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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Samstagabend, Freizeit. Da sieht man nicht ständig auf die Uhr.«
    Fuhrmann massierte sich mit der linken Hand die Nasenwurzel. »So sicher war ich mir nicht. Deshalb habe ich ja Jobst angerufen. Er ist nach der Finissage ins Büro, weil er noch arbeiten musste und eine Mail beantworten wollte. Und erst anhand der Mail konnten wir rekonstruieren, wann wir bei Wiebke losgegangen sind.«
    So also war das Alibi zustande gekommen. Dühnfort griff nach seinem Handy, entschuldigte sich für einen Augenblick bei Fuhrmann und trat auf den Flur. Meo war nicht mehr im Haus. Dühnfort wählte die Handynummer. Nach dem ersten Klingeln meldete Meo sich mit gedämpfter Stimme. Im Hintergrund waren Stimmen zu hören, dann Musik und Schüsse. »Störe ich dich beim Fernsehen?«
    »Nein«, flüsterte Meo. »Ich bin im Kino. Brennt’s?«
    »Ja.«
    »Ich rufe dich in einer Minute zurück.« Meo legte auf. Dühnfort wartete, bis das Handy in seiner Hand zu vibrieren begann, und fragte Meo, ob es möglich sei, eine E-Mail von einem Rechner zu verschicken, diese aber in einem anderen Computer als gesendet zu speichern.
    »Klar.« Meos Stimme hallte nun nach, als stünde er in einem leeren Konzertsaal. »Das funktioniert über Webmail. Hängt vom Mailserver ab, wie der konfiguriert ist. Die meisten sind so eingerichtet, dass alle verschickten Mails an einer zentralen Stelle gespeichert werden, egal von welchem Rechner sie verschickt werden. Macht ja auch Sinn für alle, die Laptop und PC benutzen. Das war’s?«
    »Ja.« Dühnfort kehrte in sein Büro zurück. Vielleicht war Wernegg um 20 . 37 Uhr gar nicht in der Maximiliansstraße gewesen, sondern hatte die Mail von seinem Laptop aus verschickt. Doch von wo? Von seinem Jaguar aus? Er war aber nachweislich mit dem Volvo unterwegs gewesen. Dafür gab es einen Zeugen und außerdem einen Strafzettel.
    Der Stuhl quietschte auf dem grauen Linoleumboden, als Dühnfort sich wieder hinter den Schreibtisch setzte, um Fuhrmann nach seiner Freundschaft zu Wernegg zu befragen. Deren Wurzeln lagen in der gemeinsamen Internatszeit.
    Er erfuhr, dass Fuhrmann Wernegg zunächst nicht gemocht habe, da er ein Außenseiter gewesen sei, einer von denen, die ständig einstecken mussten. »Wie Jungs in diesem Alter so sind. Ziemlich gnadenlos«, sagte Fuhrmann. »Dann hat meine Mutter ihn während der Osterferien zu uns eingeladen, weil seine Eltern in Afrika unterwegs waren. Er hätte sonst alleine im Internat bleiben müssen. Die Aussicht, mein Zimmer zwei Wochen mit Jobst teilen zu müssen, fand ich nicht gerade umwerfend. Doch dann haben wir uns angefreundet, und in den folgenden Jahren hat er häufig die Ferien bei uns verbracht.«
    »Wie stand Jobst dazu? War er unglücklich, dass er seine Mutter so selten sah?«
    Fuhrmann schüttelte den Kopf und erklärte, Jobst habe dafür Verständnis gehabt. Es komme nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität der gemeinsam verbrachten Zeit an, habe er gesagt. Im Übrigen lastete er die Situation seinem Stiefvater an, der darauf bestanden hatte, den Jungen in ein Internat zu stecken.
    »Ihre Freundschaft ist also über die Jahre gewachsen.«
    »Das kann man so sagen. Mir hat seine Unabhängigkeit imponiert. Jobst legte keinen Wert darauf, was andere von ihm dachten, er war ein Freigeist mit vielfältigen Interessen. Man könnte auch sagen, er wurde schneller erwachsen als wir anderen. Das hat mich beeindruckt, und er wurde zum Vorbild für mich. Er las Diderot, Balzac, Camus, die ganze französische Literatur, als wir anderen noch mit dem Herrn der Ringe beschäftigt waren.«
    »Baudelaire auch?«
    »Ich denke schon.«
    »Hatte er ein besonderes Interesse an dessen Gedichten?«
    Fuhrmann zog die Brauen hoch. »Nicht dass ich wüsste. Jobst ist mein bester Freund. Für ihn lege ich die Hand ins Feuer.«
    Mit einer Hand massierte Dühnfort sich die verspannte Nackenmuskulatur. »Wenn Sie ihn ausschließen, wer kann sich dann derart an Ihnen rächen wollen? Mit wem hatten Sie, sagen wir im letzten Jahr, ernsthafte Probleme?«
    Fuhrmanns Schultern verspannten sich. »Das habe ich doch schon mehrfach gesagt. Eigentlich nur mit meiner Frau. Aber das ist absolut unmöglich, weder sie noch ihr Liebhaber würden mir Derartiges antun.«
    »Eigentlich. Mit wem also noch? Es muss jemanden geben. Denken Sie nach.«
    Mit dem Zeigefinger strich Fuhrmann sich über die Nasenwurzel. »Es gab im letzten Jahr mit Serge Buthler eine Auseinandersetzung. Ich hatte ein Stillleben

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