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So schoen Tot

So schoen Tot

Titel: So schoen Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke , Sandra Luepkes
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Adrenalin brandet über mich hinweg. Wo bleibt denn der Kerl? Zieht er sich etwa heimlich im Nachbarraum die erste Fluppe rein? Bedeutet Moxa-Therapie etwa, dass der Therapeut bekifft und somit leistungsfähiger ist? Meine Knie quietschen bereits beim Zittern.
    »Entschuldigung«, sagt Kent und tritt mir erstaunlich clean wirkend entgegen, »es hat etwas gedauert. Aber ich habe gehört, was Sie gesagt haben.« Er kneift die Augen zusammen, und seine buschigen Brauen formen sich zu einem mafiösen Balken. Mist. Offenbar steht und fällt der Entspannungserfolg doch mit dieser blöden Zigarre. Undich soll sie rauchen. Mir wird jetzt schon schwindelig, und das, obwohl der Zeitpunkt für eine Ohnmacht denkbar ungünstig ist.
    »Sie haben wohl noch nicht oft Wellnessurlaub gemacht, Herr Krakow, oder?« Kent dreht sich kurz um, geht zu einem wellnessweißen Wandschrank und raschelt mit etwas. Vermutlich kramt er eine Machete hervor, mit der er Wellnessstümper wie mich kalt lächelnd enthauptet. Ist ja auch total logisch, der hat doch nicht diesen Gesundheitskram studiert, um sich dann von einem Lavendelschnösel ins Handwerk pfuschen zu lassen. Doch ehe ich auch nur an Flucht denken kann, dreht Kent sich zu mir um und hält eine kurze Pappstange vor meine Nase. Sie ist mit einem undefinierbaren Kraut gefüllt und erinnert vom Aussehen schwach an einen Silvesterböller. Mein Bedürfnis, das Zeugs zu rauchen, ist somit nicht mehr messbar. Kennt grinst vielsagend. »Dies ist eine Moxa-Zigarre. Sie besteht aus getrockneten Fasern des japanischen Beifußes und wird während unserer Therapie abgebrannt. Ich werde dabei die glühende Spitze etwa einen halben Zentimeter über die Therapiepunkte Ihres Körpers halten, und Sie werden das als sehr wohltuend empfinden.«
    Also, das glaube ich kaum. Glühender Beifuß zentimeterdicht an meine Haut gehalten, das soll entspannend sein? Kent kämpft weiter für seine Sache: »Es funktioniert ähnlich wie bei der Akupunktur. Nur werde ich Sie bei der Brenntherapie nicht berühren. Vollkommen ungefährlich also, Herr Krakow. Sie können sich wirklich locker machen.«
    Ganz langsam entkrampfen sich meine Knie. Er wird mich nicht berühren. Ob das irgendwo in den AGBs nachzulesen ist? »Aha«, presse ich noch immer leicht skeptisch zwischen den Zähnen hervor. Für Kent und seine olympische Fackel ist das offenbar der Startschuss zur Therapie.Genussvoll entzündet er die Pappwurst. Gespannt halte ich die Luft an. Doch wider Erwarten geschieht nichts. Jedenfalls nichts, das mit einem Knall oder einer Feuersbrunst einherginge. Kent hält kurz inne, vermutlich um sicherzugehen, dass sich eine Glut entwickelt, mit der er mir vom Bauchnabel bis ins Rückenmark brennen kann, dann macht er einen energischen Schritt auf mich zu. Urplötzlich gehorchen meine Knie wieder. Mit einem Tritt, wie ihn Fußballgott Messi präziser nicht hätte platzieren können, kicke ich Kent das Mordwerkzeug aus der Hand, springe wie von der brennenden Moxa-Kerze gepiekt von der Liege und schieße aus der Kabine. Oben auf meinem Zimmer werfe ich mich aufs Bett, fasse mir an die Brust und zähle meinen Herzschlag. Als er sich normalisiert hat, stehe ich auf, ergreife mein Notizheft und streiche von der Liste potenzieller Todesopfer Kents Namen.

4.
    »Haben Sie schon einmal Yoga gemacht, Herr Krakow?« Eine kleine drahtige Frau, der ich zwischen achtzehn und achtundsechzig jede Altersangabe geglaubt hätte und die sich mir als Shivamukta vorgestellt hat, glotzt unter klebrig getuschten Wimpern kuhäugig zu mir herauf.
Das ist sie
, denke ich spontan,
mein erstes Opfer
. Unsympathisch und mir körperlich eindeutig unterlegen.
    »Sie müssen sich nicht genieren, Herr Krakow. Mit Yoga kann man auch im hohen Alter noch beginnen. Sogar Achtzigjährige bauen noch Muskeln auf.«
    Na, herzlichen Dank. Spätestens mit diesem Spruch hätte sie sich auf meiner Todesliste den Spitzenplatz gesichert. Trotzdem muss ich nach Plan vorgehen, sonst mache ich am Ende noch Fehler. Also folgt nun das Bewerbungsgespräch.»Na, das ist ja wunderbar«, sage ich in lockerem Plauderton, kann aber nicht umhin, Shivamukta im Geiste bereits den Hals umzudrehen.
    Unbeirrt, da unwissend, tänzelt diese um mich herum durch den Raum. Am Fenster hält sie kurz inne, entfacht hingebungsvoll erst ein Streichholz und damit gleich darauf einen Minizylinder, der in einer Schale auf dem Sims steht. Dann tänzelt sie zurück. Sekunden später breitet sich ein

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