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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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untereinander austauschten.
    »Wir kriegen fast alle Tageszeitungen und ein paar Illustrierte.«
    »Und wenn die gelesen sind?«
    »Dann kommen sie weg.« Er bemerkte den Ausdruck auf ihrem Gesicht. »Größere Büchereien haben den Platz, die alle aufzubewahren.«
    »Sie nicht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Suchen Sie was Bestimmtes?«
    »Eine
Evening News
von letzter Woche.«
    »Da haben Sie Glück«, sagte er und kam hinter seinem Tresen hervor. »Mir nach.«
    Er führte sie zu einer verschlossenen Tür mit dem Schild »Unbefugten Zutritt verboten«. Brinkley tippte einen Zahlencode ein und drückte die Tür auf. Sie führte in einen kleinen Aufenthaltsraum mit Spüle, Wasserkocher und Mikrowelle. Eine weitere Tür führte in eine kleine Toilette, doch Brinkley ging zu der Tür daneben und drehte den Knauf.
    »Lager«, erläuterte er.
    Hierher kamen alte Bücher – sie füllten ganze Regale; bei manchen fehlten die Einbände, aus anderen schauten lose Seiten hervor.
    »Hin und wieder starten wir einen Versuch, die zu verscheuern«, erklärte er. »Wenn das nicht funktioniert, gehen sie an Wohlfahrtseinrichtungen. Aber es gibt Bücher, die auch die nicht wollen.« Er schlug eines auf, um Siobhan zu zeigen, dass die letzten Seiten herausgerissen worden waren. »Die werden dann zusammen mit den alten Zeitungen und Illustrierten recycelt.« Er tippte mit dem Schuh gegen eine prall gefüllte Tragetasche. Daneben standen noch weitere, allesamt voll mit Zeitungen. »Sie haben Glück, wir recyceln erst morgen.«
    »Und Sie meinen, Glück ist das richtige Wort?«, fragte Siobhan skeptisch. »Ich nehme nicht an, dass Sie wissen, in welcher Tüte sich die Zeitungen von letzter Woche befinden?«
    »Sie sind hier die Polizistin.« Von draußen ertönte das gedämpfte Geräusch eines Summers: ein Kunde wartete an Brinkleys Tresen. »Ich lasse Sie dann mal allein«, sagte er mit einem Lächeln.
    »Danke.« Die Hände in die Hüften gestemmt, stand Siobhan da. Die Luft im Raum war muffig, und sie erwägte mögliche Alternativen. Es gab einige, aber alle würden eine Fahrt nach Edinburgh und zurück bedeuten.
    Also hockte sie sich hin, zog eine Zeitung aus der ersten Tragetasche und sah aufs Datum. Behielt sie in der Hand und zog eine andere von weiter hinten hervor. Behielt auch die und zog noch eine aus der Tasche. Die gleiche Prozedur bei der zweiten und dritten Tasche. In der dritten fand sie Zeitungen, die vierzehn Tage alt waren, also räumte sie sich etwas Platz frei, zog den ganzen Packen heraus und ging die Zeitungen einzeln durch. Für gewöhnlich nahm sie jeden Abend eine
Evening News
mit nach Hause, die sie manchmal beim Frühstück am nächsten Morgen durchblätterte. So konnte sie mit wenig Aufwand auf dem Laufenden bleiben, was die Stadtverwaltung und die Politiker so trieben. Doch jetzt wirkten die Schlagzeilen überholt und abgedroschen. Bei den meisten konnte sie sich nicht daran erinnern, sie schon einmal gelesen zu haben. Endlich hatte sie gefunden, was sie suchte, riss die ganze Seite heraus, faltete sie zusammen und steckte sie in die Hosentasche. Der Packen Zeitungen wollte nicht mehr in die Tragetasche passen, aber sie tat ihr Bestes. Auf dem Weg nach draußen machte sie an der Spüle Halt, um etwas kaltes Wasser zu trinken. Als sie an Brinkley vorüberkam, reckte sie den Daumen in die Höhe, dann ging sie zu ihrem Wagen.
    Im Grunde hätte sie auch zu Fuß zum Salon laufen können, aber sie hatte es eilig. Sie parkte in zweiter Reihe, marschierte zur Tür und wollte sie aufstoßen, doch die rührte sich nicht. Sie spähte durchs Schaufenster: keiner da. Auf einem Schild im Fenster waren die Öffnungszeiten zu lesen. Mittwochs und sonntags geschlossen. Heute war Donnerstag. Dann entdeckte sie eine Papiertüte, auf die jemand eilig etwas mit der Hand geschrieben hatte. Sie war hinters Fenster gesteckt worden, aber auf den Boden gefallen: »Geschlossen wegen unerwarteter…« Das nächste Wort hätte wohl »Vorkommnisse« sein sollen, doch die Orthographie hatte sich als etwas schwierig erwiesen, sodass der Schreiber es durchgestrichen und die Nachricht unvollendet gelassen hatte.
    Siobhan fluchte leise vor sich hin. Hatte Les Young ihr nicht selbst davon erzählt? Sie wurden vernommen. Offiziell vernommen. Sie würde also nach Livingston fahren müssen. Sie stieg wieder in den Wagen und machte sich auf den Weg.
    Da nicht viel Verkehr herrschte, parkte sie bereits kurze Zeit später vor der Direktion der

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