So still die Toten
»Ich brauche Milch dazu. Das Zeug ist zu stark für mich.«
Sie trank einen Schluck und wusste, dass sie die halbe Nacht nicht würde schlafen können. »Na ja, ich bin eben mehr der herbe Typ.«
Kier lachte und holte eine Flasche Biomilch aus dem Kühlschrank. »Auch nicht so schrecklich herb.«
»Was ist mit Darius und dem Museum? Was wollte er mit dem Talbot?«
»Ich weiß es nicht sicher, aber das Museum hat so viele Kisten ins Land schaffen lassen, außerdem hatte es einen ausgezeichneten Ruf. Denkbar, dass Darius das irgendwie ausgenutzt hat. Vielleicht ist Dixon ihm sogar auf die Schliche gekommen.«
Angie legte die Hände um die warme Tasse und fragte sich, ob Kier ihr eben ein Kompliment gemacht hatte. »Und was ist Ihre Hypothese bezüglich Dixon, Darius und Fay?«
»Eine der ältesten Geschichten der Welt. Sie fängt etwas mit Dixon an, einem jüngeren Mann, um ihren älteren, reichen Liebhaber eifersüchtig zu machen. Ich vermute, Darius hat sie getötet. Er war wohl nicht der Typ, der gerne teilte. Dixon kam dahinter und erhielt Schweigegeld.«
»Dann war Dixon an der Beseitigung ihrer Leiche beteiligt.«
Kier nickte. »Wahrscheinlich.«
Angie fuhr mit dem Finger den Tassenrand entlang. »Aber für die Zeitpunkte von Sierras und Lulus Verschwinden hat er Alibis.«
»Was meine Vermutung stützt, dass er einen Partner hat.«
»Dann laufen zwei von denen herum.«
Kier musterte Angie über den Rand seiner Tasse hinweg. »Umso mehr Grund für Sie, sehr, sehr vorsichtig zu sein.«
»Vielleicht kenne ich diesen Partner nicht einmal.«
»Vielleicht doch.«
Angie umklammerte die Tasse und bemühte sich, das aufsteigende Frösteln zu unterdrücken. »Na toll.«
Kier sah sie forschend an. »Ich habe eine Pizza im Ofen. Haben Sie Hunger?«
Sie stellte die Tasse ab. »Ich platze hier herein, trinke Ihren Kaffee und jammere herum. Sie müssen mir nichts zu essen anbieten.«
»Ich möchte aber.«
»Warum?«
»Sie sehen aus, als könnten Sie etwas zwischen die Zähne gebrauchen.«
Angie lachte. »Ich weiß nicht recht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist.«
Kier öffnete die Ofentür und zog eine Pizza heraus, die wunderbar appetitlich aussah. »Meine Eltern haben ein Restaurant. Früher habe ich dort mitgeholfen und serviert. Es liegt mir im Blut.«
»Ist das eine Fertigpizza?«
»Nein. Meine Mutter würde in Tränen ausbrechen, wenn ich Fertiggerichte äße. Sie macht die Pizzen und schickt sie mir, und ich friere sie ein.«
»Wie nett.« Bei dem Duft nach Tomaten und Basilikum lief Angie das Wasser im Mund zusammen.
»Meine Mutter verwöhnt mich. Und ich bin dankbar dafür.«
»Ihre Familie lebt in Richmond?«
»Ja.«
»Sie scheinen einander nahezustehen. Wieso sind Sie hier heraufgezogen?«
»In Alexandria wurde eine Stelle frei, und ich wollte zum Morddezernat.« Er zerteilte die Pizza mit dem Küchenmesser.
»Besuchen Sie sie oft?«
»Nicht so oft, wie ich möchte.«
Er legte die Pizzastücke auf zwei Teller und trug sie zum Tisch. »Schieben Sie die Papiere einfach zur Seite.«
Angie setzte sich und schuf Platz auf dem Tisch für sie beide. Malcolm holte noch einen kleinen Stapel Papierservietten. Sich so mit ihm zum Essen hinzusetzen, fühlte sich seltsam entspannt an.
Als Angie ein Pizzastück zum Mund führte, knurrte ihr der Magen. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie hungrig sie war. Sie biss hinein und genoss den Geschmack von Käse, Tomaten und Basilikum. »Das schmeckt herrlich.«
Malcolm nickte zufrieden. »Ich werde es Mom ausrichten.«
Angie tupfte sich die Mundwinkel mit einer Serviette ab. »Fragen Sie sie, ob sie vielleicht einen Versandhandel aufziehen möchte. Ich wäre ihre erste Kundin.«
Malcolm lachte. »Ich sag’s ihr.« Sorgfältig wischte er sich die Hände an einer Serviette ab. »Haben Sie Donovans Artikel in der heutigen Zeitung gelesen?«
»Ich gebe mir alle Mühe, das Zeug nicht zu lesen. Im Gericht ist Ihnen ja sicher aufgefallen, dass wir nicht gut aufeinander zu sprechen sind.«
Malcolm zerknüllte die Serviette. »In seinen Artikeln diese Woche hat er sich auf Sie eingeschossen.«
»Ich weiß. Er ist immer noch sauer, weil ich ihn letztes Jahr verklagt habe und einen Teil seiner Veröffentlichung verhindern konnte.«
»Davon habe ich gehört.«
»Er will es mir einfach heimzahlen.«
»Und das kümmert Sie nicht?«
»Ehrlich gesagt, freut es mich ein bisschen, ihn verärgert zu haben.«
Malcolm senkte den Blick. »Sie empfinden
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