So still die Toten
das noch nie gemacht.«
»Kein einziges Mal.«
Malcolm trat neben sie und nahm eine Windel aus dem Fach unter dem Wickeltisch. Mit der schmutzigen Windel machte er kurzen Prozess und ersetzte sie durch eine frische.
»Ich bin beeindruckt, Detective.«
»Nichte und Neffe. Ab und zu passe ich auf sie auf.« Er übergab ihr das Baby.
Angies Kehle war wie zugeschnürt. »Sie werden mal ein toller Vater.«
Sie hatte in den letzten sieben Jahren nie viel darüber nachgedacht, dass sie keine Kinder bekommen konnte. Es war eben, wie es war. Doch nun stieg auf einmal Traurigkeit in ihr auf. Am liebsten hätte sie einfach losgeweint.
Der Besuch bei Vivian Sweet hing Angie immer noch nach, als sie an der Straßenecke im Parkverbot hielt. Sie wühlte in ihrer Handtasche und angelte ihre Geldbörse heraus, schloss das Auto ab und lief zu ihrem üblichen Zeitungsstand hinüber. Sie zählte ein paar Münzen ab und sah zu dem Zeitungsmann auf, einem Farbigen mit Strickmütze und einem blauen Schal, den er sich dreimal um den Hals gewickelt hatte.
»Eine Zeitung und eine Cola light«, sagte sie.
»Normalerweise sind Sie ja mein Zeitschriftenjunkie.« Er holte eine Cola aus dem kleinen Kühlschrank und stellte sie vor Angie hin.
»Was?«
»In der dritten Woche jedes Monats kommen Sie her und kaufen mir alle Zeitschriften ab. Sie nehmen nie eine Zeitung.«
Noch jemand, der sich ihre Gewohnheiten merkte. »Meine Zeitung ist heute Morgen nicht gekommen.«
»Sie müssen ein Nachrichtenjunkie sein.« Er griff nach einer Zeitung, faltete sie zusammen und legte sie neben die Cola.
»Bin ich so leicht zu durchschauen?« Sie hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, dass ihm ihre Einkaufsgewohnheiten auffallen könnten.
»Ich kenne die Angewohnheiten von fast allen meinen Stammkunden.«
Sie fragte sich, wer sonst noch ihre Gewohnheiten kannte. Vielleicht wurde es langsam Zeit, ein paar Dinge zu verändern. »Was schulde ich Ihnen?«
»Fünf Dollar.« Sie legte das Geld in seine Hand und griff nach Cola und Zeitung. »Ich muss zurück zum Auto, sonst kriege ich wieder einen Strafzettel.«
»Dann mal los.«
Sie lächelte und hatte es auf einmal eilig, zu ihrem Auto zurückzukehren. Als sie sich umdrehte, stieß sie mit einem Mann zusammen, der sich eher wie eine Mauer anfühlte als wie ein Mensch aus Fleisch und Blut. Sie blickte auf, um sich hastig zu entschuldigen, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken. »Ich kenne Sie.«
»Aus der Gruppe.« Er trug einen dunklen Rollkragenpullover, einen Blazer und Jeans. Es war ein legeres Outfit, doch seine Ausstrahlung hatte eher etwas Militärisches.
Noch nie zuvor war sie jemandem aus der Gruppe über den Weg gelaufen, und der Zusammenprall der beiden Welten brachte sie ein wenig aus der Fassung. »Hey.«
»Angie, richtig?« Er streckte ihr die Hand entgegen, und sie ergriff sie zögernd.
»Stimmt.« Kräftige, warme Finger legten sich um ihre Hand, und sie spürte so etwas wie einen Stromstoß. Sofort zog sie die Hand zurück. »Schön, Sie zu sehen.«
Er warf einen Blick auf ihre Zeitung. »Haben Sie von dieser Frau gehört, die man gefunden hat?«
»Es steht in der Zeitung?«
»Kam heute Morgen im Radio. Merkwürdig, was? Wieder ein Mädchen, von dem nur noch Knochen übrig sind.«
Innerlich war Angie alarmiert. »Wieso erzählen Sie mir das?«
Er zuckte die Achseln. »Einfach nur so. In den Nachrichten hieß es, dass Sie ihre Anwältin waren.«
Angie atmete heftig aus. »Ich muss gehen.«
Er folgte ihr. »Arbeiten Sie hier in der Gegend?«
Sie blieb stehen und starrte ihn an. »Wer sind Sie?«
»Ich bin Robert. Aus der Gruppe.«
Angie schüttelte den Kopf und musterte sein Gesicht. »Was wollen Sie wirklich?«
»Wie wär’s mit einem Kaffee?«
»Tut mir leid, keine Zeit.«
Ganz sicher hatte sie keine Lust, länger als nötig mit ihm zu reden. Sie wollte einfach nur weiter. Es gab eigentlich keinen Grund, diesen Mann nicht zu mögen, trotzdem mochte sie ihn nicht.
»Vielleicht sehen wir uns ja mal. Wenn wir schon in derselben Gegend arbeiten.«
»Ja. Klar.« Sie blickte an ihm vorbei zu ihrem Auto. Gerade fuhr ein Polizeiwagen vorüber. »Ich muss los.«
Robert wirkte enttäuscht. »Okay.«
Angie sah sich nicht um, als sie zu ihrem Wagen lief, doch sie spürte, dass er ihr hinterherstarrte.
Dr. Dixon hatte es eilig. Nach dem Besuch seines Partners war rasches Handeln vonnöten, wenn er Angie retten wollte. In dem dunklen Parkhaus duckte er sich in den
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