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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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rothaarige Polizistin Dienst gehabt, die gerade mit einem der Mädchen sprach und Lulu sah, als diese vor einer Bar stehen blieb.
    »Alles in Ordnung?«
    Beim Klang ihrer klaren Stimme war Lulu zusammengezuckt. Ihr Instinkt sagte ihr, dass die Unbekannte ein Cop war, also hatte sie die Hand auf die Brust gepresst, um das Blut zu verbergen, das aus der Wunde unter ihrem T-Shirt sickerte. Sie wollte nicht noch mehr Ärger. »Ja. Alles bestens.«
    »Sie sehen nicht so aus, als ob alles bestens wäre.« In den Worten lag echte Freundlichkeit, und Lulus Abwehrhaltung weichte auf.
    Lulu hatte geweint. »Ein Freier hat mich ein bisschen hart angefasst.«
    Die Polizistin hatte ihr Handy gezückt. »Sie bluten sehr stark.«
    »Das heilt schon wieder.«
    »Aber nicht von allein.« Sie rief einen Krankenwagen.
    Lulu war schwindlig geworden. Sie wäre gestürzt, hätte die Polizistin sie nicht sanft am Ellbogen gefasst und zum Bordstein geführt. »Ich bin Officer Julian.« Tränen standen in Lulus Augen.
    »Wer hat Ihnen das angetan?«, fragte die Polizistin.
    Lulu spürte, wie die anderen Mädchen an der Ecke sie beobachteten, gleich Wölfen, bereit, das schwächste Rudelmitglied in Stücke zu reißen. »Er ist ein Stammkunde. Sein Name ist Dixon.«
    Officer Julian ging neben ihr in die Hocke. Sie strahlte eine Kraft aus, in deren Nähe Lulu sich sicher fühlte. »Er hat Sie geschnitten.«
    Zum ersten Mal sah sie der Frau in die Augen. Zu ihrer Überraschung lag keine Verurteilung darin. Kein Ekel. »Ich glaube, er hat über die verschwundenen Mädchen gesprochen. Ich glaube, er hat sie umgebracht.«
    Und von da an hatte ihr Leben sich verändert. Sie war ins Krankenhaus gekommen, man hatte ihre Wunden genäht, und die Cops hatten ihr alle möglichen Fragen gestellt. Bei einer Gegenüberstellung hatte sie Dixon identifiziert und war rasch zur Hauptzeugin in einem Mordprozess geworden.
    Lulu schloss die Augen. Sie wollte nicht an diesen Teil ihres Lebens zurückdenken. »Tony! Wo bist du?«
    Das Scharren von Füßen war zu hören, als würde er sich von dem Klappstuhl hochstemmen, den er immer mit sich herumtrug. Tony war ein dicker Mann und stand nicht gern lange auf seinen Beinen. »Ich bin hier, Baby.«
    Wegen der Kälte lief ihre Nase, und sie wischte sie mit dem Handrücken trocken. »Ich brauche eine Kleinigkeit. Nicht viel. Nur eine Kleinigkeit.«
    »Baby, ich hab so viele Kleinigkeiten, wie du willst.« Er trat in den schwachen Lichtkreis, und sein schwarzes Gesicht verschmolz mit der Dunkelheit. Er grinste, und das Gold und die Diamanten in seinen Schneidezähnen reflektierten das Licht. »Was genau willst du denn?«
    »Nichts Starkes. Nur ein bisschen was zum Durchhalten.«
    Er lachte leise. »Dachte, du wolltest nichts mehr von mir haben.«
    Wie konnte es sein, dass sie damals so sicher war und jetzt so unsicher? »Na ja, wir reden alle manchmal Blödsinn.«
    »Klar, Baby.«
    »Ich will nur ein bisschen was.« Sie spielte ein gefährliches Spiel. Er würde ihr eine Kostprobe geben, in dem Wissen, dass sie nach mehr verlangen würde. Und wenn sie darum bettelte, würde er anfangen, Forderungen zu stellen. Aber sie würde nicht mehr Stoff wollen.
    Auf keinen Fall!
    Er ließ seine große, dunkle Hand in seine Tasche gleiten und zog eine Tüte voller kleiner Papierpäckchen heraus. »Ich kann dir ein paar Hits geben.«
    Sie blickte sich in der Gasse um und hatte zum ersten Mal Angst, dass jemand sie sehen könnte. »Einer reicht.« Aus der Hosentasche zog sie einen Zwanziger und gab ihn ihm.
    Er nahm das Geld und händigte ihr dann unbekümmert ein Päckchen Koks aus. »Ich hab ein kleines Extra untergemischt.«
    Lulu starrte auf das Päckchen in ihrer Hand, voller Widerwillen und gleichzeitig voller Verlangen.
    »Ich bin noch ein paar Stunden hier, falls du mich noch mal brauchst, Baby.«
    Ihre Finger schlossen sich um das kleine Bündel Glück. »Ich komme nicht noch mal.«
    Tony lachte laut. »Ja, klar.« Die braunen Augen glitzerten und funkelten, als er sie anstarrte. Der Jäger betrachtete seine Beute.
    Unfähig, seinen Blick noch länger zu ertragen, drehte sie sich um und ging auf den Rand des Lichtkreises zu. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, und langsam lockerten sich ihre Finger.
    Nur ein bisschen.
    Ich komme nicht noch mal.
    Mit zitternder Hand öffnete sie das Päckchen und sah das kleine Häufchen weißen Pulvers. Nur eine Nase voll. Sie wusste, wie gut sie sich fühlen würde.
    Nur eine Nase voll.
    Nur

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