das Häschen mühte sich unaufhörlich ab, aber kippte immer

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