So soll er sterben
zwanzig gesagt, hätte Baird gewusst, dass er bluffte, und ihn einen Lügner geheißen. Oder er hätte sich dazu entschlossen, das Risiko einzugehen und zu schweigen.
Ein Mann, der nichts zu verlieren hatte.
Aber zehn bis zwölf… Gewiss stellte Baird seine Berechnungen an. Angenommen, Storey hatte des Effekts willen übertrieben. Das könnte bedeuten, dass er sieben bis neun Jahre kriegte, von denen er immer noch vier bis fünf würde absitzen müssen, vielleicht sogar mehr. Für einen Mann in Bairds Alter wurden die Jahre immer wertvoller. Jemand hatte das Rebus einmal erklärt: Was die meisten Wiederholungstäter kurierte, war das Alter. Kein Mensch wollte im Knast sterben. Man wollte für die Kinder und Enkelkinder da sein und Dinge tun, die man schon immer hatte tun wollen…
All das glaubte Rebus in Bairds tief zerfurchtem Gesicht lesen zu können.
Schließlich blinzelte er mehrmals, schaute zur Decke und seufzte.
»Stellen Sie Ihre Fragen«, sagte er resigniert.
Und das taten sie.
»Also noch einmal«, begann Rebus. »Sie haben Stuart Bullen mehrere Ihrer Wohnungen zur Verfügung gestellt, richtig?«
»Richtig.«
»Wussten Sie, was er damit gemacht hat?«
»Ich hatte so eine Ahnung.«
»Wie hat es begonnen?«
»Er ist zu mir gekommen. Er wusste bereits, dass ich an bedürftige Minderheiten untervermiete.« Bei diesen Worten wanderte Bairds Blick zu Felix Storey.
»Woher wusste er das?«
Baird zuckte mit den Achseln. »Vielleicht hatte er es von Peter Hill. Hill hat sich oft in Knoxland rumgetrieben und ist seinen Geschäften nachgegangen – dealen hauptsächlich. Wahrscheinlich ist ihm da was zu Ohren gekommen.«
»Und Sie haben seine Bitte gern erfüllt?«
Baird setzte ein schiefes Grinsen auf. »Ich kannte Stus alten Herrn. Stu hatte ich auch schon ein paarmal getroffen – bei Beerdigungen und so. Er ist nicht der Typ, dem man eine Bitte abschlagen möchte.« Baird nahm einen Schluck Tee und machte ein schmatzendes Geräusch mit den Lippen, wie um den Geschmack zu testen. Rebus hatte die winzige Kochnische des Reviers geplündert und für alle drei Tee gekocht. Es waren nur noch zwei Teebeutel da gewesen; er hatte sämtliches Leben aus ihnen heraus in die drei Tassen quetschen müssen.
»Wie gut kannten Sie Rab Bullen?«, fragte er jetzt.
»Nicht besonders gut. Ich habe mich selbst ein wenig als Kleindealer betätigt früher und dachte, Glasgow hätte vielleicht was zu bieten… Rab hat mich da bald auf den Boden der Realität gebracht. Sehr freundlich sogar – wie ein ganz normaler Geschäftsmann. Er hat mir dargelegt, wie die Stadt aufgeteilt ist, und dass es keinen Platz gibt für einen Neuen.« Baird legte eine Pause ein. »Müssten Sie das Gespräch nicht eigentlich aufnehmen oder so was?«
Storey lehnte sich vor, die Hände aneinander gelegt. »Betrachten Sie dieses Gespräch als Vorabverhör.«
»Soll heißen, es wird noch mehrere geben?«
Storey nickte. »Und die werden aufgenommen und gefilmt. Für den Moment fühlen wir nur vor.«
»Soll mir recht sein.«
Rebus hatte ein neues Päckchen Zigaretten hervorgeholt und hielt es in die Runde. Storey schüttelte den Kopf, Baird nahm eine. An drei der vier Wände hingen »Rauchen verboten«-Schilder. Baird blies den Rauch in Richtung eines der Schilder.
»Wir brechen doch alle mal die eine oder andere Regel, oder?«
Rebus ignorierte die Bemerkung und stellte stattdessen eine Frage. »Wussten Sie, dass Stuart Bullen zu einem Menschenschmugglerring gehörte?«
Baird schüttelte vehement den Kopf.
»Erscheint mir nicht sehr glaubhaft«, meinte Storey.
»Was an der Wahrheit nichts ändert.«
»Und was dachten Sie, wo die ganzen Ausländer herkamen?«
Baird zuckte mit den Achseln. »Flüchtlinge… Asylbewerber… war ja nicht meine Aufgabe, großartig Fragen zu stellen.«
»Waren Sie nicht neugierig?«
»Ist Neugier nicht schon so manchem zum Verhängnis geworden?«
»Dennoch…«
Baird zuckte erneut mit den Achseln und betrachtete die Glut seiner Zigarette. Rebus brach das Schweigen mit einer weiteren Frage.
»Wussten Sie, dass er diese Leute illegal für sich arbeiten ließ?«
»Ich hätte nicht sagen können, ob das illegal war oder nicht…«
»Sie haben sich für ihn halb tot geschuftet.«
»Und warum sind sie dann nicht abgehauen?«
»Das haben Sie doch gerade selbst gesagt:
Sie
hatten Angst vor ihm. Wieso sollte es diesen Leuten anders gegangen sein?«
»Da haben Sie wohl Recht.«
»Es liegen uns Beweise vor,
Weitere Kostenlose Bücher