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So schoen Tot

So schoen Tot

Titel: So schoen Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke , Sandra Luepkes
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ein paar Alternativen auf Lager habe.
Der Killer von Stralsund
beispielsweise. Und wenn ihr das immer noch nicht gruselig genug wäre, dann könnte ich mir auch
Kettensägenmassaker in Stralsund
vorstellen. Aber dass in meinem Manuskript die Spannung fehlt, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Vor allem, da Sylvia ja nur drei Kapitel gelesen hat.
    »Der Leser wird einfach nicht in die Handlung hineingezogen«, sagt sie mit vorsichtiger Lektorinnenstimme, und ihr Blick hat jetzt etwas Therapeutisches. Sie will mich nicht aufregen, ich bin Künstler und somit sensibel. So gesehen ist sie mit ihrer Kritik auch schon ganz schön weit gegangen. Trotzdem gebe ich nicht auf.
    »Also, ich finde ja   …«, beginne ich eine Lanze für die subtile Spannung in Romanen zu brechen und sehe Sylvia dabei an, als müsse sie noch viel dazulernen, »dass man vielleicht   …«
    Doch meine Lektorin will das nicht hören. »Ach, Hartmut«, sie macht eine wegwerfende Geste, »warum bleibst du nicht in deinem Genre? Du bist ein wunderbarer Autor, deine Liebesromane sind poetisch, gefühlvoll und führen regelmäßig die Bestsellerlisten an. Bleib doch bitte deinem Stil treu und entwickle eine neue Folge der wunderbaren
Provence -Reihe
. Das würde mich und deine Leser gleichermaßen glücklich machen.« Sie schenkt mir ein bezauberndes Lächeln, das ich schweren Herzens ignoriere.
    »Ich habe aber nach zehn Jahren keine Ideen mehr, was zum Geier sich noch alles in der Provence abspielen könnte«, brause ich auf. »Nach
Duftender Lavendel, Eine Liebe in Avignon
und
Bonjour Camille Teil eins
und
zwei
brauche ich einfach mal eine Pause.«
    Sylvia nickt verständnisvoll. Das ist natürlich antrainiert. Verständnis mimen bekommen Lektoren ja bereits in ihrer ersten Arbeitswoche eingeimpft. Und ich weiß auch, warum. Weil ich nämlich kurz davor bin, loszuheulen. Ich möchte endlich einmal über etwas anderes schreiben, ist das denn so schwer zu verstehen? Warum muss diese wunderschöne Frau, die mir schon zahlreiche sehnsuchtsvolle und schlaflose Nächte bereitet hat und die, ohne es zu ahnen, als Vorlage für jede Liebesgeschichte in den Provence-Romanen dient, mich so quälen? Warum gibt sie mir nicht die Chance zu zeigen, was sonst noch in mir steckt? Ich spüre einen Kloß im Hals, bin aber fest entschlossen, mir meine Gefühle nicht anmerken zu lassen. Das wäre fatal und auf dem Weg, Sylvias Herz zu erobern, mit Sicherheit kontraproduktiv. Doch etwas scheint meine Lektorin bemerkt zu haben. Sanft lenkt sie ein.
    »Natürlich kann ich dich verstehen, Hartmut«, haucht sie, wobei das »Aber« bereits unheilvoll in der Luft hängt. »Aber muss es denn unbedingt ein Krimi sein? Deine Leser werden diese Wandlung nicht mitmachen. Und was das für den Verkauf der Provence-Romane bedeuten würde, muss ich dir wohl nicht erklären.«
    Nein, das muss sie nicht. Trotzdem zieht bei mir das Argument mit den verschreckten Lesern nicht. Darauf war ich nämlich vorbereitet. »Dann schreibe ich eben unter einem Pseudonym.«
    Sylvia zuckt mit keiner Wimper.
    »Wie fändest du zum Beispiel
Viktor A.   Krakow?
Das klingt doch nach Spannung. Außerdem hört es sich intellektuellund auch ein bisschen nach russischer Mafia an.«
    Sylvia regt sich immer noch nicht. Ich mache weiter. »
Viktor A.   Krakow
. So könnte ein Nobelpreisträger heißen. Oder ein Politiker. Aber eben auch einer, der den brutalsten Serienkiller dieser Zeit erfindet.« Zufrieden lehne ich mich in meinem Stuhl zurück und lasse meinen Blick durch das mit Büchern vollgestopfte Lektorinnenbüro schweifen. Wer so viel gelesen hat, denke ich, der wird auch die Bedeutung des Namens
Viktor A.   Krakow
erkennen. Und tatsächlich: In Sylvia kommt Bewegung. Energisch schlägt sie ein Bein über das andere und entschärft ihren Therapeutinnenblick etwas.
    »Es liegt nicht an deinem Namen, Hartmut. Die drei Kapitel, die du bei mir abgeliefert hast, sind das Problem. Sie sind einfach nicht spannend.« Sylvia beugt sich vor, legt ihre Hand auf meinen Unterarm und bringt ihn zum Glühen. »Du bist nun mal ein Softie, Hartmut. Und das ist auch gut so. Von deiner Sorte sollte es mehr Männer geben, dann wäre die Welt friedlicher.«
    Friedlicher? Sie meint wohl langweiliger. Ihre Hand liegt noch immer auf meinem Arm, und mein Herz, meine Seele und mein Verlangen nach ihr brennen inzwischen lichterloh. Sofort kommt mir die Idee zu einem neuen Provence-Roman:
B rennender Lavendel
.

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