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So schoen Tot

So schoen Tot

Titel: So schoen Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke , Sandra Luepkes
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nur noch den breiten Rücken des Muskelmannes. Ein Blick in den Spiegel machte ihm klar, dass seine Armmuskeln noch lange nicht dessen Format besaßen.
    ***
    Als Rolf Bock zwei Tage später wieder ins Studio trainieren ging, war der Muskelmann nicht dort. Als er aber zwei Stunden später wieder zu Hause eintraf, war eine der kleinen Glasscheiben in seiner Haustür kaputt.
    Er fragte seine Nachbarn rechts und links. Keiner hatteetwas gesehen. »Sie sollten sich besser schützen«, riet ihm die ältere Dame vom Nachbarhaus rechts. »Die jungen Leute heute, schlimm! Keine Erziehung, keinen Anstand mehr. Früher haben die mir oft den Vorgarten zertrampelt. Vor ein paar Wochen war sogar mein Briefkasten plötzlich weg! Aber seit ich meinen Beitrag an
Die Beobachter
zahle   – nichts mehr!«
    Rolf Bock bedankte sich für den Rat. Zähneknirschend.
     
    ***
    Zwei weitere Tage später hatte sein Regenrohr zwei Dellen und einen tiefen Riss. Und abermals nach zwei Tagen hatte ihm jemand drei Zaunlatten kaputt getreten.
    Rolf Bock wechselte seinen Trainingsrhythmus, ließ einen Studiotermin aus und legte sich stattdessen auf die Lauer, blieb fast die ganze Nacht lang wach. Nichts passierte. Am nächsten Vormittag ging er sich wieder schinden: Armcurler, Brustpresse, Hackenschmidt und das Ding für die hintere Beinmuskulatur, das er bei sich nur
Muli-Trainer
nannte, weil die Bewegung stark an das Ausschlagen eines störrischen Huftieres erinnerte. Todmüde kam er nach Hause zurück.
    Sein Haus sah aus wie gescheckt. Jemand hatte es mit Farbbeuteln beworfen.
    Die Sporttasche entglitt Rolf Bocks schweißfeuchten Fingern. Seine Kiefermuskeln verkrampften sich. Jetzt, dachte er, jetzt war es genug. Vielmehr: Jetzt war es zu viel!
    Schnurstracks fuhr er zur Polizeiinspektion in der Georgstraße. »Anzeige wegen Sachbeschädigung?« Ein stämmiger Beamter mit weißblonden, kurzen Haaren, der sich als Hauptkommissar Stahnke vorstellte, nahm sich seiner freundlich und gewissenhaft, aber ohne übermäßige Eile oder gar Aufregung an. »Es passiert ja so viel heutzutage.Die Eltern haben ihren jugendlichen Nachwuchs einfach nicht mehr im Griff.«
    »Was heißt hier Jugendliche? Woher wollen Sie das wissen?« Rolf Bock wollte gerade seinen eigenen Verdacht, ach was, seine Überzeugung äußern, da kam ihm ein Gedanke. Und er überlegte es sich anders.
    »Haben Sie denn einen konkreten Verdacht?«, fragte der Kriminalbeamte und musterte ihn kritisch aus wasserblauen Augen.
    Rolf Bock schüttelte den Kopf.
    »Also Anzeige gegen Unbekannt.«
    Als Rolf Bock wieder vor seinem Haus stand und sich die farbige Schweinerei betrachtete, quietschten hinter ihm Fahrradbremsen. Ganz langsam drehte er sich um. Wie nicht anders zu erwarten, stand dort der Muskelmann, Gesäß im Sattel, einen Fuß auf der Pedale, einen auf dem Bordstein, Hemd und Hose tadellos gebügelt, und reichte ihm grinsend einen seiner Prospekte.
    Rolf Bock nahm ihn kommentarlos an.
    ***
    Das Geschäftshaus an der Hauptstraße sah neu aus, groß und ein wenig angeberisch. Rolf Bock vergewisserte sich mit einem Blick auf das Werbeblatt: Ja, die Adresse stimmte. Allerdings wurde der größte Teil des Gebäudes von einer Inkassofirma genutzt.
Die Beobachter
hatten hier nur einen Briefkasten, ein Klingelschild und ein verschlossenes Büro.
    Rolf Bock ging zurück zu seinem Wagen, fuhr ein paar Meter weiter, parkte möglichst unauffällig und wartete. Die Zeit zog sich hin, Hunger und Durst begannen ihn zu quälen, und die Blase drückte. Dann aber erschien tatsächlich der Muskelmann. Er stellte sein Fahrrad ab, leerte den
Beobachter
-Briefkasten, schloss sein Büro auf und verschwanddarin. Keine zehn Minuten später kam er wieder heraus, schloss hinter sich ab, schwang sich auf sein Rad und sauste davon, die viel befahrene Hauptstraße in einem ebenso riskanten wie eleganten Bogen schneidend. Das Büro der
Beobachter
lag wieder ebenso ruhig und verlassen da wie zuvor.
    Rolf Bock startete seinen Motor, fuhr zu einer nahe gelegenen Dönerschmiede, erleichterte und versorgte sich und nahm wenige Minuten später seinen Beobachterposten wieder ein. Nach weiteren drei Stunden hatte er genug gesehen und machte sich auf den Heimweg.
    Sein Haus sah immer noch schrecklich aus, außerdem stand jetzt auch noch die Garage sperrangelweit auf. Mitten in der Toröffnung lag eine tote Ratte.
    Rolf Bock gab keinen Ton von sich. Er holte einen Müllsack und ein paar Einweghandschuhe und entsorgte das

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