So soll er sterben
Übrigens…«, er warf einen Blick auf seine Uhr, »sind wir schon seit knapp zehn Minuten hier, und Sie haben noch nicht nach meinem Dad gefragt – das ist rekordverdächtig.«
»Das heißt also, Frauen ertragen Sie nur Ihres Vaters wegen.«
Er zuckte zusammen. »Das hat gesessen.«
»Erinnern Sie sich noch an den Grund für unser Treffen?«
»Mein Gott, seien Sie doch nicht so förmlich.«
»Wenn Sie wissen wollen, was ›förmlich‹ bedeutet, können wir unser Gespräch gerne am Gayfield Square fortsetzen.«
Er hob eine Augenbraue. »Ihre Wohnung?«
»Meine Polizeiwache«, klärte sie ihn auf.
»Meine Güte, Sie machen’s einem wirklich nicht leicht.«
»Dasselbe habe ich auch gerade gedacht.«
»Ich brauche eine Zigarette«, jammerte Cater. »Rauchen Sie?« Siobhan schüttelte den Kopf, und er sah sich suchend um. Ein weiterer Gast war hereingekommen, hatte sich an den Nebentisch gesetzt und die Abendausgabe der Zeitung vor sich ausgebreitet. Cater entdeckte eine Schachtel Zigaretten neben der Zeitung. »Entschuldigung«, sagte er, »könnten Sie vielleicht eine Zigarette entbehren?«
»Nein, kann ich nicht«, antwortete der Mann. »Ich brauche jede einzelne selbst.« Er fuhr fort, die Zeitung zu lesen. Cater wandte sich an Siobhan.
»Reizende Kundschaft hier.«
Siobhan zuckte die Achseln. Sie hatte nicht vor, ihn darüber aufzuklären, dass sich nur wenige Meter entfernt, im Flur vor den Toiletten, ein Automat befand.
»Das Skelett«, erinnerte sie ihn.
»Was ist damit?« Er lehnte sich zurück und machte ein Gesicht, als wäre er lieber woanders.
»Sie haben es aus der Vitrine vor Professor Gates’ Büro geklaut.«
»Ja, und?«
»Ich würde gern wissen, wieso es unter dem Betonboden an der Fleshmarket Close gelandet ist.«
»Ich auch«, schnaubte er. »Vielleicht sollte ich die Geschichte Dad als Stoff für einen Fernsehfilm verkaufen.«
»Nachdem Sie das Skelett geklaut haben…«, soufflierte Siobhan.
Er schwenkte sein Glas, wodurch eine neue Schaumkrone auf dem Bier entstand. »So billig kommen Sie mir nicht davon! Glauben Sie etwa, ich packe schon nach einem Glas aus?«
»Wie Sie wollen…« Siobhan erhob sich.
»Trinken Sie doch wenigsten aus«, protestierte er.
»Nein, danke.«
Er neigte den Kopf erst nach rechts, dann nach links. »Okay, ich habe verstanden…« Er wies auf den Platz neben sich. »Setzen Sie sich, dann erzähle ich Ihnen alles.« Sie zögerte, dann zog sie den Stuhl unter dem Tisch hervor. Er schob ihr Glas zu ihr hinüber. »Mein Gott«, sagte er, »Sie können ganz schön kapriziös sein, wissen Sie das?«
»Ich bin überzeugt, das Gleiche gilt auch für Sie.« Sie hob ihr Glas. Bei seinem Eintreffen hatte Cater ihr ungefragt einen Gin Tonic bestellt, aber es war ihr gelungen, Harry mit einem Zeichen zu verstehen zu geben, dass er den Gin weglassen sollte. Sie trank Tonic pur – der Grund, weshalb die beiden Getränke so billig gewesen waren…
»Wenn ich Ihnen alles erzähle, gehen Sie dann mit mir einen Happen essen?« Sie funkelte ihn an. »Ich habe einen Riesenhunger.«
»In der Broughton Street gibt’s einen guten Imbiss.«
»Wohnen Sie da in der Nähe? Wir könnten uns Fish & Chips holen und mit zu Ihnen nehmen…«
Jetzt musste sie lächeln. »Sie geben wohl nie auf, was?«
»Nur wenn ich mir
absolut
sicher bin.«
»Worüber?«
»Dass ich bei der Frau nicht landen kann.« Er strahlte sie an. Der Mann am Nachbartisch blätterte mit vernehmlichem Räuspern seine Zeitung um.
»Warten wir’s ab«, meinte sie. »Und jetzt erzählen Sie mir alles über Mag Lennox’ Knochen…«
Er starrte nachdenklich an die Decke. »Die gute, alte Mag…« Er verstummte. »Dieses Gespräch ist doch vertraulich, oder?«
»Keine Sorge.«
»Also, Ihre Vermutung stimmt natürlich… wir haben uns Mag ›ausgeborgt‹. Wir hatten zu einer Party eingeladen und fanden es eine lustige Idee, Mag am Kopfende unserer Tafel zu platzieren. Der Einfall war uns bei der Party eines Tiermedizinstudenten gekommen. Er hatte einen ausgestopften Hund aus der Uni mitgenommen und ihn ins Badezimmer gestellt, sodass jeder, der aufs Klo ging…«
»Ich kann es mir lebhaft vorstellen.«
Er zuckte die Achseln. »So ähnlich haben wir’s mit Mag gemacht. Haben Sie vor dem Essen an den Tisch gesetzt. Ich glaube, ein paar haben später sogar mit ihr getanzt. Wir waren nämlich recht ausgelassen, wissen Sie. Eigentlich wollten wir Mag anschließend
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