So nicht, Europa!
sind. Um ihn zu gewinnen, muss Uran in aufwendigen
Verfahren zunächst in Gas verwandelt werden. In diesem Aggregatzustand können mithilfe von Zentrifugen spaltbare und nichtspaltbare
Isotope voneinander getrennt werden. Zur Stromerzeugung in Atommeilern reicht es aus, den U23 5-Anteil im Brennstoff auf 4 Prozent anzureichern. 20 Prozent Anreicherung werden benötigt, um Radionuklide für medizinische Zwecke herzustellen, etwa zur Krebstherapie. Um einen
Atomsprengkopf zu bauen, ist eine Konzentration von mindestens 80 Prozent notwendig. Die Etappen zu diesen Anreicherungsschritten werden einfacher, je höher die Konzentration steigt. Um Uran
mit 20 Prozent U23 5-Anteil zu produzieren, ist wesentlich mehr Energie und Aufwand erforderlich, als von dieser Marke aus die Anreicherung auf 80 Prozent zu steigern. Das Washingtoner Institute for Science and International Security (ISIS) schätzt, dass 500 bis 1000 Zentrifugen etwa sechs Monate lang laufen müssten, um 2 0-prozentiges Uran 235 in atombombenfähiges Material anzureichern. Laut Zählung der Vereinten Nationen besaß Iran im Jahr 2009 mehr als
8600 Zentrifugen. 70
Hunderttausende treue Anhänger ließ der Diktator von Teheran am 11. Februar 2010 aufmarschieren. Es war der 31. Jahrestag der islamischen Revolution. Auf dem Freiheitsplatz der Hauptstadt hatte Mahmud Ahmadinedschad eine große Botschaft
zu verkünden. »Durch Gottes Gnade«, erklärte er, »wurde eine ersteLadung von Uran, das auf 20 Prozent angereichert wurde, hergestellt und den Wissenschaftlern übergeben.« Iran sei ab sofort ein »Atomstaat«. Ohrenbetäubender
Jubel brandete auf im bestellten Publikum. Einige der Claqueure hielten Schilder in die Höhe mit der Aufschrift »Nieder mit
Israel!« Unweit der offiziellen Feierlichkeiten, dort, wo es Oppositionelle schafften, gegen die illegitime Regierung zu demonstrieren,
fielen Schüsse, waberte Tränengas über die Straßen. Doch den iranischen Präsidenten fochten in seinem Triumph keine Störungen
an, weder aus dem In- noch aus dem Ausland.
Acht Jahre lang hat die internationale Gemeinschaft versucht zu verhindern, dass es so weit kommt, wie Ahmadinedschad am Februar
2010 verkündete: dass die Großmannssucht der iranischen Führer ein nukleares Wettrüsten im Mittleren Osten auslösen könnte.
Im Jahr 2002 stellte sich heraus, dass Iran fast zwei Jahrzehnte lang an einem geheim gehaltenen Atomprogramm gearbeitet hatte.
Prinzipiell ist die friedliche Nutzung der Kernenergie jedem Land der Welt gestattet, auch Iran. Das Völkerrecht verlangt
allerdings, dass sich Nuklearaspiranten beim Aufbau und Betrieb entsprechender Anlagen von einer eigens geschaffenen Aufsichtsbehörde
der Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) in Wien, überwachen lassen.
Dieser Verpflichtung zur Transparenz ist die iranische Regierung nie ausreichend nachgekommen. Immer wieder hat sie Inspektoren
der IAEA des Landes verwiesen und Informationen über ihr Atomprogramm vorenthalten. Erst Ende 2009 wurde bekannt, dass Iran
neben einer Anreicherungsanlage in Natans einen zweiten derartigen Komplex in Fordo nahe Ghom aufgebaut hatte. Präsident Ahmadinedschad
behauptet, die islamische Republik brauche diese Anlagen, um einen Forschungsreaktor in Teheran mit angereichertem Uran bestücken
zu können. Dort würden radioaktive Isotope für die Medizin gewonnen. Doch für Heilungszwecke sind die iranischen Kapazitäten
vollkommen überdimensioniert. Außerdem: Wenn all die Anlagen allein friedlichen Zwecken dienen, was sollte dann all die Jahre
lang die Geheimniskrämerei und Verschleierung?
Das Albtraumszenario, das Sicherheitsexperten infolge eines iranischen Nukleararsenals fürchten, ist das einer atomaren Rüstungsspirale.
Das wahhabitische Saudi-Arabien dürfte nicht tatenlos zusehen, wie der schiitische Iran zum militärischen Hegemonin der Region aufsteigt. »Saudi-Arabiens lange Verbundenheit mit Pakistan legen nahe, dass Riad auf einen nuklearen Iran recht
kurzfristig reagieren könnte, und zwar eher durch den Ankauf von Atomraketen als durch die Entwicklung eigener Systeme«, glaubt
Michael Rühle vom politischen Planungsreferat der Nato in Brüssel. Ähnliches könnte für Ägypten gelten. »Sollte sich der Mittlere
Osten nuklearisieren«, warnt Rühle, »wäre Europa mit einer Nachbarregion konfrontiert, in der jeder konventionelle Konflikt
das Risiko
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