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So still die Nacht

So still die Nacht

Titel: So still die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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erzählt, aber ich habe mir niemals etwas so Beeindruckendes vorgestellt.«
    Sie hatten es geschafft, zwei Tage lang freundschaftlich nebeneinanderher zu leben. Mina hatte an ihrer Entscheidung festgehalten, ihre Ehe aus dem Schlafzimmer herauszuhalten, und Mark hatte sie nicht bedrängt, obwohl das ständige erotische Knistern die Luft zwischen ihnen förmlich elektrisierte.
    »Es ist wirklich bemerkenswert, nicht wahr?« Er zog sie näher an sich und beschirmte sie gegen das Getümmel. »Sie haben vor kurzem Verbesserungen vorgenommen und sogar die Königliche Tribüne vergrößert, obwohl man das bei diesem lächerlichen Gedränge nicht sehen kann.«
    Mina erhaschte nur einzelne Blicke auf weiße Geländer und dahinter auf leuchtend grünen Rasen.
    »Es sind so viele Menschen hier, wie kann irgendjemand die Rennbahn oder die Pferde sehen?«
    Er grinste. »Die meisten Leute sind nicht hier, um das Rennen zu verfolgen.«
    Mehrere Herren riefen Mark Grüße zu. Gewiss bildete sie es sich nur ein, aber es schien, als breite sich ein Echo aus Geflüster und Getuschel um sie herum aus.
    Mark senkte den Kopf und flüsterte ihr zu, die Lippen dicht an ihrem Ohr: »Sie reden alle von dir, Liebste.«
    Mina berührte ihren Hut und fühlte sich wie ein verirrter Tintenklecks auf einer Fläche aus weißem Leinen. Überall um sie herum trugen Damen durchsichtige Kreationen aus Seide, Chiffon und Spitze in den leuchtenden Farben des Sommers. Mark hatte mit einem Preisaufschlag für die rechtzeitige Lieferung ihrer neuen Kleider und Hüte gesorgt, und sie hatte das Beste davon für heute ausgesucht. Sie freute sich über die wunderbare Passform ihres Mieders und den schmalen Schnitt der Ärmel, aber in puncto Schmuck zierte das Kleid nur eine Reihe von Gagatknöpfen entlang der Mitte und etwas plissierter Satin an den Manschetten und dem Saum.
    Sie nahm an, dass sie so gut aussah, wie es in der Trauerzeit möglich war. Das Beste von allem war das mit ihrem Namen und Rang – Viscountess Alexander – versehene Abzeichen, das sie als Gast der königlichen Loge auswies. Sie hatte nicht den Wunsch, stolz auf ihren Status zu sein, aber sie wusste, dass sie sich immer an diesen Tag erinnern würde. Vielleicht würde sie in vielen Jahren das Abzeichen aus einer speziellen Schachtel voller Schätze ziehen und das Erinnerungsstück einer Enkeltochter schenken.
    Der Gedanke entfachte einen kleinen Schmerz in ihrer Brust, denn Mark würde natürlich das Herzstück einer solchen Erinnerung sein. Mina konnte nicht umhin, heimlich innigen Stolz auf ihn zu empfinden. Er sah nicht nur umwerfend gut aus, sondern war auch intelligent und absolut imstande zu … nun … allem, soweit sie wusste. Sie ermahnte sich selbst zur Zurückhaltung, wohl wissend, dass solche Gefühle ihre Trauer nur verstärken würden, wenn sie sich unausweichlich voneinander trennten. Sie würde einfach diesen Tag genießen und die Erinnerung an ihn in ihrem Herzen bewahren, sobald er fort war.
    Stimmen erhoben sich überall um sie herum, und eine Woge der Aufregung erfasste die Menge. Fast alle drehten sich gleichzeitig zur Rennbahn um.
    »Das ist die königliche Prozession.« Mark führte sie bis zur Absperrung, wo sie nur genug Platz für eine Person fanden. Mit einer Hand in ihrem Rücken schob er sie vor sich. Er stand ganz dicht hinter ihr, seine Beine in ihre Röcke gedrückt. Sie widerstand der Versuchung, sich an ihn zu lehnen.
    Unter dem Applaus der Menge rollte ein offener Landauer vorbei, mit dem bärtigen und lächelnden Prinzen Albert Edward darin, und neben ihm saß die elegante, heitere Prinzessin Alexandra. Vier weitere Kutschen folgten, besetzt mit herausgeputzten Personen. Die Entourage folgte zu Fuß.
    Als die königliche Familie außer Sicht war, ließ das Gedränge etwas nach. Mark führte sie zur Mitte der Tribüne. Am Fuß einer schmalen Treppe glich ein Offizieller ihre Namen mit der Gästeliste ab und schickte sie mit einem höflichen Lächeln nach oben. Was sie dort sah, überwältigte Mina beinahe. Inmitten der bekannten Gesichter des Adels befanden sich auch Politiker, Künstler und Schauspielerinnen. Das Büfett war entlang der gesamten hinteren Wand aufgebaut, es gab geräucherten Lachs, Käse und Erdbeeren. Aus einem versilberten Springbrunnen, dekoriert mit glitzernden, geschliffenen Kristallen, strömte der Champagner. Ein vertrautes Gesicht erschien aus der Menge: Mrs Avermarle, die Frau aus dem Schreibwarenladen.
    »Lady Alexander.«

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