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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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wenn Sie wollen.«
    »Erst muss ich eine SMS an Siobhan schicken«, erwiderte er – seine Ausrede, um sich nicht zwischen Norah Jones, den Beastie Boys und Mariah Carey entscheiden zu müssen. Er brauchte mehrere Minuten, um die Nachricht
tut mir leid sechs klappt nicht schaffe vielleicht acht
zu verschicken. Hinterher fragte er sich, weshalb er sie nicht angerufen hatte, das hätte vermutlich nur halb so lange gedauert. Fast augenblicklich kam ihr Anruf.
    »Wollen Sie sich drücken?«
    »Ich bin unterwegs nach Whitemire.«
    »Dem Abschiebegefängnis.«
    »Die korrekte Bezeichnung ist: Anstalt zur Unterbringung abgelehnter Asylbewerber. Ehefrau und Kinder des Toten befinden sich dort.«
    Sie schwieg einen Moment. »Acht Uhr geht bei mir nicht. Ich bin mit jemanden auf ein Glas verabredet. Ich hatte eigentlich gehofft, Sie würden dabei sein.«
    »Ich versuche, es zu schaffen, wenn Ihnen das wichtig ist. Danach können wir uns dann ums Pussydreieck kümmern.«
    »Wenn dort ein bisschen mehr Betrieb ist, meinen Sie.«
    »Reiner Zufall, Siobhan, ob Sie’s glauben oder nicht.«
    »Übrigens… seien Sie nett, ja?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich vermute, Sie werden derjenige sein, der in Whitemire die schlechte Nachricht überbringt.«
    »Wieso glauben alle, dass ich nicht mitfühlend sein kann?« Wylie warf ihm einen Seitenblick zu und lächelte. »Wenn ich will, bin ich der verständnisvolle New-Age-Cop.«
    »Natürlich, John. Ich sehe Sie dann um acht im Ox.«
    Rebus steckte sein Handy ein und konzentrierte sich auf die Straße. Sie fuhren in westlicher Richtung aus Edinburgh hinaus. Whitemire befand sich zwischen Banehall und Bo’ness, etwa dreißig Kilometer von der Innenstadt entfernt. Es war bis Ende der Siebzigerjahre ein reguläres Gefängnis gewesen, aber Rebus hatte nur ein einziges Mal dort zu tun gehabt, kurz nachdem er zur Polizei gekommen war. Er erzählte Ellen Wylie davon.
    »Das war lange vor meiner Zeit«, bemerkte sie.
    »Kurz darauf wurde der Laden dichtgemacht. Ich erinnere mich noch gut daran, dass man mir bei meinem Besuch gezeigt hat, wo früher die Hinrichtungen stattfanden.«
    »Wie reizend.« Wylie trat auf die Bremse. Es war mitten in der Rushhour. Die Pendler fuhren im Schneckentempo nach Hause in ihre Vorstädte und Dörfer. Kein Schleichweg möglich, und jede Ampel schien auf Rot zu schalten.
    »Ich könnte mir das nicht jeden Tag antun«, sagte Rebus.
    »Wäre trotzdem schön, auf dem Land zu leben.«
    Er sah sie an. »Wieso?«
    »Mehr Platz, weniger Hundescheiße.«
    »Sind Hunde auf dem Land etwa verboten?«
    Sie lächelte. »Außerdem bekommt man für den Preis einer Dreizimmerwohnung in der New Town etliche Hektar und ein Billardzimmer.«
    »Ich spiele kein Billard.«
    »Ich auch nicht, aber ich könnte es lernen.« Sie schwieg eine Weile. »Also, wie wollen wir im Einzelnen vorgehen, wenn wir dort sind?«
    Rebus hatte schon darüber nachgedacht. »Wahrscheinlich brauchen wir einen Dolmetscher.«
    »Auf den Gedanken bin ich noch gar nicht gekommen.«
    »Vielleicht gehört ja einer zum Personal. Er könnte dann die Nachricht überbringen…«
    »Die Frau wird ihren Mann identifizieren müssen.«
    Rebus nickte. »Auch das kann ihr der Dolmetscher sagen.«
    »Nachdem wir weg sind?«
    Rebus zuckte die Achseln. »Wir stellen unsere Fragen und sehen zu, dass wir verschwinden.«
    Sie musterte ihn. »Und da behaupte noch jemand, Sie wären nicht mitfühlend.«
    Rebus stellte im Radio einen Nachrichtensender ein. Der Zwischenfall in Knoxland wurde mit keinem Wort erwähnt. Er hoffte, das würde auch so bleiben. Irgendwann tauchte schließlich ein Schild am Straßenrand auf, das den Weg nach Whitemire wies.
    »Mir ist gerade etwas eingefallen«, sagte Wylie. »Hätten wir unseren Besuch nicht vorher ankündigen sollen?«
    »Zu spät.« Sie fuhren jetzt auf einer einspurigen, unbefestigten Straße voller Schlaglöcher. Warnschilder verkündeten, dass unbefugtes Betreten des Anstaltsgeländes strafrechtlich verfolgt werden würde. Der drei Meter fünfzig hohe Zaun, der es umgab, war um blassgrüne Wellblechplatten ergänzt worden.
    »Damit niemand hineinsehen kann«, meinte Wylie.
    »Oder hinaus«, fügte Rebus hinzu. Er wusste, dass es Demonstrationen gegen Whitemire gegeben hatte, und vermutete, dass dies der Grund für die kürzlich installierten Sichtblenden war.
    »Was zum Teufel hat
das
zu bedeuten?«, fragte Wylie. Eine Frau stand einsam und allein am Straßenrand, dick eingemummelt

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