So unerreichbar nah
schlanken Beinen,
einer Wespentaille sowie dieser sensationellen Oberweite ausgestattet wäre,
würde von ihren neidischen Geschlechtsgenossinnen auf der Stelle gelyncht
werden…
Aber Johanna
war entschieden zu jung, um sich für Diskussionen über das angeblich
sexistische Frauenbild und die Oberflächlichkeit, die Barbiepuppen laut den
Feministinnen vermitteln, zu interessieren. Stolz führte sie mir ihre Rockstar-Barbie
vor und verlieh ihrer Hoffnung, ihre Barbie-Sammlung erweitern zu können,
Ausdruck.
»Ich hätte
sooo gerne die Lady-Gaga-Barbie. Mama will sie mir nicht kaufen, sie meint, die
sei hässlich und albern und ich hätte schon genug Barbies. Aber« sie warf ihrem
Onkel, der uns, wie ich erst jetzt bemerkte, aus dem Indianerzelt heraus
beobachtete, einen Blick zu, der einen Gletscher zum Schmelzen hätte bringen
können, »vielleicht kriege ich ja Onkel Lucas rum. Ich habe nämlich bald
Geburtstag.«
Lucas sah
mich mit einem schelmischen Lächeln, bei dem mein Herz wieder unmotiviert zu
flattern begann, an und schüttelte den Kopf, als er Johanna erklärte:
»Ich werde
nichts tun, was deine Mama nicht möchte. Sie ist meine große Schwester. Und
kleine Brüder müssen immer das tun, was ihnen die großen Schwestern sagen.«
Johanna
seufzte drollig.
»Erklär das
doch bitte mal dem Tim. Der glaubt da nicht dran.«
Tim stürmte
gerade mit lautem Indianergeheul aus dem Zelt in Richtung Flur. Ich hörte Lisa
in der Küche mit Geschirr klappern und stand rasch auf, um Schlimmes zu
verhindern.
»Ich sehe mal
nach Lisa, ob sie mir jetzt Zucker borgen kann. Bin gleich wieder da«, erklärte
ich Johanna, die gnädig nickte. »Gleich heißt aber sofort«, rief sie mir
warnend hinterher.
Man hörte,
dass Lucas´ Schwester zuhause bei ihren Kindern ein strengeres Regiment führte
als ihr Bruder.
Ich schnappte
mir Tim, der mit einem hoch erhobenen Gummitomahawk auf die halboffene
Küchentür zu schlich, und schickte ihn rasch wieder zu seinem Onkel zurück.
»Du musst
Lucas helfen, da greifen gerade Cowboys euer Zelt an.«
Die Ablenkung
funktionierte, er stürmte wieder ins Wohnzimmer zurück und ich schlüpfte rasch
in die Küche. Lisa stand mit roten, erhitzten Wangen am Herd und rührte in
einem Topf.
Als ich die
Tür behutsam von innen schloss und mich dagegen lehnte, um unerwartete
Indianerüberfälle zu vereiteln, wandte sie sich mit alarmiertem Gesicht zu mir
um. Bei meinem Anblick entspannte sie sich sichtlich.
»Oh Tessa,
gottseidank bist du das und nicht eins von den Kindern. Hast du gesehen, wie
sie meine Wohnung zugerichtet haben? Und das innerhalb weniger Stunden! Hier
sieht es aus, als seien mehrere Bomben explodiert. Lucas ist mir keinerlei
Hilfe. Im Gegenteil. Ich habe das Gefühl, drei Kinder beaufsichtigen zu müssen!
Ich dachte, sie würden zusammen ein paar Kinderfilme angucken, während ich was
zu essen koche. Stattdessen geht es hier zu wie im Irrenhaus!«
Ich lächelte
sie beschwichtigend an.
»So schlimm
ist es doch gar nicht. Die zwei sind absolut niedlich und es ist ein gutes
Zeichen, wenn Kinder spielen, anstatt vor der Glotze oder einem Computer zu
hocken.«
Lisa fuhr
mich erbost an:
»Es ist ja
auch nicht deine Wohnung, die dabei versaut wird!«
Sofort setzte
sie eine reumütige Miene auf.
»Ich hab´s
nicht so gemeint, Tessa. Aber ich bin mit den Nerven echt am Ende. Seit gestern
Morgen kleben diese kleinen Monster ununterbrochen an Lucas und mir. Er hat
sich freiwillig als Wochenend-Babysitter angeboten, damit Bettina und Holger
Skifahren gehen können. Den Samstag haben wir noch ganz gut herumgekriegt. Wir
waren im Zoo und nachmittags beim Eis-Essen in der Stadt. Lucas hat ihnen
Spielzeug gekauft und wir haben in seiner Wohnung übernachtet. Und weil die
beiden unbedingt bei Lucas im Doppelbett schlafen wollten, hat er mich gebeten,
auf seiner Gästecouch zu nächtigen, stell dir das mal vor! Am liebsten wäre ich
noch in der Nacht hierher gefahren!« Sie verdrehte die Augen. »Heute beim
Frühstück hat mich Johanna gefragt, wie denn meine Wohnung aussehen würde. Und
Lucas hat die glorreiche Idee gehabt, hierher zu fahren und sie ihnen zu zeigen.
Die beiden Nervensägen wollten unbedingt bei McDonalds essen und Lucas war
drauf und dran, trotz des ausdrücklichen Verbots seiner Schwester nachzugeben.
Aber blöd wie ich bin, und weil ich vor ihm gut dastehen wollte, habe ich
gesagt, ich würde später Spagetti mit Tomatensoße und Salat machen. Dass die
drei es
Weitere Kostenlose Bücher