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So nicht, Europa!

Titel: So nicht, Europa! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Bittner
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handelsfreundlichen Haltung in Russland und China nahm die EU
     eine Mittelstellung ein. Ihre drei Verhandlungsmächte Frankreich, Großbritannien und Deutschland waren lange in der Frage
     gespalten, wie viel Druck auf Iran sich mit den eigenen Interessen verträgt. Frankreich und Großbritannien konnten sich, nach
     dem Vorbild der Vereinigten Staaten, EU-eigene Sanktionen vorstellen. »Wir dürfen keine Angst haben, Diplomatie mit Zähnen
     zu betreiben«, gab der britische Außenminister David Miliband Ende 2007 als Devise aus. 78 Die damals gerade neu gewählte französische Regierung zeigte sich ebenfalls energisch. Präsident Nicolas Sarkozy kündigte
     an, notfalls mit einer europäischen Koalition der Willigen weitere Reisebeschränkungen auszurufen und Konten iranischer Politiker
     einzufrieren, falls die EU sich nicht zu gemeinsamen Sanktionen entschließe.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel erteilte solchen Plänen eine Absage. Deutschland wollte keine Alleingänge, sondern ein gemeinsames
     Vorgehen nach den Sanktionsregeln der Vereinten Nationen, gab sie immer wieder zu verstehen. Das ist insofern verständlich,
     als EU-eigene Sanktionen überdurchschnittlich stark die deutsche Exportwirtschaft treffen würden. Die Bundesrepublik ist seit
     vielen Jahrzehnten einer der stärksten Handelspartner Irans. Das Exportvolumen Richtung Iran betrug 2008 rund vier Milliarden
     Euro, mehr als mit China. Allein Siemens verkaufte jedes Jahr Maschinenanlagen und Elektrogüter im Wert von etwa 500   Millionen Euro nach Iran. Erst als Presseberichte 2009 enthüllten, dass Siemens zusammen mit dem finnischen Mobiltelefonhersteller
     Nokia Überwachungssysteme an die Teheraner Regierung geliefert hatte, die dazu dienten, Telefongespräche und E-Mails von Dissidenten anzuzapfen, sah sich die Konzernleitung Anfang 2010 gezwungen, alle Geschäftsbeziehungen in das Land als
     beendet zu erklären. Doch Branchenkenner sind skeptisch gegenüber solchen Versicherungen. Über Drittstaaten und Trittbrettfirmen
     könnten deutsche Unternehmen weiterhin so viel exportieren, wie sie wollten. Entsprechende Dienstleister in Russland oder
     Dubai bieten ihren deutschen Partnern solche Umgehungsgeschäfte ganz offen an. 79
    Was hingegen Frankreich betrifft, so würde eine Isolierung Irans seine Außenhandelsbilanz weniger in Mitleidenschaft ziehen
     als die deutsche. Die Grande Nation ist aufgrund ihrer Kolonialvergangenheitwirtschaftlich enger mit den arabischen Staaten und dem Maghreb verflochten als mit Persien. Im Sommer 2007 unterschrieb,
     sehr zum Ärger deutscher Politiker, die Pariser Regierung einen ebenso lukrativen wie ungenierten Vertrag mit dem libyschen
     Diktator Muhammar Gaddafi. Die französische Firma Areva wird dem Wüstenstaat ein komplettes Kernkraftwerk liefern. Der Deal
     war mit keinem E U-Partner abgestimmt.
    Ein deutscher Diplomat in Brüssel rechtfertigte Ende 2007 den deutschen Widerstand gegen eigenständige E U-Sanktionen gegen Iran mit dem Argument, ein geschlossenes Vorgehen der Sechsergruppe sei die erfolgversprechendste Methode, die Teheraner
     Regierung zum Einlenken zu bewegen. »Es hinterlässt seine Wirkung gegenüber Iran, wenn er merkt, dass nicht nur der Westen
     ihn als Paria betrachtet, sondern auch Unverbündete wie Russland und China.« Eine militärische Option, wie sie auch der neue
     U S-Prä sident Barack Obama nicht ausschließen will, sei für die EU völlig ausgeschlossen. »Es ist schlechterdings nicht denkbar, dass die
     27 einem Schlag gegen Iran zustimmen.«
     
    Muss es wundern, dass angesichts der Uneinigkeit in den eigenen Reihen die »Hohen Vertreter« der Brüsseler Außenpolitik keine
     einheitliche europäische Position verkünden können? Auf die Frage eines Journalisten während eines E U-Außenministertreffens in Stockholm im September 2009, ob denn die EU nach der brutalen Niederschlagung der oppositionellen Proteste in Teheran
     und der anhaltenden Hartnäckigkeit Ahmadinedschads im Nuklearstreit bereit sei, zusammen mit den USA auch ohne die UN eine
     härtere Gangart einzuschlagen, antwortete der damalige E U-Außenbeauf tragte Javier Solana leise und freundlich: »Wir müssen erst einmal abwarten, was die Gespräche der Sechsergruppe bringen.« Sie brachten
     – wieder einmal – nichts.
    Sollte es noch Europäer gegeben haben, die daran zweifelten, dass die Gespräche über all die Jahre allein der Strategie der
     iranischen Regierungen in die Hände spielten, Zeit

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