So soll er sterben
Schuldigen hinter Gitter zu bringen? Da werden Sie wohl die Geduld eines Hiob brauchen.«
»Anscheinend haben
Sie
die Bibel ja gelesen, da wissen Sie auch, dass Mord eine Sünde gegen Gott ist.«
»Kommt auf Ihren Gott an, würde ich sagen.« Angie trat auf sie zu. »Sie sind doch mit den Jardines befreundet – das haben die mir selbst erzählt. Also, sagen Sie mir ins Gesicht…«
»Was?«
»Sagen Sie mir, dass Sie nicht froh sind, dass das Schwein tot ist.«
»Ich bin nicht froh.« Sie hielt dem Blick der anderen stand.
»Dann sind Sie kein Engel, sondern eine Heilige.« Angie machte sich daran, den Fortschritt der Dauerwelle ihrer Kundinnen zu überprüfen. Siobhan ergriff die Gelegenheit, sich mit Susie zu unterhalten.
»Ich brauche Ihre Daten.«
»Meine Daten?«
»Sie meint deine Maße, Susie«, erklärte Angie, und ihre Kundinnen stimmten in ihr Gelächter mit ein.
Siobhan rang sich ein Lächeln ab. »Ihr voller Name und Ihre Anschrift reicht, eventuell Ihre Telefonnummer. Falls ich einen Bericht schreiben muss.«
»Ja, klar…« Susie wirkte nervös. Sie ging zur Kasse, nahm einen Notizblock und fing an zu schreiben. Sie riss das Blatt ab und reichte es Siobhan. Sie hatte Großbuchstaben benutzt, aber das machte Siobhan wenig Sorgen; das Gleiche galt für die meisten Sprüche auf der Damentoilette des Bane.
»Danke, Susie«, sagte sie und steckte den Zettel direkt neben Ishbels Adressbuch in die Tasche.
Im Bane hielten sich ein paar mehr Gäste auf, als bei ihrem ersten Besuch. Man rückte zur Seite, um ihr an der Theke Platz zu machen. Der Barkeeper erkannte sie und nickte.
Sie bestellte etwas Nichtalkoholisches.
»Der geht aufs Haus«, meinte er.
»Sieh an«, sagte einer der Gäste. »Malky versucht es zur Abwechslung mal mit einem Vorspiel.«
Siobhan ignorierte die Bemerkung. »Normalerweise kriege ich erst einen spendiert, wenn ich mich als Kriminalbeamtin ausgewiesen habe.« Sie hielt ihren Dienstausweis hoch.
»Gute Wahl, Malky«, bemerkte einer. »Es geht um den jungen Donny, stimmt’s?« Siobhan drehte sich zu dem Mann um. Er war über sechzig und trug eine flache Mütze auf der glänzenden Glatze. In der Hand hielt er eine Pfeife. Zu seinen Füßen lag ein schlafender Hund.
»Stimmt«, sagte sie.
»Der Junge war ein verdammter Idiot, das wissen wir alle… Aber den Tod hat er trotzdem nicht verdient.«
»Ach nein?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Die jungen Dinger heutzutage schreien viel zu schnell Vergewaltigung.« Er hob die Hand, um die Einwände des Barkeepers zurückzuweisen. »Nein, Malky, was ich nur sagen will… gib einem Mädel was zu trinken, und sie rennt in ihr Unglück. Man muss sich nur ansehen, was die am Leib tragen, wenn sie die Main Street hoch und runter stolzieren. Vor fünfzig Jahren waren die Frauen noch nicht so offenherzig… und es stand nicht jeden Tag was über sexuelle Übergriffe in der Zeitung.«
»Da wären wir wieder!«, rief einer.
»Die Zeiten haben sich geändert.« Der Mann schien das allgemeine Stöhnen seiner Trinkkumpane regelrecht zu genießen. Siobhan wurde klar, dass es sich um eine regelmäßig wiederkehrende Vorstellung handelte, ohne Drehbuch zwar, aber doch verlässlich. Sie blickte zu Malky, doch der schüttelte den Kopf, um ihr zu signalisieren, dass es nicht der Mühe wert war, sich auf eine Diskussion einzulassen, denn genau darauf wartete der Mann nur. Sie entschuldigte sich und ging zur Toilette. In der Kabine setzte sie sich, legte sich Ishbels Adressbuch und Susies Zettel auf den Schoß und verglich die Handschriften mit den Sprüchen an den Wänden. Seit ihrem letzten Besuch war nichts Neues hinzugekommen. Sie glaubte, dass »Donny Perversling« von Susie stammte und »Kampf dem Cruik« von Ishbel. Aber es waren noch andere am Werk gewesen. Angie fiel ihr ein, sogar die Frauen unter den Trockenhauben.
Blutige Rache…
Dead Man Walking…
Diese beiden stammten weder von Ishbel noch von Susie, aber irgendjemand hatte sie geschrieben.
Die Friseursalonsolidarität.
Eine ganze Stadt voller Verdächtiger…
Sie blätterte in dem Adressbuch, und ihr Blick fiel auf eine Anschrift unter C, die ihr bekannt vorkam: Justizvollzugsanstalt Barlinnie. Flügel E, dort waren die Sexualstraftäter untergebracht. Geschrieben in Ishbels Handschrift, unter C wie Cruikshank. Siobhan sah das gesamte Buch durch, fand aber nichts weiter von Interesse.
Bedeutete das, dass Ishbel Cruikshank geschrieben hatte? Gab es eine Verbindung
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