So nah bei dir und doch so fern
sein, doch nachdem ich es selbst durchgemacht und am Ende viele Fähigkeiten zurückgewonnen habe, möchte ich meine sauer verdienten Erkenntnisse mit anderen teilen.
Kein Patient ist mit dem nächsten identisch. Ich habe immer darauf hingewiesen, dass jeder als Individuum zu betrachten ist, und wenn auch nur der kleinste meiner Ratschläge hilft, irgendjemandem, der irgendwo auf der Welt mit Locked-in-Syndrom auf einer Intensivstation liegt, Hoffnung und Ermutigung zu geben, den Kampf fortzusetzen, dann sind meine zwölf Monate auf dem Weg zur Genesung nicht umsonst gewesen.
Dies sind die Dinge, die bei mir und meiner Familie erfolgreich waren:
• Positiv denken . Das kann schwerfallen, solange um einen herum jeder negativ eingestellt ist, aber man muss an sich selbst und seine eigene Willenskraft glauben. Wenn einem das Leben beschissen erscheint, sollte man an etwas denken, das einem Mut macht. Für mich waren dies das Rocky -Lied und das Bild von Rocky auf den Stufen zum Museum, die ich immer im Hinterkopf behielt, wenn ich Motivation brauchte.
• Sich selbst Ziele setzen . Ganz egal, wie klein oder signifikant sie sind. Mein Fernziel lautete, wieder laufen und sprechen zu können, doch der Weg dorthin war weit. Einfachere Vorgaben, wie sitzen, schlucken, einen Stift halten oder einen Computer benutzen zu können, waren positive Einzelschritte auf meinem Genesungsweg.
• Mit der Kommunikationstafel beharrlich weitermachen . Die Kommunikationstafel ist unentbehrlich, wenn man eingeschlossen ist, sie kann aber auch frustrierend sein. Geben Sie Zeichen, wie Sie das Blinzel-System nutzen wollen, und sorgen Sie dafür, dass sich alle daran halten, schließlich gibt es kaum etwas Schlimmeres, als wenn der Patient ein »Nein« geblinzelt hat, und die Pflegeperson denkt, er meinte »Ja«. Auf die Kommunikationstafel gehören vorgefertigte Schlüsselworte, um die Verständigung zu beschleunigen, aber sagen Sie nicht schon vorher, was der Patient vermutlich zu äußern versucht; das ist nämlich verflucht enervierend.
• Passen Sie auf, worüber Sie reden . Wenn jemand am Locked-in-Syndrom leidet, kann die Konversation schwierig sein, versuchen Sie deshalb, sich in diese Person hineinzudenken. Wird der Blick trübe, wenn Sie über irgendetwas Bestimmtes reden? Wenn ja, dann gehen Sie schnell zu einem anderen Gesprächsthema über. Für mich war es zu Beginn am schlimmsten, wenn ich mir etwas über meine Kinder anhören musste und was sie ohne mich machten. Die Verlust- oder Trennungsangst brachte mich aus der Fassung und ließ mich Tränen vergießen. Ich wollte nur wissen, dass es ihnen gut ging, sonst nichts. Andere Menschen stimmt es vielleicht tieftraurig, sich etwas über ihre Haustiere oder die Arbeit anhören zu müssen.
• Nehmen Sie jede sich bietende Hilfe an, wenn möglich mehr . Die funktionelle Elektrostimulation ( FES ) ist lebenswichtig und absolut erforderlich, um unwillkürliche Bewegungen zu verursachen, sodass das Gehirn neue Nervenbahnen öffnet. Es mag sich so anfühlen, als bekäme man einen Stromschlag, aber verwenden Sie sie trotzdem. Der Kipptisch ist abstoßend und unbequem, unterziehen Sie sich dennoch der Prozedur. Sie hilft Ihren Gelenken, das Gewicht Ihres Körpers tragen zu lernen, als Vorbereitung, alleine stehen zu können. Tragen Sie Bein- und Handschienen, sie sind unangenehm und jucken teuflisch, aber wenn Sie jemals wieder gehen oder Ihre Hände gebrauchen wollen, sind sie erforderlich, um Krallenfüße oder verkürzte Fingersehnen zu verhindern.
• Bringen Sie Ihren Körper dazu, sich zu bewegen . Ich starrte ständig auf meine Gliedmaße und konzentrierte mich darauf, neue Nervenbahnen zu entwickeln. Das waren Wochen harter Arbeit, doch ich dachte dabei jeden Tag an diesen Hau-den-Lukas-Kraftmesser auf dem Jahrmarkt und stellte mir vor, ich würde den Hammer auf den Knopf donnern. Der Knopf war dabei das Signal des Gehirns, das an meinen Nerven entlangraste, um den Summer in der Mitte zu treffen. Mit jedem Tag wurden die Nerven etwas länger, bis – bingo! – der Summer endlich klingelte und meine Hand sich bewegte.
• Üben Sie jeden Tag . Vergessen Sie nicht, das Durchhaltevermögen zählt! Die Tage im Krankenhaus sind lang, wenn man nichts zu tun hat, trainieren Sie deshalb, wenn Sie alleine sind, und bringen Sie Ihre Besucher dazu, Ihnen bei den Übungen zu helfen.
• Halten Sie sich an etwas, auf das Sie sich freuen . Egal ob es nun die Besuchszeiten sind, die
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