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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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konnte er sich ausrechnen. Der Bescheid war ergangen; ihr Anwalt hatte es ihnen mitgeteilt.«
    »Verfügte er über die nötigen finanziellen Mittel, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten?«
    Traynor zuckte die Achseln. »Nur wenn Dirwan ihm Geld gegeben hat.«
    Tja, das war etwas, wonach Rebus den Anwalt fragen musste. »Hat er versucht, Kontakt zu seiner Familie aufzunehmen?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Rebus dachte einen Moment lang nach, dann schaute er Wylie an, um herauszufinden, ob sie noch eine Frage hatte. Als sie lediglich die Lippen verzog, nickte Rebus. »Okay, gehen wir zu Mrs. Yurgii…«
    Das Abendessen war gerade vorbei, und die Cafeteria leerte sich.
    »Alle essen zur selben Zeit«, stellte Wylie fest.
    Ein uniformierter Wachmann diskutierte mit einer Frau, deren Kopf mit einem Schal verhüllt war. Sie trug ein Kleinkind auf der Schulter. Der Wachmann hielt ein Stück Obst in die Höhe.
    »Manche versuchen, Essen in die Zimmer zu schmuggeln«, erklärte Traynor.
    »Und das ist verboten.«
    Er nickte. »Ich sehe die drei hier nirgendwo… sind wohl schon fertig mit essen. Hier entlang…« Er führte sie in einen Korridor, der mit einer Überwachungskamera ausgestattet war. Das Gebäude mochte zwar sauber und neu sein, aber auf Rebus wirkte es wie ein Gefängnis im Gefängnis.
    »Hat es schon Selbstmorde gegeben?«, erkundigte er sich.
    Traynor sah ihn verärgert an. »Zwei Versuche. Und einen Mann im Hungerstreik. So was passiert zwangsläufig…« Er blieb an einer offenen Tür stehen und deutete mit der Hand hinein. Rebus blickte in das Zimmer. Es war fünf mal vier Meter groß, also eigentlich nicht klein, aber es standen ein Etagenbett, ein Einzelbett, ein Schrank und ein Tisch darin. Zwei Kinder saßen am Tisch, malten mit Buntstiften und unterhielten sich flüsternd. Ihre Mutter hockte auf dem Bett, die Hände im Schoß, und starrte vor sich hin.
    »Mrs. Yurgii?«, begann Rebus und ging ein paar Schritte in den Raum hinein. Die Zeichnungen stellten Bäume und gelbe Sonnenbälle dar. Das Zimmer war fensterlos, wurde durch ein Gitter in der Decke belüftet. Die Frau starrte ihn mit leerem Blick an.
    »Ich bin Polizist, Mrs. Yurgii.« Die Kinder schauten neugierig zu ihm herüber. »Und das hier ist meine Kollegin. Könnten wir uns vielleicht allein mit Ihnen unterhalten?«
    Sie blickte ihn unverwandt an. Tränen begannen über ihr Gesicht zu kullern. Sie schürzte die Lippen, um nicht zu schluchzen. Die Kinder umarmten sie tröstend. Es schien, als täten sie das häufig. Der Junge schaute zu den Eindringlingen auf. Sein Gesicht wirkte so verbittert, wie man es von einem Sechsjährigen niemals erwartet hätte.
    »Verschwindet, tut das nicht mit uns.«
    »Ich muss mit deiner Mutter sprechen«, sagte Rebus ruhig.
    »Das ist verboten. Verpisst euch.« Er artikulierte die Worte sehr deutlich, mit einem leichten Anklang an den örtlichen Dialekt – vermutlich hatte er sie von den Wachmännern aufgeschnappt.
    »Ich muss wirklich mit deiner…«
    »Ich alles wissen«, sagte Mrs. Yurgii plötzlich. »Er… nicht…« Ihre Augen flehten Rebus an, aber er hatte keine andere Wahl, als zu nicken. Sie drückte ihre Kinder an sich. »Er nicht«, wiederholte sie. Das Mädchen hatte ebenfalls zu weinen begonnen, nicht jedoch der Junge. Es war, als begriffe er, dass in seinem Leben schon wieder eine Veränderung eingetreten war, die ihm eine weitere Herausforderung aufbürdete.
    »Was ist los?« Die Frau aus der Cafeteria stand in der Tür.
    »Kennen Sie Mrs. Yurgii?«, fragte Rebus.
    »Sie ist eine Freundin.« Das Kleinkind lag nicht mehr auf ihrer Schulter, aber es hatte einen feuchten Milch- oder Speichelfleck hinterlassen. Sie drängte sich an Rebus vorbei und hockte sich vor die Witwe hin.
    »Was ist passiert?«, fragte sie. Ihre Stimme war tief und energisch.
    »Wir haben schlechte Neuigkeiten«, sagte Rebus.
    »Was für Neuigkeiten?«
    »Es geht um Mrs. Yurgiis Ehemann«, antwortete Wylie.
    »Was ist passiert?« In ihrem Blick lag jetzt Furcht, anscheinend ahnte sie die Wahrheit.
    »Nichts Gutes«, bestätigte Rebus. »Mr. Yurgii ist tot.«
    »Tot?«
    »Er wurde umgebracht. Jemand muss den Leichnam identifizieren. Kennen Sie die Familie von früher?«
    Sie sah ihn an, als wäre er nicht ganz bei Trost. »Niemand von uns kannte die anderen, ehe man uns hierher brachte.« Sie spuckte die letzten Worte regelrecht aus.
    »Würden Sie ihr bitte sagen, dass sie ihren Ehemann identifizieren muss. Ich

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