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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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gesehen.«
    ***
    Zehn Minuten später erreichte Dühnfort die Ludwigstraße und fuhr Richtung Siegestor. Dabei passierte er den Zugang zum Hofgarten und einen Coffeeshop. Hinter dem Schumann’s bog er in die Galeriestraße ein. Linker Hand befand sich die Zufahrt zum Parkplatz des Ministeriums, wo Dühnfort mit dem Zeugen verabredet war. Vor der Schranke stand ein schlanker Mann im dunkelgrauen Anzug und gab ihm ein Zeichen. Dühnfort hielt am Rande des Grünstreifens und stieg aus. »Herr Schack?«
    Schack reichte ihm die Hand. Er war etwa Mitte dreißig und hatte ein schmales Gesicht. Über seiner hohen Stirn wellte sich das braune Haar, das er auch an den Seiten etwas länger trug. Sein Blick aus grauen Augen war ebenso kühl wie sein Händedruck.
    »Dühnfort. Wir haben gerade telefoniert.« Er reichte dem Zeugen ein Foto von Nadine. »Ist das die Frau, die Sie am Samstagabend gesehen haben?«
    Der Beamte nahm das Bild und betrachtete es eingehend, bevor er es zurückgab. »Ganz sicher. Das ist sie. Ich war am Samstag in der Stadt einkaufen und habe hier geparkt.« Er wies auf den Platz, der sich hinter der Schranke erstreckte. »In der Innenstadt bekommt man ja keine Parkplätze, und wenn, dann lässt man ein Vermögen in den Parkuhren. Kurz nach acht war ich wieder hier. Als ich vom Parkplatz gefahren bin, musste ich stoppen und zwei oder drei Fahrzeuge vorbeilassen. Dabei ist sie mir aufgefallen.« Schack deutete auf die Galeriestraße. »Sie stand auf dem Gehweg auf der anderen Straßenseite und suchte etwas in ihrer Handtasche. Anscheinend fand sie es nicht, denn sie wirkte verärgert, als sie die Tasche zumachte.«
    »War sie alleine?«
    »Nein. Und das war komisch. Deswegen ist sie mir ja überhaupt aufgefallen. Sie stand ein, zwei Meter von einem Jaguar XK Coupé entfernt. Auf dem Fahrersitz saß jemand. In das Auto ist sie dann eingestiegen. Inzwischen war die Straße frei, und ich bin losgefahren.«
    »Weshalb haben Sie die Situation als komisch empfunden?«
    Schack breitete die Hände aus. »Na ja. Sie sah … wie soll man das sagen, ohne dass es abwertend klingt? Sie sah billig aus, irgendwie nach Vorstadt, und dann steigt sie in ein solches Fahrzeug.«
    »Konnten Sie den Fahrer erkennen?«
    »Nur eine vage Silhouette. Der Wagen hatte getönte Scheiben, glaube ich. Da bin ich mir nicht sicher. Vielleicht war es auch nur eine Spiegelung.«
    »Mann oder Frau?«
    Schack schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich habe nur auf sie geachtet, und es waren ja bloß ein paar Sekunden.«
    »Sie sind sicher, dass es ein Jaguar war?«
    Schack zögerte einen Moment. »Ich interessiere mich für Autos. Doch, es war ein Jaguar XK Coupé. Silberfarben und mit Münchner Kennzeichen.«
    »Wie haben Sie das denn erkennen können? Sie haben den Wagen doch nur von der Seite gesehen.«
    »Von schräg hinten«, korrigierte Schack. »Ein Teil des Nummernschilds war sichtbar. Da stand ein M. Mehr konnte ich leider nicht erkennen.«
    »Wie war die Frau gekleidet?«
    Einige Sekunden kniff Schack die Augen zusammen, als betrachte er ein inneres Bild, das er so schärfer stellen konnte. »Türkisgrüne Schuhe mit ziemlich hohen Absätzen, schwarze Leggings und dazu ein türkisfarbenes Oberteil, das sehr eng war. Ziemlich viel Modeschmuck, alles billig, und in den Haaren ein Haarband. Ich glaube, das war auch türkis. Tolle Haare übrigens.«
    Diese Beschreibung deckte sich mit der, die Nadines Nachbarin abgegeben hatte. Wie sie mit diesen Stöckelschuhen Rad fahren kann, ist mir schleierhaft, hatte Frau Schmell gesagt.
    Endlich hatten sie einen Ansatzpunkt. Ein silberner Jaguar XK Coupé. Viele konnte es davon in München nicht geben. »Wissen Sie noch, wie spät es war?«
    »Ich habe den Optiker in der Theatinerstraße um acht verlassen, als er gerade geschlossen hat. Länger als zehn Minuten habe ich sicher nicht hierher gebraucht. Zehn nach acht, höchstens Viertel nach.«
    »Sie haben ein bemerkenswertes Gedächtnis. Zeugen wie Sie hätte ich gerne häufiger.« Dühnfort verabschiedete sich, stieg in sein Auto und sah Schack nach, der über den Parkplatz ging und durch einen der rückwärtigen Eingänge das Ministerium betrat.
    Kurz nach acht war Nadine Pfaller also nicht am St.-Anna-Platz im Restaurant Gandl gewesen, sondern in der Nähe des Odeonsplatzes. Luftlinie befanden sich die beiden Orte etwa sechshundert Meter auseinander. Hatte Mr Right das Lokal mit Nadine gleich wieder verlassen, oder hatte er sie davor abgepasst?

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