So schoen und kalt und tot
auch sie es mit der Angst zu tun. „Sie ist nicht da, außer, sie ist gleich in ihr Zimmer gegangen.“ Noch immer versuchte sie mühsam, Ruhe zu bewahren.
„Können wir nachsehen?“
„Das werden wir gleich tun.“ Sie nickte dem Jungen aufmunternd zu. „Vielleicht war sie müde und ist gleich ins Bett gegangen“, fuhr sie fort, während sie mit Benjamin zum Castle ging.
Doch ihre Hoffnungen erfüllten sich nicht. „Das Zimmer war leer, von Alanis keine Spur. Entsetzliche Angst um die kleine Schwester kroch in ihr hoch.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Benjamin und starrte sie unglücklich an. „Wir müssen doch etwas unternehmen. Ich geh zu Dad, er weiß immer, was zu tun ist.“
Diese Möglichkeit erschien Melanie als die sinnvollste. „Ich begleite dich. Aber sei ganz ruhig, Benny, du wirst sehen, alles löst sich in Wohlgefallen auf. Bis heute Abend wird sie wieder zurück sein, davon bin ich überzeugt.“ Sie gab sich zuversichtlicher als ihr zumute war.
Sie fanden Laird Ian bei seinen Pferden. Im Stall herrschte ein trübes Licht, das von einer Öllaterne kam. Überrascht drehte er sich um und lächelte. „Ein seltener Besuch hier“, bemerkte er, denn es war ihm noch immer ein Dorn im Auge, dass sein einziger Sohn Benjamin eine geheime Angst vor Pferden hatte.
Melanie lächelte nicht. „Meine Schwester ist verschwunden“, sagte sie mit brüchiger Stimme. „Benjamin ist ohne sie aus Glannagan zurück gekommen.“
Alarmiert schaute der Laird zu seinem Sohn. „Erzähl, Benjamin. Was ist vorgefallen?“
Tapfer unterdrückte der Junge die aufsteigenden Tränen. „Ich weiß es nicht“, stammelte er. „Wir waren am Friedhof und ich wollte eine Weile allein sein. Alanis sagte, sie würde am Grab von Mrs. Mansfield bleiben und auf mich warten. Ich hab mich einige Male nach ihr umgedreht, und da war sie immer da.“
„Wann war sie nicht mehr da?“
„Als ich aus der Kirche gekommen bin“, antwortete Benjamin ohne zu überlegen. „Ich wollte nur nachsehen, ob wieder jemand gestorben ist“, fügte er als Erklärung hinzu.
„Ich werde nie verstehen, was ihr dauernd auf dem Friedhof gesucht habt“, meinte Laird Ian und seufzte verhalten auf. „Da wird mir nichts anderes übrig bleiben als dass ich nach Glannagan reite und Alanis suche. Es wird bald dunkel, und dann findet das arme Mädchen womöglich nicht mehr nach Hause.“
Melanie atmete erleichtert auf. „Ich vermute, dass es ihr langweilig geworden ist und sie die Umgebung ein wenig erkunden wollte. Dann hat sie sich zu weit vom Friedhof entfernt und nicht mehr zurück gefunden. Als Benny nach ihr gesucht hat, war sie sogar außer Hörweite.“
„Das ist mein Verdacht ebenfalls“, antwortete der Laird. „Ich werde gleich losreiten und nachsehen. Sagen Sie bitte Angela Bescheid, dass ich zum Abendessen vermutlich noch nicht zurück sein werde. Machen Sie sich keine zu großen Sorgen, Melanie“, versuchte er, die aufgeregte Frau ein wenig zu beruhigen. „Ich werde Ihre Schwester schon finden. So groß ist Glannagan nicht. Vielleicht ist sie einkaufen gegangen, wie Frauen das gewöhnlich so gern tun.“ Er lächelte aufmunternd, aber das brachte Melanie nicht viel. Sie musste immer wieder an den weißen Hund denken, der sie so seltsam angesehen und dann zum Tor gelockt hatte.
„Laird Ian, ich möchte Ihnen noch etwas sagen. Da war dieser weiße Hund“, begann sie zögernd. „Ich glaube inzwischen, er wollte mir etwas zeigen.“
Der Laird hielt inne, er wollte gerade Borrow satteln. „Was für ein weißer Hund?“, fragte er mit seltsamem Blick. „Wir haben hier in dieser Gegend keine solchen Hunde. Außer... " Er schien zu überlegen.
„Mrs. Mansfield hatte so einen Hund“, meinte Melanie und kam damit seiner Frage zuvor. „Ich weiß, Countess ist tot, und doch waren Alanis und ich überzeugt davon, dass dieser Hund Countess ist. Er ist uns immer wieder in Abständen begegnet.“
„Niemand kennt alle Geheimnisse zwischen Diesseits und Jenseits“, sagte Laird Ian leise. „Als mein Töchterchen Jenny tot war hat sie mir dennoch immer wieder viele Zeichen ihrer Anwesenheit geschickt. Nur so konnte ich weiterleben“, bekannte er leise.
Darauf wusste Melanie nichts zu antworten. Sie schwieg und schaute dem Laird zu, während er sein Pferd sattelte. „Sollte ich nicht mitkommen? Vielleicht geht es schneller, wenn wir
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