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So schoen und kalt und tot

So schoen und kalt und tot

Titel: So schoen und kalt und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Withcomb
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Einsamkeit der mageren Wiesen und den Seelen der Verstorbenen, die mit dem Nebel über das Land zogen.
       Irgendwo im Park, auf einem großen Felsbrocken, saß Ian McGregor und spielte auf seiner Flöte. Der Regen störte ihn nicht, der in seine Haare lief und über sein kantiges Gesicht. Sein Blick wanderte in die Ferne, dorthin, wo seine Ahnen nach harten Zeiten endlich ihre Ruhe gefunden hatten.
       Ein kräftiger Wind riss an den schweren Ästen der Bäume, als wollte er ihnen einen Teil der nassen Last abnehmen, indem er sie zu Boden schüttelte. Ruhig standen die hohen alten Bäume da und ließen das Toben der Natur über sich ergehen, wie sie das bereits schon seit über zweihundert Jahren so taten.
       Zitternd glitt die schwere Melodie durch die nasse Luft, wehte dahin wie eine Träne, die niemals geweint worden war, so klar, so unwirklich, als hätte es sie nie gegeben.
       Hinter einem der dicken Bäume stand eine Gestalt, ein dunkler Schatten. Der große hagere Körper war fast hinter dem Baumstamm verborgen. Nur das breite Gesicht war schemenhaft zu erkennen. Ein Grinsen lag auf diesem Gesicht und in den Augen lag ein gefährliches Funkeln.
       Als Ian sein Lied geendet hatte, zog sich der Schatten ins schützende Dunkel des Parkinnern zurück. Kein Geräusch war zu hören, und auch die Flöte war verstummt.

 
    * * *
     
       Es war bereits Zeit fürs Abendessen, als Melanie aus einem schweren traumlosen Schlaf erwachte. Im ersten Moment wusste sie weder, wo sie sich befand noch was passiert war. Seufzend drehte sie sich von der einen Seite auf die andere, und jetzt entdeckte sie das halb geöffnete Fenster. Eben in ihrem Traum hatte dieses Fenster eine wichtige Rolle gespielt, denn sie hatte genau gesehen, wie ein mächtiger bärtiger Mann auf diese Weise in ihr Zimmer eingestiegen war.
       Mit einem Satz war Melanie aus dem Bett. Die Szene, wie dieser Fremde in ihren Schlafraum eingedrungen war, stand noch immer so deutlich vor ihrem geistigen Auge, dass sie glaubte, nur die Hand ausstrecken zu müssen, um ihn fassen zu können.
       Barfüßig lief sie zum Fenster. Der Boden fühlte sich kalt und feucht an, vermutlich von dem dichten Nebel, der durch das geöffnete Fenster ins Zimmer gedrungen war.
       Abrupt blieb Melanie stehen. Warum war das Fenster überhaupt offen? Hatte sie es geöffnet, ehe sie sich hingelegt hatte? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Vielleicht hatte sie den ungebeten Gast nicht geträumt sondern er war wirklich da gewesen. Eine grauenhafte Vorstellung.
       Sie lehnte sich an die kühle Wand und schaute von der Seite her aus dem Fenster. Unten konnte sie schemenhaft den Innenhof sehen und links einen Weg, der vermutlich zu dem weitläufigen Park führte, von dem Ian erzählt hatte.
       Bei Sonnenschein musste es ein sehr idyllisches Fleckchen Erde sein, stellte Melanie bei sich fest. Eigentlich würde es ihr hier schon gefallen. Wenn da nicht die Angst gewesen wäre, die Furcht vor etwas Dunklem, Unheimlichen, das sie nicht in Worte kleiden konnte, weil sie keinen Namen dafür hatte.
       „Ich habe von ihm geträumt.“ Ganz klein klang die Stimme des jungen Mädchens, das jetzt das Zimmer der Schwester durch die Verbindungstüre betrat. „Er stand an meinem Bett und hat mich nur angesehen. Aber ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, es war… im Nebel.“ Alanis schüttelte sich vor Grausen und flüchtete in den Arm der Schwester. „Du müsstest ihn auch gesehen haben. Er ist durch die Verbindungstür in dein Zimmer gelangt. Ich wollte dich warnen, aber ich war wie gelähmt.“ Sie zitterte am ganzen Körper.
       Melanie legte den Arm um sie. „Es war nur ein Traum, Alanis“, versuchte sie, eine Ruhe auszustrahlen, die sie nicht empfand. „Ich hatte ebenfalls einen Alptraum“, fuhr sie fort. „Ein Unbekannter stand vor mir und hat mich angestarrt. Aber ich bin sofort aufgewacht und hab die Augen auf gemacht. Aber da war nichts und niemand. Es war wirklich nur ein Traum.“
       „Wie du meinst. Dann werde ich mich jetzt für die Begegnung mit dem Rest der Familie richten.“ Alanis war anzusehen, wie ungern sie jetzt ihr schützendes Zimmer verlassen wollte. Doch die Höflichkeit gebot es, den Anweisungen des Lairds Folge zu leisten.
       „ Wenn der Laird mir den Posten als Erzieherin für seinen Sohn wirklich anbietet werde ich annehmen.“ Melanie war ihrer Schwester gefolgt. Sie legte einen Arm um deren Schultern. „Unsere Eltern

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