So soll er sterben
Zähne. »Andauernd sagen Leute zu mir, das sei ein Frauenname – sie denken dabei an eine Figur aus
EastEnders,
die so heißt. Wissen Sie, wer gemeint ist?« Rebus schüttelte den Kopf. »Ich sage dann immer: Erinnern Sie sich denn nicht an den Fußballer Mo Johnson? Er hat
sowohl
für die Rangers als auch für Celtic gespielt und wurde dadurch zweimal zum Held und Verräter – ein Kunststück, das selbst dem besten Anwalt niemals gelingen wird.«
Rebus rang sich ein Lächeln ab. Rangers und Celtic: der protestantische und der katholische Fußballklub. Ihm fiel etwas ein. »Sagen Sie, Mr.…« Ein beleidigter Blick von Dirwan. »Mo… Sie haben doch in Glasgow mit Asylbewerbern zu tun, oder?«
»Richtig.«
»Einer der Demonstranten vorhin… Wir glauben, er stammt aus Belfast.«
»Das würde mich nicht überraschen. Es ist ein Nebeneffekt des Konflikts in Nordirland.«
»Wie das?«
»In den letzten Jahren sind vermehrt Ausländer nach Belfast gezogen – sie rechnen sich dort berufliche Chancen aus. Die Leute, die in die religiösen Auseinandersetzungen verwickelt sind, freut das nicht gerade. Für sie gibt es nur die Kategorien katholisch und protestantisch… vielleicht fühlen sie sich durch die fremden Religionen bedroht. Es ist zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. Ich glaube, es liegt in der Natur des Menschen, alles abzulehnen, was er nicht versteht.« Er hob den Zeigefinger. »Was nicht bedeutet, dass ich das gutheiße.«
»Aber wieso kommen diese Typen aus Belfast nach Schottland?«
»Vielleicht wollen sie die Unzufriedenen unter den Menschen hier für ihre Sache gewinnen.« Er zuckte die Achseln. »Für manche Leute sind Proteste gegen den Staat ein Selbstzweck.«
»Da haben Sie vermutlich Recht.« Rebus hatte ihn auch schon erlebt: den Drang, Unruhe zu schüren, Menschen aufzuwiegeln; einzig und allein, um ein Gefühl von Macht zu spüren.
Der Anwalt leerte seine Tasse. »Halten Sie den Jungen für den Mörder?«
»Möglich wär’s.«
»In diesem Land scheint fast jeder ein Messer bei sich zu tragen. Wissen Sie, dass Glasgow die gefährlichste Stadt in Europa ist.«
»Ich hab davon gehört.«
»Messerstechereien… ständig diese Messerstechereien.« Dirwan schüttelte den Kopf. »Und trotzdem tun Leute alles dafür, in Schottland leben zu dürfen.«
»Sie meinen die so genannten Migranten.«
»Ihr Regierungschef sagt, er macht sich Sorgen wegen des Bevölkerungsrückgangs. Zu Recht. Wir brauchen junge Menschen, die hier Jobs übernehmen; denn wie sollen wir sonst für die Renten der steigenden Zahl alter Menschen aufkommen? Vor allem brauchen wir gut ausgebildete Leute. Doch gleichzeitig schränkt die Regierung die Einwanderung immer mehr ein… und was die Asylbewerber angeht…« Er schüttelte erneut den Kopf. »Kennen Sie Whitemire?«
»Das Abschiebegefängnis?«
»Es ist eine deprimierende Einrichtung, Inspector. Ich bin dort nicht gerne gesehen. Sie ahnen wahrscheinlich, warum.«
»Sie haben Klienten in Whitemire?«
»Eine Menge. Ich versuche zu erreichen, dass sie bei uns bleiben dürfen. Wie Sie sicher wissen, war Whitemire früher ein Gefängnis. Jetzt sind dort Familien untergebracht, Menschen, die schreckliche Angst haben, weil sie wissen, dass eine Rückkehr in ihr Heimatland einem Todesurteil gleichkäme.«
»Diese Leute sind in Whitemire untergebracht, weil sie sonst die Gerichtsurteile gegen sie ignorieren und untertauchen würden.«
Dirwan lächelte wehmütig. »Ich vergaß, dass Sie auch ein Teil des Staatsapparats sind.«
»Was soll das heißen?«, erwiderte Rebus ungehalten.
»Entschuldigen Sie bitte meinen Zynismus. Sind Sie auch der Ansicht, dass wir das ganze Gesindel nach Hause schicken sollten? Dass Schottland der Himmel auf Erden wäre, wenn es hier keine Inder, Zigeuner und Neger gäbe?«
»Um Gottes willen…«
»Ist unter Ihren Freunden womöglich ein Araber oder Afrikaner? Gehen Sie manchmal abends mit einem Asiaten etwas trinken? Oder ist der einzige Ausländer, den Sie kennen, der Inhaber des Zeitungskiosks bei Ihnen um die Ecke…?«
»Kommen Sie mir nicht mit so was«, entgegnete Rebus und warf seinen leeren Pappbecher in den Abfalleimer.
»Es ist ein heikles Thema, ich weiß… aber ich muss mich damit Tag für Tag beschäftigen. Ich glaube, Schottland hat sich viele Jahre etwas vorgemacht: Rassismus interessiert uns nicht, denn wir haben genug mit unserer Bigotterie zu tun! Aber das war leider ein Irrtum.«
»Ich bin kein
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