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So schoen und kalt und tot

So schoen und kalt und tot

Titel: So schoen und kalt und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Withcomb
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düstere, von Nebelschwaden umschmeichelte Umgebung nicht geheuer.
       „Darf ich die Ladies ins Haus bitten?“ Ian hatte die kurze Unterhaltung der beiden unfreiwillig verfolgt. „Ich vermute, ihr werdet ebenfalls ziemlich müde sein von der weiten Fahrt.“ Er machte eine einladende Handbewegung.
       Alanis zögerte noch, aber Melanie wusste, dass sie gar keine andere Wahl hatte als das Angebot des Lairds anzunehmen. Zwar hätte ihre Barschaft noch ausgereicht, um für sie beide eine Fahrkarte zurück nach London zu erstehen, doch dann wären sie am Bahnhof gestanden und hätten nicht mehr weiter gewusst. Einige Wochen hätten sie zwar überleben können, doch dann wären sie völlig mittellos dagestanden.
       „Eine Ruhepause wäre wundervoll“, stimmte Melanie zu, als sie merkte, dass Ian auf ihre Antwort wartete. „Wach auf, Alanis, wir sind erst einmal angekommen. Danken wir dem Laird für seine Gastfreundschaft.“ Sie nahm ihr Gepäck auf und folgte Ian und Daisy zum Haupttor.
       „Melanie, wir dürfen nicht…“ Alanis tänzelte neben der Schwester her und flüsterte ihr immer wieder zu. „Wir werden sterben, wenn wir nicht gleich von hier verschwinden. Er hat uns bereits gefunden. Bitte, Mel…“ Sie schluchzte fast.
       Melanie blieb nicht stehen. Ihr Schritt wurde im Gegenteil immer schneller, als fürchte sie, dieser Fremde, von dem Alanis ständig erzählte, würde ihre Beine von hinten packen und sie festhalten. „Du machst mich ganz verrückt mit deinen wirren Erzählungen“, schimpfte sie halblaut und hoffte, dass Daisy und Ian nichts gehört hatten. 
       „Das sind keine wirren Erzählungen“, jammerte Alanis verzweifelt. „Ich kann ihn deutlich spüren. Er wartet auf uns, war schon da, als wir noch an der Station waren. Hätte ich das vorhin gespürt, dann hätten mich keine zehn Pferde hierher gebracht. Lass uns zurück nach London fahren, bitte.“ Das Mädchen klammerte sich an den Arm der Schwester.
       „Reiß dich zusammen, Alanis“, flüsterte Melanie ihr zu. „Du bist kein kleines Kind mehr, das sich vor dem großen schwarzen Mann fürchtet, der nur in der Fantasie besteht.“ Die junge Frau mochte nicht zugeben, dass Alanis sie mit ihren Ängsten längst angesteckt hatte.
       „Er will dich umbringen“, versuchte Alanis es noch einmal. „Glaub mir, Mel, er hat es auf dich abgesehen. Er hat uns gesucht und gefunden, und jetzt kann er endlich sein Werk vollenden.“
       „Hör auf. Wir können nicht mehr zurück, bitte versteh das doch.“ Melanie atmete erleichtert auf, als sie endlich das große hölzerne Tor erreicht hatten, das schon seit Bestehen des Castles an diesem Platz war. „Was sollen wir in London? Willst du auf der Straße nächtigen?“
       Alanis merkte, dass all ihr betteln und flehen nichts brachte. Melanie hatte ihren Entschluss gefasst und da gab es nichts mehr zu verändern. Sie konnte nur noch eines tun, nämlich die Augen offen halten und versuchen, das Schlimmste abzuwenden. Doch was war das Schlimmste? Was hatte der Unbekannte vor, dessen Anwesenheit sie zwar spüren, ihn jedoch nicht sehen konnte?
       „Willkommen auf Rochester Castle“, sagte Ian in diesem Moment und öffnete das Tor, um die drei Frauen eintreten zu lassen. „Ich hoffe, Sie werden sich hier sehr wohl fühlen.“ Er lächelte und wirkte in diesem Moment wie ein schottischer Feldherr aus früheren Zeiten, so edel und klug, dass Melanie die Luft anhielt.
       „Danke für Ihre freundlichen Worte“, sagte die Frau leise und lächelte zurück. „Das werden wir gewiss tun.“ Melanie trat ein und war im ersten Moment wie erstarrt. So beeindruckend hatte sie sich das Innere des Castles nicht vorgestellt.
       Interessiert schaute sie sich in der etwas düsteren Halle um, die zwar fremd und doch gleichzeitig irgendwie anheimelnd wirkte. Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, schon einmal da gewesen zu sein. Die Sitzgarnitur aus schwerem dunkelbraunen Leder, die rechts von der Türe in einer Nische stand, erschien ihr so vertraut, als hätte sie schon viel Zeit hineingekuschelt in die wuchtigen Kissen verbracht.
       „Melanie, was ist?“ Daisy war der verklärte Blick ihrer Zugbegleiterin aufgefallen. „Du bist bestimmt sehr müde, denn deine Fahrt war ja noch wesentlich länger als meine“, sagte sie leise und nahm Melanies Arm. „Komm, lass uns eine Weile ausruhen, dann können wir über alles reden.“
       Wie erwachend blickte Melanie

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