So still die Toten
wegen versuchten Mordes verhaftet hatte. Der Detective hatte ihn stundenlang wegen Lulu und der verschwundenen Prostituierten verhört und geschworen, seine Verbindung zu all den Frauen nachzuweisen. Doch Dixon hatte den Mund gehalten, wissend, dass Schweigen genau wie beim ersten Mal das Beste war.
Und jetzt zum dritten Mal. Inzwischen fürchtete er sich vor diesem Partner, den er in sein Leben gelassen hatte. Hoffentlich genügte sein Schweigen, um seine Haut noch ein Mal zu retten.
Während der Fahrt zu Vivian Sweet war Angie bedrückt und innerlich aufgewühlt.
Malcolm hielt vor dem kleinen Haus und wartete, bis sie ebenfalls geparkt hatte und ausgestiegen war. Er folgte ihr zur Eingangstür, und sie klingelte.
Sekunden später öffnete Vivian. Als sie Malcolm und Angie sah, schien sie schlagartig um Jahre zu altern. »Letzte Nacht habe ich von ihr geträumt. Ich habe geträumt, dass sie tot ist.«
Malcolm holte Luft.
Doch es war Angie, die das Wort ergriff. »Man hat ihre Leiche heute Morgen identifiziert.«
»Heute Morgen identifiziert. Das heißt, man konnte sie gar nicht mehr erkennen?« Vivians Knie knickten ein, und Angie trat rasch vor, um sie zu stützen. Sie führte die alte Frau hinein und ließ sie auf dem Sofa Platz nehmen.
»Es tut mir so leid, Mrs Sweet.«
»Wie ist sie gestorben?«
»Das steht noch nicht endgültig fest«, antwortete Malcolm. In seiner Stimme lag eine Sanftheit, die Angie nie zuvor an ihm wahrgenommen hatte.
Die Stille im Haus irritierte Angie. »Wo ist das Baby? Wo ist David?«
»In seinem Bett und schläft. Er war heute Morgen knatschig. Er spürt wohl, dass seine Mama tot ist.«
»Haben Sie jemanden, der bei Ihnen bleiben kann?«, fragte Angie. »Jemanden, der Ihnen mit dem Baby helfen kann?«
»Eine Nachbarin wollte vorbeikommen. Sie müsste jeden Moment hier sein.«
»Gut. Sie sollten jetzt nicht allein sein.« Vivian brauchte jemanden, der sich um sie kümmerte. Genau wie das Baby. Vivian war so gebrechlich und schwach, dass sie jetzt nicht die Kraft hatte, für David zu sorgen.
»Ich kann bei der Fürsorge anrufen«, bot Malcolm an.
»Das ist nicht nötig«, sagte Angie. »Heute kann die Nachbarin auf ihn aufpassen.«
Malcolm verlagerte sein Gewicht, als müsste er seinen Frust mühsam zurückhalten. »Gut. Aber was ist mit morgen?«
Vivian sah zu Angie hoch, ihre Augen waren gerötet und voller Tränen. »Er hat recht. Ich schaffe es einfach nicht, mich um David zu kümmern. Solange ich gehofft habe, dass Lulu zurückkommt, ging es irgendwie. Aber jetzt weiß ich einfach nicht mehr, was ich machen soll.«
Bei der Vorstellung, den Jungen in fremde Hände oder in die Obhut der Fürsorge zu geben, wurde Angie ganz elend zumute. »Ich helfe Ihnen, eine Lösung zu finden. Ich verspreche es.«
»Hat sie gelitten?«, fragte Vivian. »Hat mein Kind gelitten?«
Angie wollte nicht lügen, doch die Wahrheit war alles andere als beruhigend. Der Mörder hatte das Fleisch gewiss nicht ohne Grund von den Knochen entfernt. »Sie hat jetzt ihren Frieden.«
Vivian schlug die Hände vors Gesicht und weinte. Einige endlose, schreckliche Minuten lang stand Malcolm neben den beiden Frauen, während Angie Vivian den Rücken tätschelte. Dann läutete es an der Tür, und das Baby fing an zu schreien.
»Ich mache die Tür auf«, sagte Malcolm.
Angie nickte und erhob sich, um nach David zu sehen. Als sie zu ihm kam, stand er in seinem Bettchen und hielt sich am Gitter fest. Er hatte einen Schnuller im Mund, und in seinen Augen standen Tränen. Bei Angies Anblick lächelte er. Sie erwiderte das Lächeln und hob ihn hoch. Am Gewicht seiner Windel merkte sie, dass er gewickelt werden musste. Sie hatte nie zuvor eine Windel gewechselt, aber wie schwer konnte das schon sein? Sie trug ihn zum Wickeltisch.
»Hey, Kleiner«, sagte sie.
Er streckte die Hände nach ihr aus und grapschte nach ihrem Mund.
Sie lachte, schob seine Finger weg und küsste ihn in die Handfläche. »Vom Wickeln habe ich keine Ahnung, aber ich kriege das schon irgendwie hin.«
Der Kleine strampelte und zappelte, während sie ihm die Hose auszog. Sie betrachtete die Windel, unsicher, was zuerst zu tun war. Sie lächelte David an, doch der strampelte nur noch stärker.
»Die Nachbarin ist gekommen«, sagte Malcolm. Er stand in der Tür.
»Prima.«
»Wickeln Sie ihn?« Die Verblüffung in seiner Stimme war unverkennbar.
Angie blies sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Das habe ich vor.«
»Und Sie haben
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