So unselig schön
einer Tasche, während Gina in den Riegel biss.
»Wir hoffen, dort den Tatort zu finden.« Alois schlüpfte in das Sakko.
»Das entbehrt jeder Logik. Fuhrmann lässt Nadine in der Innenstadt in sein Auto steigen, fährt mit ihr hinaus an den Ammersee, um bitte schön was mit ihr zu machen? Wie kommen die Blutspuren ins Bootshaus? Das ist die Frage. Es ist nicht der Tatort. Und dann fährt er mit ihr zurück in die Innenstadt, um sie im Keller einer Klinik zu ermorden?«
Gina schluckte den Bissen des Müsliriegels runter. »Er gabelt sie auf, ein Flirt entspinnt sich. Er erzählt vom Bootshaus. Ein romantischer Abend am See – davon träumen Frauen. Und dann läuft alles aus dem Ruder. Was stört dich an dem Szenario?«
»Dass es nicht zu einer geplanten Tat passt.«
»Du glaubst ihm tatsächlich?« Ginas Arme fielen herab, als wären sie zu schwer geworden, ihr Mund stand einen Augenblick offen. Dann schloss sie ihn, und die Lippen wurden zu einem schmalen Strich.
»Wir werden in beide Richtungen ermitteln. Und außerdem sollten wir Buthler nicht vergessen. Wie weit bist du mit ihm?«, fragte Dühnfort Alois.
»Eins nach dem anderen. Ich war bis jetzt in der Vernehmung.«
Aus Ginas Augen verschwand die Müdigkeit, ein zorniges Funkeln erschien. »Fuhrmann ist Schönheitschirurg. Der macht aus einem hässlichen Entlein den schönen Schwan und aus einer Vorstadtpflanze das nächste Topmodel. So jemand ist ein Narziss und lässt sich nicht von seiner holden Gattin am Nasenring durch die Arena führen. Der begnügt sich nicht damit, ihre Wäsche zu zerfetzen … und außerdem lässt du jede Menge Beweise außer Acht. Wir sollten all unsere Kräfte darauf verwenden, den endlich zu überführen.«
»Wir werden nicht einseitig ermitteln.« Es hörte sich kälter an als beabsichtigt.
Die Tür des Vernehmungsraums öffnete sich. Fuhrmann trat in Begleitung seines Anwalts und zweier Schutzpolizisten auf den Flur.
Gina atmete hörbar durch. »Okay, Boss. Ganz wie du meinst. Aber ich verschwende meine Zeit nicht damit, einem ominösen Unbekannten hinterherzujagen. Ich bleibe an ihm dran.« Ihr Blick wanderte über den Korridor Richtung Fuhrmann, dann wandte sie sich abrupt um und ging.
Alois zuckte mit den Schultern und folgte Gina.
Derart pampig hatte Dühnfort sie noch nie erlebt. In ihrem Verhalten der letzten Tage schwang ein neuer Ton mit. Am liebsten wäre er ihr gefolgt. Doch was sollte er sagen? Ich fühle mich ja auch zu dir hingezogen, will aber unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen und auch nicht unsere Zusammenarbeit? Was würde sie erwidern? Vermutlich würde sie grinsen und sagen: Warum kannst du das Grübeln nicht lassen, kannst nicht einmal spontan sein? Du stehst dir wieder mal selbst im Weg.
Im Vergleich zu deinen Gefühlen für mich sind meine nur lauwarmer Kaffee, dachte er. Und nach acht Monaten ohne jeden Sex bin ich mir nicht sicher, wie viel davon den Hormonen geschuldet ist.
Die Gruppe um Fuhrmann näherte sich. Dühnfort gab das Grübeln auf und folgte einem Impuls. Er bat Fuhrmann um ein Gespräch. Kein Verhör, keine Befragung, einfach nur eine Unterhaltung unter vier Augen in seinem Büro. Den Widerspruch des Anwalts, sein Mandant solle sich jeder Aussage enthalten, beherzigte Fuhrmann nicht und folgte Dühnfort.
Die Luft im Büro war abgestanden. Während er das Fenster öffnete und in die Löwengrube hinunterblickte, fragte Dühnfort sich, ob er die Karten offen auf den Tisch legen sollte. Er entschied sich dafür.
Er wandte sich um. »Ich glaube Ihnen. Jemand hat Spuren gelegt, die Sie belasten sollen.«
Die Entspannung, die sich in Fuhrmanns Gesicht abzeichnete, war unübersehbar. Ein erleichtertes Aufatmen folgte, während er sich setzte und sich mit beiden Händen über das Gesicht fuhr. »Gott sei Dank! Ich dachte schon, ich sei in einen Roman von Kafka geraten.«
Dühnfort fragte Fuhrmann, ob es wirklich niemanden gebe, dem er ein derart übles Spiel zutraue.
Natürlich hatte er nicht nur Freunde, selbstverständlich gab es Unstimmigkeiten, Meinungsverschiedenheiten und gelegentlich sogar Streit, aber all das hatte sich bisher in einem zivilisierten Rahmen abgespielt.
»Ihr Alibi für den Zeitpunkt der ersten Tat wird von Ihrem Freund Jobst Wernegg …«
»Das ist kein Gefälligkeitsalibi …«
»Ich frage mich, weshalb Sie sich so genau erinnern, wann Sie die Galerie verlassen haben. Sie hatten keinen Folgetermin. Zu Hause hat niemand auf Sie gewartet. Es war
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